Die freie Online-Enzyklopädie Wikipedia ist fast vollständig spendenfinanziert. Aktuell werden bei Wikimedia-Aufrufen auch wieder die Banner mit dem Spendenaufruf oben auf den Seiten eingeblendet, die den Benutzern ein schlechtes Gewissen machen (sollen).
Da helfen natürlich Sprüche wie „Liebe Leser: Über 8 Millionen Mal wird unser Spendenaufruf täglich angezeigt, aber nur 319.721 haben bisher gespendet.“ So wird das schlechte Gewissen beim Leser marketingtechnisch perfekt aufgebaut, der ja dann denken muss, dass er gerade gratis ein Lexikon liest, das in finanziellen Nöten zu sein scheint…
Die Wikimedia-Stiftung auf Abwegen
Kritiker sehen das aber ganz anders. Sie vermuten bei Wikimedia ein Wachstum als Selbstzweck.
Noch vor neun Jahren arbeiteten bei der Stiftung mit Hauptsitz in San Francisco nur drei bezahlte Angestellte, heute sind es 240 Angestellte. Im laufenden Geschäftsjahr soll die Anzahl sogar weiter auf 280 steigen.
In einem Bericht bei Golem ist jetzt auch zu lesen, daß für Pete Forsyth, der früher Spenden für WMF einsammelte und die Organisation heute berät, die Anzeigenkampagnen „eine Peinlichkeit“ ist.
„Die Wikimedia-Stiftung ist auf Abwegen“ sagt Forsyth und weist darauf hin, dasss die Wikimedia Foundation (WMF) zwar die Spenden der einzelnen Länder auflistet, aber keine Details über die Ausgaben zu regionalen Projekten gibt.
Wohin fließt das Geld?
Die stärkste Kritik entzündet sich an dem starken Kontrast zwischen den Tausenden ehrenamtlichen Helfern und den Gehältern oder Sonderleistungen wie Kochkurse oder Fitnessstudios, die die Angestellten der WMF erhalten.
Da kann die Foundation noch so oft auf die schwierigen Personalbedingungen im Silicon Valley verweisen, wo Informatiker oder Vertriebsexperten ja angeblich hohe Ansprüche haben – denn die Foundation mit ihrem reinen Online-Geschäftsmodell kann ja auch überall woanders residieren und ist nicht auf einen Standort in Kalifornien angewiesen.
Auch die professionelle Optimierung der Spendenaktionen läßt die Alarmglocken klingeln. In Vergleichstests bewertet die WMF unterschiedliche Spendenbanner bezüglich ihrer Wirksamkeit – und solche Aktionen hat sie sich allein in diesem Jahr satte 5,6 Millionen Dollar kosten lassen. Spendengelder!
Wikimedia hat Geld!
Der Eindruck, den die Spendenwerber erzeugen, liegt weitab von der Wahrheit. In der Schatulle der Stiftung lagern aktuell satte 77 Millionen Dollar – dreimal so viel, wie Wikimedia in diesem Jahr im Dezember einsammeln möchte.
Nach eigener Aussage möchte Wikimedia in dem lukrativen Spendenmonat auf 25 Millionen Dollar kommen, damit die Website weiter „am Netz sein kann und wachsen kann“ – eine ganz schön heuchlerische Begründung.
Und die Spenden fließen reichlich: Im vorigen Jahr reichten die Spenden eines einzigen Tages – des 3. Dezember 2014 -, um die Wikipedia 15 Monate lang wie man so schön sagt „am Kacken zu halten“.
Meine persönlichen Konsequenzen
Für mich habe ich schon eine Entscheidung getroffen. Vorletztes Jahr habe ich der Wikipedia noch 10 Euro gespendet – für einen Rentner in Grundsicherung nicht wenig – weil ich häufig Bilder von Wikimedia nutze. Regelmäßig habe ich bis dahin auch in Blogs auf die jährliche Spendenaktion hingewiesen.
Im letzten Jahr erschien mir das nach den sich immer deutlicher abzeichnenden Fakten und wegen der vielen Missbräuche nicht mehr angemessen – ich habe nicht mehr gespendet und nicht mehr geworben.
Bis die Macher hinter Wikimedia innehalten und sich selbst kritisch hinterfragen, werde ich nicht mehr für diese Spendenaktionen werben, sondern über die Kritik berichten – was ich hiermit auch getan habe.
Und die 10 Euro werde ich in diesem Jahr wohl bei „El Gordo“ investieren, dazu braucht man nicht mehr nach Spanien reisen…
