Professor Jürgen Müller und sein Team bieten Pädophilen eine kostenlose Therapie.
Seit Anfang Juli gibt es in Göttingen das niedersachsenweit erste Modellprojekt, das Pädophilen Hilfe anbietet. Die Experten von "Prävention sexueller Missbrauch" bieten Betroffenen mit gestörten sexuellen Neigungen eine kostenlose ambulante Therapie an, damit sie gar nicht erst zu Tätern werden. Der Professor für forensische Psychiatrie Jürgen Müller hat zusammen mit seinem Team das Projekt gestartet.
NDR.de: Gibt es wirklich Menschen, die merken, dass sie sich zu Kindern hingezogen fühlen und die sich daraufhin bei Ihnen melden?
Prof. Jürgen Müller: Wir haben in zurückliegenden Jahren immer wieder Anfragen gehabt. Das waren pro Monat ein bis zwei, denen bisher kein richtiges Hilfsangebot gemacht werden konnte. Wir richten uns jetzt an diejenigen, die diese Neigungen an sich entdecken und darüber betroffen und erschüttert sind und die deswegen Hilfe wollen.
NDR.de: Wo setzen sie bei der freiwilligen Therapie an, wie wird den Betroffenen geholfen?
Prof. Jürgen Müller: Das eigentlich Neue ist, dass wir uns an Personen wenden, die noch nicht straffällig geworden sind. Es gibt verschiedene Ursachen, die diese pädophilen Tendenzen weiter verstärken.
Man muss in den Gesprächen schauen, was dahinter steckt. Bei vielen ist zunehmende Vereinsamung, Alkoholkonsum, Herausgleiten aus der Gesellschaft ein erster Schritt. Bei anderen, die merken, dass es sich in Fantasien zunehmend um solche Handlungen dreht, da kann man Hilfe anbieten.
In diesem Fall werden die gleichen therapeutischen Prinzipien gelten wie bei denjenigen, bei denen es schon zum Übergriff gekommen ist.
NDR.de: Das Land Niedersachsen, die Universitätsmedizin und die Asklepios-Klinik finanzieren zwei Stellen für drei Jahre - reicht das?
Prof. Jürgen Müller: Das werden wir sehen. Momentan geht es ersteinmal darum, dieses Projekt anzubieten, aufzubauen und zu sehen, wie groß der Bedarf wirklich ist, wie viele Leute sich melden sich und in Behandlung begeben.
Geplant ist, nach zwei Jahren des Aufbaus zu evaluieren, wie groß der Bedarf längerfristig ist. Erst dann werden wir klären können, ob das Projekt weiter gefördert wird.
Das Interview führte Bärbel Wiethoff für NDR 1 Niedersachsen.
Kontakt zum Modellprojekts "Prävention sexueller Missbrauch"
Betroffene können sich melden unter der Telefonnummer (0551) 402 11 79 oder per E-Mail unter [email protected]Quelle: NDR.de vom 18.07.2011