Gestern habe ich mit meinem besten Freund telefoniert. Boris war auf dem Heimweg von der Arbeit.
“Und, alles klar?”, fragte ich ihn.
“Heute wieder!” antwortete Boris.
“Wieso, was war denn los?”
“Ach, Freitag hatte ich einen richtig beschissenen Tag. Nichts hat funktioniert, die Kunden waren ätzend und irgendwie ist mir jeder auf den Schlips getreten. Ich saß abends zu Hause und habe mich gefragt, ob das alles noch Sinn macht. Das ganze Wochenende ist mir dieser Tag nachgehangen. Ich hatte echt keinen Bock mehr. Heute morgen bin ich mit Bauchschmerzen zur Arbeit gefahren und dann, ja und dann war heute alles irgendwie wieder gut. Alle waren nett und es war ein guter Tag.”
Jeder hat schlechte Phasen
Ich kenne solche Tage nur zu gut. Jeder kennt Tage, an denen nichts so läuft, wie man sich das wünscht. Auch ohne Angststörung gibt es solche Phasen.
Solche Tage können einen verzweifeln lassen. Es gibt aber nicht nur Tage, die so gar nicht nach Plan verlaufen. Solche Phasen können länger andauern. Manchmal wochen- oder monatelang. Manchmal sogar über mehrere Jahre.
Auch Du hast bestimmt schon einmal Sylvester um 0:00 Uhr mit Freunden und Familien angestoßen und auf das vergangene Jahr zurückgeblickt und warst froh, dass das Jahr vorüber war, weil es kein gutes Jahr war. Auch das ist normal.
Es gibt Phasen im Leben eines Menschen, da will man nicht mehr. Da möchte man alles hinwerfen und fragt sich: Wozu das alles?
Wenn Du eine Angststörung hast und Dein Alltag zu großen Teilen von Angst und Panikattacken bestimmt wird, dann wirst Du diese Phase womöglich verfluchen. Ich habe das jedenfalls getan.
Aber auch nach Jahren gibt es Hoffnung.
Wer weiß, was die Flut bringt?
Kennst Du den Film “Cast away” (deutsch: Verschollen) mit Tom Hanks in der Hauptrolle?
In diesem Film strandet Chuck Noland alias Tom Hanks auf einer einsamen Insel. Mehr als vier Jahre ist er dort gefangen. Chuck ist so einsam, dass er einem Volleyball ein Gesicht malt und zu seinem besten Freund macht.
Er sah keine Chance mehr, von der Insel zu entkommen. Das Einzige, worüber er die Kontrolle hatte – so glaubte er – war den Zeitpunkt und die Art seines Todes zu bestimmen.
Chuck wollte sich erhängen, doch der zuvor geführte Test scheiterte. Nicht einmal darüber hatte er die Kontrolle und so lebte er weiter.
Eines Tages spülte die Flut ein altes Segel an den Strand, Chuck baute sich damit ein Floß, segelte aufs Meer hinaus und wurde von einem Schiff gerettet.
Wieder in der Zivilisation angekommen, musste er erkennen, dass seine Frau Kelly wieder verheiratet war und ein Kind mit einem anderen Mann hatte.
Die bewegendste Szene spielt sich gegen Ende des Films ab als Chuck mit seinem Freund über seine Gefühlslage spricht. Er spricht über das Gefühl, keinerlei Kontrolle gehabt zu haben. Er konnte sich nicht einmal umbringen.
“Und so lebte ich weiter und atmete weiter und dann brachte mir die Flut ein Segel und jetzt bin ich hier und rede mit dir. Und jetzt habe ich sie schon wieder verloren. Ich bin so traurig, dass ich Kelly nicht mehr habe und bin gleichzeitig so dankbar, dass sie mit mir auf der Insel war” (die Gedanken an sie brachten ihm Kraft).
Und ich weiß, was ich jetzt zu tun habe. Ich werde weiter atmen, weil morgen die Sonne wieder aufgeht und wer weiß, was die Flut bringt!”
Berechtigte Hoffnung
Das ist nur ein Film. Und doch ist es Realität, dass es Phasen im Leben eines Menschen gibt, in denen die Verzweiflung größer ist als die Hoffnung.
Und trotz allem müssen wir weitermachen, weiter atmen und auf eine Besserung hoffen.
Auch nach Jahren der Angst und Panikattacken ist das möglich. Ich habe es selbst erlebt und viele Menschen auf ihrem Weg aus der Angststörung begleiten dürfen.
Hoffnung allein genügt nicht
Auch wenn es Dir manchmal so vorkommt: Du sitzt nicht auf einer einsamen Insel fest. Du hast zwar auch nicht alles unter Kontrolle, aber besitzt viel mehr Macht über Dein Leben, als Du vielleicht glaubst.
Wir können äußere Umstände zwar nur selten verändern – wir haben jedoch einen großen Einfluss auf unser Leben und diesen Einfluss solltest Du nutzen.
Wir können verändern, was in unserem Einflussbereich liegt. Das ist die gute Nachricht.
Das ist alles nicht immer einfach und funktioniert nicht von heute auf morgen.
Wir müssen etwas für unser Glück tun. Und dafür brauchen wir Kraft und Vertrauen und zwar trotz Angstzuständen und Panikattacken.
Ich möchte Dir Mut machen. Ich bin davon überzeugt, dass jeder seine Angststörung loswerden kann, ganz egal, wie lange man schon damit zu kämpfen hat.
Vielleicht hast Du schon einmal von der Anti-Angst-Akademie gehört. Diese Plattform zeigt Dir, wie Du die notwendige Kraft bekommst, um wichtige Veränderungen voranzutreiben und wie Du lernst, wieder zu vertrauen:
- Vertrauen in Dich und Deine Fähigkeiten
- Vertrauen in Deine Mitmenschen und
- Vertrauen in das Leben
Das sind mitentscheidende Faktoren, um eine Angststörung zu überwinden und in ein glücklicheres Leben zu starten.
Weitere Infos zur Anti-Angst-Akademie bekommst Du hier.
Boris hatte Glück
Boris hatte einen schlechten Tag, der ihn das folgende Wochenende beschäftigte. Er hatte das Glück, dass der darauf folgende Montag wieder ein guter Tag war, der alle Zweifel beiseite wischte.
Wäre dieser Tag erneut ein schlechter Tag gewesen, hätte es passieren können, dass Boris eine dauerhaft negative Einstellung zu seiner Arbeit bekommen hätte und das Risiko wäre groß gewesen, dass diese Haltung ihn in seiner Einstellung bestätigt hätte.
Damit wäre er zumindest in Bezug auf seine Arbeit sehr unglücklich geworden. So etwas kann sehr schnell gehen.
Was Du daraus lernen kannst?
- Gib jedem Tag die Chance, eine Wende zum Besseren herbeiführen zu können.
- Gib nie die Hoffnung auf, dass es wieder gut werden kann.
- Öffne Dich für alle Chancen und Möglichkeiten, die es dort draußen gibt.
Denn morgen geht die Sonne wieder auf und wer weiß, was die Flut bringt!