An und für sich will die SPD mit der Einführung des Mindestlohnes von der unseligen Hartz IV – Gesetzgebung ablenken, die inzwischen beinahe 1/3 der Arbeitsfähigen mit ihren Familien in die Armut getrieben hat.
Dass der Mindestlohn noch nicht einmal ausreicht, um auskömmliche Rentenansprüche anzusammeln, wurde bereits vielfach öffentlich diskutiert. Fraglich ist also, was der Mindestlohn bewirkt und wem er in Wirklichkeit nützt?
Zunächst ist festzuhalten, dass Arbeitgeber weiterhin jede Möglichkeit ausschöpfen werden, um den mittleren Lohn- und Gehaltsbereich in Richtung des Mindestlohnes abzusenken. Da werden Tätigkeitsbeschreibungen usw. neu erfunden, damit die Gewerkschaften, sofern sie überhaupt vertreten sind, das Unterlaufen der Tarifverträge akzeptieren müssen.
Der Mindestlohn wird daher dazu führen, dass noch mehr Arbeitnehmer am Rande der Bedürftigkeit nach SGB II beschäftigt werden; keine guten Aussichten.
Selbstverständlich werden Arbeitgeber auch weiterhin ihre Stammbelegschaft ausdünnen, um selbst qualifizierte Mitarbeiter in die Langzeitarbeitslosigkeit zu zwingen. Das gilt zunehmend für ältere und teurere Mitarbeiter, die sich nicht freiwillig auf den Niedriglohn / Mindestlohn drücken lassen.
Die so geschaffenen Beschäftigungslücken sollen dann mit “Langzeitarbeitslosen” so weit wie möglich abgefangen werden, zumindest jeweils für ein halbes Jahr, damit die Mindestlohn-Regelung nicht greift.
Bei näherer Betrachtung der SGB II – Regelungen führt die Gesetzeslage für die Langzeitarbeitslosen dazu, dass unter Androhung von “Sanktionen” (=Eingriff in das Existenzminimum bzw. die Menschenwürde) beinahe jede prekäre Beschäftigung angenommen werden muss. Insoweit dürfen die Arbeitgeber sicher sein, dass ihnen Langzeitarbeitslose zur sklavenähnlichen Ausbeutung von den Behörden zugewiesen werden.
Die prekäre Beschäftigung unterhalb des Mindestlohnes führt auch dazu, dass die “Normalarbeitnehmer” in den Unternehmen angesichts des Schicksals der Hartz IV – Bezieher willig weitere Lohn- und Gehaltskürzungen oder unbezahlte Überstunden hinnehmen werden.
Mit der Mindestlohn-Regelung werden mithin die noch geltenden Tarifverträge unter Druck geraten. Die nicht tarif- bzw. gewerkschaftsgebundenen Unternehmen werden ihre Stammbelegschaft weiter ausdünnen und Fachkräfte auf das Mindestlohn-Niveau drücken.
Vor diesem Hintergrund darf die Einführung des Mindestlohnes als Fortsetzung der AGENDA 2010 aufgefasst werden, keineswegs als politische Absicht, den Irrweg AGENDA 2010 zumindest teilweise zu korrigieren.