Zwei von den drei Disziplinen hatte ich geschafft, was aber auch bedeutet, dass schon mehr als die Hälfte des Wettkampfs vorbei waren - bei mir ja noch mehr dank meiner Fleißarbeit auf dem Rad. Bloß dass hier das Sprichwort - Ohne Fleiß keinen Preiß - überhaupt nicht zum tragen kam.
Mit 24km mehr im Gepäck ging ich mit sehr gemischten Gefühlen auf die Laufstrecke. Wie sollte ich mich noch motivieren können. Die Zeit war relativ geworden und die Platzierung eh am Arsch. So trabte ich erst einmal aus der Wechselzone und schlurfte über ein schiefes Rasenstück vor zum einzigen Asphaltabschnitt auf der ganzen Runde, der knapp einen Kilometer gerade aus verlief.
Auf diesem Abschnitt lag Gegenverkehr und ich konnte in die Gesichter der jenigen Teilnehmern blicken, die ich unter normalen Umständen hinter mich gelassen hätte. So aber hatten diese so einen großen Vorsprung, dass ich da nie mehr ranlaufen können.
Ich blieb erst einmal bei meinem lockeren Tempo und lief mit immer noch starkem Gegenwind bis zum Waldrand vor. Dort machte sich meine Blase bemerkbar und ich musste in die Büsche. Kurz darauf kam Mario "Hölle" um die Ecke gebogen und ich dachte mir, da hängst du dich jetzt dran.
Mario war bei unseren letzten gemeinsamen Laufwettkämpfen immer einen Tick schneller gewesen und ich dachte mir wenn du diese Beine halten kannst, sollte das nicht zu deinem Schaden sein. Außerdem hatte ich einen Gesprächspartner, mit dem ich meine Aggressionen teilen konnte.
Ihr merkt schon, der Frust saß tief bei mir und wenn ich auf die Ergebnisliste schaue wird er noch viel tiefer. Aber soweit waren wir noch nicht. Vorher galt es noch die knapp 22km zu bewältigen und die hatten es ebenfalls in sich. Nicht des Höhenprofils wegen, sondern eher wegen der Bodenbeschaffenheit.
Die Runde verlief nämlich nahezu komplette auf sehr schiefen und schmalen Spurrillen, die die Autos auf den sonst breiten Wegen hinterlassen hatten. Natürlich hätte ich auch in der Mitte der Wege laufen können, aber da befand sich eine hohe Grasnarbe und somit eierte nicht nur ich, sondern auch die vor bzw. hinter mir laufenden Teilnehmer einmal auf der rechten Spur, um nach kurzer Zeit auf die linke Seite zu wechseln - sonst riskierte man einen Beckenschiefstand.
Das war aber noch nicht alles - denn was wäre so ein schiefer schmaler Weg ohne diese vielen kleinen fiesen spitzen Kieselsteine, die sich durch meine ach so dünne Laufsohle meiner natürlich megaleichten Wettkampfschläppchen bohrten - und das in regelmäßigen Abständen.
Mario hatte sich für einen leichten Trainingsschuh (Puma Eutopia) entschieden und hatte damit deutliche Vorteile mit seiner festeren Sohle gegenüber meinen Flitzern (Sauconys A Type), die zwar 100g leichter waren - sogar mit einer Wasserablaufzone, ach wie geil - deren Sohle aber nur wenige mm dick ist.
So schaute ich mit sehnsüchtigem Blick auf Marios Beine - ich wollte ja an ihm dran bleiben. Am liebsten hätte ich ihm seine Schuhe ausgezogen und mit meinen getauscht - ging aber nicht - er hat die größeren Füße. So musste ich die ständigen Stösse der Steine ertragen und Mario mein Gefluche und ich weiß nicht was mit der Zeit schwerer war.
Nachdem wir die das Waldstück bewältigt hatten, ging es auf den eingangs erwähnten Asphaltabschnitt. Nur dieses mal in umgekehrter Richtung mit Blick auf den Zielbereich, den ich sehnsüchtig erwartete. Hier standen viele Zuschauer, die uns mit ihrem Applaus nach vorne trieben.
Zum Glück waren die Runden identisch und so wusste ich jetzt ganz genau, was auf mich zukommen würde. Als wir wieder auf dem Asphaltabschnitt liefen, hatte ich das erste mal leichte Probleme mit dem Tempo von Mario und musste ein paar Meter abreißen lassen.
Doch als wir in den Wald hinein liefen, hatte ich mich wieder heran gekämpft und gemeinsam machten wir uns auf die zweite Runde. Vom Tempo her lagen wir mit 4:30min/km nicht gerade langsam und so überholten wir auch ständig vor uns liegende Teilnehmer.
Auf der Hälfte der Runde bekamen wir das zweite Bändchen über den Arm gestreift und es ging wieder zurück auf den Asphaltstreifen. Bevor wir jedoch den Abschnitt erreichten, trat ich in einer der letzten Kurven ausgangs des Waldstücks auf einen größeren Stein und kam dabei leicht ins Straucheln.
Dabei verkrampfte sich mein linker Oberschenkel im hinteren Bereich und mein Fluchen begann von neuem. Diese Verhärtung erlaubte mir nur noch einen kurzen Schritt und so musste ich Mario anfangs der dritten Runde endgültig ziehen lassen.
Immer auf Sichtweite versuchte ich zwar noch einmal an ihn heran zu laufen, aber auch er beschleunigte und so liefen wir jetzt jeder sein eigenes Rennen. Nach dem wir die ersten Kilometer im Wald hinter uns gelassen hatten öffneten sich sämtliche Himmelspforten und verwandelten die eh schon schwer zu laufende Strecke in einen wahren Sumpf.
Nach einigen Metern gab ich den Versuch auf, die Pfützen zu umlaufen und steuerte einfach mechanisch meinen Körper in Richtung Ziel. Der Oberschenkel beruhigte sich und wurde trotz der rutschigen Bedinungen nicht schlimmer. Mit dem dritten Bändchen lief es sich gleich besser und ich kam zum letzten Mal aus dem Waldstück auf den Asphalt.
Mein Tempo hatte sich bei 4:40min/km eingependelt und das reichte immer noch, um bis zum Schluss vor mir laufende einzufangen, den letzten kurz vorm Ziel, das ich mit einer Laufzeit von 1:40h für die 22km mit immer noch gemischten Gefühlen überquerte. Froh es geschafft zu haben und traurig, durch mein Missgeschick viel weiter hinten gelandet zu sein.
Im Ziel musste ich natürlich die vielen Fragen - wieso und warum und weshalb - beantworten, was die Sache nicht einfacher machte. Triathlon ist halt auch immer ein Stück Abenteuer und das ist vieleicht auch gut so - aber nur vieleicht, denn ein Blick auf die Ergebnisliste zeigte mir, dass ich unter normalen Umständen wenn ich 44min von meiner Zeit (5:34h) abziehe, auf dem 19. Platz Gesamt und 2. AK 45 gekommen wäre. So aber landete ich auf dem 133. Platz Gesamt und 32. AK 45.