Moor & Heide im DümmerWeserLand

Ich habe zu Hause gesessen und überlegt, wo ich denn die nächste Radtour machen könnte. Ich habe da so ein kleines „Archiv“ mit einigen Prospekten und Flyern verschiedener Radregionen. Das stöber ich gerne mal durch und finde dort eigentlich immer eine Inspiration. Und so war es auch diesmal. Mir fiel ein Heft des „DümmerWeserLand“ in die Hände. Eine Landschaft, die von Moor und Heidelandschaften geprägt ist. Das – und die Fotos im Heft – gefielen mir auf Anhieb und flugs saß ich vor dem PC und studierte die Gegend für eine schöne, knackige Runde. Und so ging es zwei Tage später auch schon los auf die Radtour.

Rund zwei Stunden vom Ruhrpott entfernt liegt diese überraschenderweise verdammt flache Landschaft. Unmittelbar hinter Osnabrück, dem bergigen Tecklenburger Land und den Dammer Bergen meint man nicht so eine platte Ebene wie in den Niederlanden vorzufinden. Dafür pfiff mir der Wind aus südöstlicher Richtung leicht ins Gesicht, nachdem ich am Dümmer See startete. Der See hat übrigens eine Besonderheit. Er wird von der Hunte durchflossen! Das heißt, die Hunte fließt im Südwesten ein und im Norden wieder hinaus! Mit einer Wassertiefe von nur rund 1,4 Metern ist er nicht gerade tief. Dafür ist er vor rund 12.000 Jahren entstanden, zur letzten Eiszeit. Heute ist er ein beliebtes Erholungsgebiet und es gibt einige Campingplätze dort. Ich verließ den See mit dem Fahrrad. Aber wie bereits erwähnt zunächst in Richtung Südost. Ich sollte erst am Abend, am Ende der Tour, dort ein Stückchen entlang fahren.

Moor & Heide im DümmerWeserLandWunderbarer Morgen.

Zunächst ging es an ein paar ruhigen Straßen aus Hüde, meinem Startpunkt, hinaus um weiter durch Lehmförde, Marl (Dümmer) und Brockum in die unendlichen Weiten an Feldern und Mooren entlassen zu werden. Auf den Straßen war kein Mensch unterwegs, vielleicht lag es auch daran, das Karfreitag war. In den kleinen Dörfern war es wie ausgestorben. Dafür gab es hier schon mal kurze Kopfsteinpflaster-Passagen wie beim Straßenrennen Paris-Roubaix! Außerdem entdeckte ich an einer Abbiegung einen interessanten Findling, einen sogenannten „Sühnestein“! Hier fanden im Mittelalter Gerichtsverhandlungen statt und die Verurteilten wurden genau hier an den Pranger gestellt! Sie mussten den Hohn und Spott und teilweise sogar Schläge der Dorfbevölkerung ertragen. So stand es auf einer kleinen Info-Tafel zu lesen. Ich hatte jedenfalls nichts getan, konnte hier nicht verurteilt werden und niemand konnte mich auf meinem Fahrrad aufhalten um mir einen drauf zu geben. Es war ja auch niemand da! Also ging es schnurstracks weiter.

Moor & Heide im DümmerWeserLandParis – Roubaix war gestern (l.), am Pranger stand man einst an dieser Stelle (r.)

Bald darauf gelangte ich zum Oppenweher Moor, einem Moor in der großen Diepholzer Moorniederung. Dieses Gebiet bietet vielen Tieren und Vögeln einen großartigen Lebensraum. Gerade als Brutgebiet für viele gefährdete Vogelarten ist diese Landschaft, die über Jahrtausende gewachsen ist, sehr bedeutend. Doch der Torfabbau in diesem Hochmoor hat deutlich Spuren hinterlassen. Das Gleichgewicht ist aus den Fugen geraten und man versucht mit viel Anstrengung dieses Gebiet zu renaturieren. Anscheinend mit Erfolg, denn die Natur beginnt sich zu erholen. Und so findet man hier auch Tiere wie die Kreuzotter oder den Moorfrosch. Im Herbst rasten hier tausende an Kranichen auf ihren Weg in den Süden.

Moor & Heide im DümmerWeserLandDas Oppenweher Moor, Heimat vieler Vögel und Tiere! Moor & Heide im DümmerWeserLandBeobachtungspunkt am Oppenweher Moor

Auf gravelartigen Pfaden erreichte ich am Rande des Moors einen kleinen Beobachtungspunkt. Da ich mich in der Natur sowieso meist sehr leise bewege, konnte ich hier viele Vögel zumindest hören, die sich irgendwo im Dickicht verbargen. Es war richtig schön dort und ich konnte die kleine Pause richtig genießen.

Und wo Moor ist, ist bekanntlich das Wasser nicht weit. Mein weiterer Weg am Rande dieses Naturschutzgebietes war deutlich mit Wasser getränkt. Nur wenige Zentimeter breite Stellen dieses Pfades waren befahrbar. Trotz Crossbikes. An einer Stelle musste ich sogar absteigen, über einen sehr schmalen Baumstamm balancieren und dabei mich auf das leicht einsinkende Rad abstützen. Wer mich da so gesehen hätte, der hätte wahrscheinlich lauthals angefangen mich auszulachen. Doch ich kam trockenen Fußes über diese kleine Moor-Passage! Und schon ging es weiter.

Moor & Heide im DümmerWeserLandMit dem Crosser durchs Moor!

Und kurz darauf war ich auch schon wieder auf sehr angenehmen, asphaltierten Feldwegen unterwegs. Im Zick-Zack-Kurs ging es mal mit, mal gegen den Wind, mitten durch zahlreiche Felder. Zwischendurch immer mal vereinzelt ein Gehöft, aber niemand war hier zu sehen. Dabei war das Wetter ja recht gut, aber nicht ein Wanderer oder Radfahrer kam mir entgegen. Ich hatte die ganze Landschaft für mich alleine.

Bei Wehe kam ich zu einer sehr schönen Bockwindmühle, die bereits um 1650 errichtet wurde! Sie hatte einige Besitzer in all der Zeit bevor sie im Jahre 1953 stillgelegt wurde. Der Heimatverein Wehe nahm sich ihrer an und sie wurde in vierjähriger Arbeit restauriert. Heute finden dort viele Veranstaltungen statt. Da wird im angrenzenden Backhaus gebacken, schon mal ein Volkstanzfest oder ein Theaterstück aufgeführt. Es sah mir sehr nett dort aus, obwohl auch hier an diesem Tag ganz und gar niemand zu sehen war.

Moor & Heide im DümmerWeserLandDie Bockwindmühle in Wehe.

Selbst als ich nun auf eine breite Landstraße fuhr, an der kein Radweg angrenzte, fuhren nur zwei Autos an mir vorbei bevor ich Nordel erreichte. Da habe ich mich schon gefragt, ob das die dortige Normalität wäre mit so wenig Verkehr. Doch ein paar traurige Kreuze am Straßenrand lehrten mich da eines besseren. So verkehrsarm konnte es hier wochentags wohl doch nicht sein.

Ich kam nach Essern und bog in Richtung Naturschutzgebiet Uchter Moor ab. Ebenfalls ein Hochmoor, welches erst seit 2007 unter Schutz steht. Das Moor war jahrhundertelang sehr wichtig für die Bevölkerung. In anstrengender Handarbeit wurde hier Torf abgestochen. Als Brennmaterial für die Bewohner der Umgebung. Im 20. Jahrhundert wurde der Abbau durch mehrere Firmen industriell vorangetrieben. Doch heute gibt es nur noch ein einziges Unternehmen, die Firma Wintershall AG, die das Torfwerk Gewerkschaft Uchte im Jahre 1931 gründete. An dem Werk mit seiner Feldbahn, die den Torf aus dem Moor abtransportiert, kam ich am Ende meines Besuches ebenfalls vorbei. Zuvor radelte ich durch die deutlich gekennzeichnete Natur. Der Abbau hat hier deutlichste Spuren hinterlassen. Tiefe Gräben wurden hinterlassen, nur langsam holt sich die Natur ihr Gebiet zurück.

Moor & Heide im DümmerWeserLandEindrücke aus dem Großen Uchter Moor

Ich kam zu einem weiteren Beobachtungsturm. Dort machte ich Rast  und genoss den friedlichen und sehr stillen Ausblick aus luftiger Höhe in die Weite des Moores. Von hier oben konnte ich mir einen sehr guten Überblick über die Ausbeutung der Natur machen. Krumme Schienen von der ehemaligen Moorbahn konnte ich auch erkennen. Seit 2006 werden mit der ehemaligen Bahn Touristen in das Gebiet gebracht und ihnen wird die Natur des Moores näher erläutert. Momentan fuhr sie aber nicht und es waren keine Touristen zu sehen.

Moor & Heide im DümmerWeserLandNetter Rastplatz… Moor & Heide im DümmerWeserLand…um sich mal eine krassen Überblick zu verschaffen!

Dazu wurde im Jahr 2000 eine Moorleiche während des Torfabbaus entdeckt. Zunächst wurde von einem Kriminalfall ausgegangen. Erst fünf Jahre später wurde der archäologisch wertvolle Fund erkannt und die Leichenreste eines etwa rund 16-jährigen Mädchens auf das Jahr 650 v. Chr. datiert werden! Das Mädchen erhielt den Namen Moora. Die spannende Geschichte zum Fund der Moorleiche gibt es hier!

Am Werk des Torfabbau-Unternehmens konnte ich mir Gedanken darüber machen, wie wichtig der Torf für die Menschen dieser Region war bzw. noch ist. Schließlich hängen heute auch noch einige Arbeitsplätze daran. Viele befüllte Loren parkten direkt am Radweg auf den schmalen Schienen und warteten auf die Weiterverarbeitung. Doch an diesem Feiertag ruhte der Betrieb im Werk.

Moor & Heide im DümmerWeserLandHier in der Fabrik wird der Torf verarbeitet. Moor & Heide im DümmerWeserLandVor den Loren mit all dem Torf.

Das Werk bildete nun auch den Wendepunkt der Radtour. Von nun an blies mir der Wind in den Rücken, nachdem er mich vorher manchmal auf offenen Passagen geärgert hatte. Ich bemerkte auch das er deutlich zunahm. Besser an diesem Punkt , als schon ein ganzes Stück vorher. Und so ging es nun über tolle, einsame Straßen mit gutem Tempo zügig voran. Ein Tempo weit jenseits der 30 Stundenkilometer war kein Problem.

Moor & Heide im DümmerWeserLandUnd viele weitere beladene Loren warten noch auf den Abtransport zum Werk.

Ich passierte einige kleine Gehöfte, fuhr entlang kleiner Wald- und Moorlandschaften und hatte dabei immer guten Asphalt unter den Reifen. Die Geschwindigkeit machte natürlich Spaß, doch auf Freiflächen konnte der Wind schon mal kühl über den Rücken wehen. Der nächste Stopp war der Nordpunkt NRW. Das ist der aller, aller nördlichste Punkt von Nordrhein Westfalen. An dieser Stelle steht ein Fahnenmast mit der Fahne und dem Wappen NRWs. Ich hatte mich zwar die ganze Zeit meistens auf niedersächsischer Seite bewegt, doch die Grenzen der beiden Bundesländer verschwammen schon mal. An dieser Stelle kann man wunderbar eine kleine Rast machen. Man kann verschiedene Sonnenuhren ausprobieren, die dort aufgestellt wurden. Darunter sogar eine, die aus einem Fahrrad gebaut wurde. Durch Bewegung der Gabel kann man sowohl Uhrzeit als auch Jahreszeit ablesen. Coole Konstruktion!

Moor & Heide im DümmerWeserLandHier ist der allernördlichste Punkt von NRW, auch NRW-Nordpunkt genannt. Mit Kunst, Kitsch und Fahne versehen.

Ich hatte richtig Spaß auf dem Fahrrad, die bereits gefahrenen Kilometer machten mir nichts aus. Der ganze Tag fühlte sich gut an. Weitere Kilometer später kam ich nach Wagenfeld. Auch dort fand ich eine alte Mühle vor, die allerdings erst im Jahre 1905 erbaut wurde und heute schon mal als Hochzeitsmühle des Standesamts dient. Nett anzusehen ist sie allemal.

Ein alter, eingefallener Bauernhof ein paar Meter weiter dagegen versprühte einen ganz anderen Charme. Das alte Fachwerkhaus hatte seine beste Zeit längst hinter sich. Teile des Dachstuhls waren eingefallen. Ein großer alter und knorriger Baum, wie er so typisch an alteingesessenen Höfen Norddeutschlands ist , ließ seine Äste trostlos übe die dicken Mauern der Umzäunung hängen. Ein dickes Vorhängeschloss am Tor zur Einfahrt auf dem Hof versperrte mir den Weg für weitere Ansichten. So blieben mir nur Fotos vom Tor aus zu machen.

Moor & Heide im DümmerWeserLandVerlassenes Gehöft, geliebtes Fahrrad.

Der späte Nachmittag war erreicht. Doch einen Aussichtsturm in einem weiteren Moorgebiet hatte ich noch auf der Karte. Das Rehdener Geestmoor ist ein Regenerationsgebiet. Der Torfabbau ist auch hier allgegenwärtig und war ebenfalls wichtig für die naheliegenden Dörfer der Umgebung. Doch ab 1984 wurde die Renaturierung vorangetrieben, Gräben verfüllt, kleine Staudämme gebaut, die Gegend entbirkt und dadurch versucht, das Wasser des Moores zu stauen, damit die einzigartige Moorlandschaft erhalten bleibt. Auch Schafherden spielen eine große Rolle bei der Beweidung der Moor- und Heideflächen. So wird das Gebiet offen gehalten und viele Vogelarten kehren dadurch zurück. 2004 wurden die Maßnahmen erfolgreich beendet, eine weitere Beweidung ist aber weiterhin von Nöten.

Moor & Heide im DümmerWeserLandAm Rehdener Geestmoor.

Infotafeln am Fuße des Turms veranschaulichten das Leben im und mit dem Moor. Als ich gerade weiterfahren wollte, kamen mir zum ersten Mal Leute entgegen, die auch diesen Punkt besuchen wollten. Doch da trat ich schon wieder in die Pedale und verschwand auf weiteren Wegen zwischen Feldern und riesigen Windrädern, die über mir Kreise zogen. An einem Reiterhof hatte ich eine kleine Zeitreise, denn da stand eine alte Telefonzelle als „Museumsstück“ vor der Einfahrt. Noch mit alten Telefonbüchern, die man früher da mit drin hatte. Krass.

Moor & Heide im DümmerWeserLandZurück in die Zukunft.

Jetzt war es nicht mehr weit. Ich erreichte Lembruch am Dümmer See. Es war schon Abend geworden, Wolken waren aufgezogen, die Sonne blinzelte nur noch sparsam durch die Wolkendecke und würde bald untergehen. An der Promenade am See angelangt, sah ich zum ersten Mal eine richtige Ansammlung von Menschen, die dort spazieren gingen. Der angelegte Sandstrand war leider von Vögeln ziemlich zugek…kt und war nicht wirklich schön. Alles sah bei dem trüben Tageslicht etwas heruntergekommen aus, bei strahlendem Sonnenschein ist das vielleicht anders.

Moor & Heide im DümmerWeserLandAm Ende des Tages gelangte ich wieder zum Dümmer See. Moor & Heide im DümmerWeserLandLangsam neigt sich der Tag am Dümmer See dem Ende entgegen.

Es war schon spät, eine Umrundung des Sees war leider nicht drin. Vielleicht hätte es dort auf der anderen Seite ein wenig anders ausgesehen. Doch trotzdem war es ein ausgezeichneter Tag und eine tolle, informative Radtour, als ich am Startpunkt in Hüde wieder ankam. 104 Kilometer mit vielen Foto-Stopps waren das. Wer das mit seinem Fahrrad nachfahren möchte, dem sei der gpx-Track zum Download ans Herz gelegt. Man kann aber auch jederzeit die Tour abkürzen, zum Beispiel wenn man über den Ort Preußisch Ströhen fährt. Die Moorgebiete – und es gibt noch einige andere in der Gegend! – sind aber einen Besuch absolut wert! Spaß macht es natürlich wie bei mir mit dem Fahrrad, aber auch schöne Wanderrundwege gibt es dort einige. Mir hat das sehr gut gefallen und ich denke, ich werde irgendwann diese Landschaft und die Region noch einmal besuchen.


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