Mitt Romney und die mixed messages

Von Stefan Sasse
Inzwischen dürfte auch der letzte mitbekommen haben, dass Mitt Romney auf einer Spendengala im vergangenen Mai (Eintritt: 50.000 Dollar) die etwas verwegene Behauptung aufgestellt hat, dass 47% der Wähler in jedem Fall Obama wählen würden, und dass diese 47% sich als Opfer fühlen und nur staatliche Hilfen in Anspruch nehmen würden. Auszumachen seien sie an der Tatsache, dass sie keine "income tax" bezahlen, die bundesweit erhobene Einkommenssteuer. Nicht ganz so bekannt ist, dass in den USA das Steuersystem stärker zersplittert ist als hier und eine Nichtanwendbarkeit einer Bundessteuer nicht heißt, dass derjenige keine Einkommenssteuer bezahlt - solche Steuern werden nämlich auch auf bundesstaatlicher Ebene erhoben, was direkte Vergleiche schwer macht. Darum aber geht es in dem Shitstorm, der Romney um die Ohren getost ist, längst nicht. Romney selbst ist voll im Schadensbegrenzungsmodus und versichert gebetsmühlenhaft, sich um alle 100% Amerikaner Sorgen zu machen und die Botschaft ungeschickt formuliert zu haben. Fox News ist sich selbst nicht ganz sicher, ob man nun empört sein soll weil Romney Recht hat (was er ja behauptet) oder weil die fiesen Linken ihn mit einer Schmierenkampagne überziehen (was implizit heißt, dass er etwas Unanständiges gesagt hat). Konsequent tun sie einfach beides, und Romney tut dasselbe. Das fällt ihm leicht, denn aus seiner Perspektive ist es das Sinnvollste, das er tun kann. 
Das klingt anfangs etwas merkwürdig - warum ist das Behaupten zweier Dinge, die sich eigentlich gegenseitig ausschließen (siehe Jon Stewart), sinnvoll? Zuerst einmal ist es ein typischer Fall von "eigentlich meint er etwas anderes, als nach was es klingt". Romney sagt ja eine Menge wahrer Sachen. Es gibt einen relativ großen Anteil Stammwähler - Check. Das erklären die Experten in den Medien seit Monaten. Ein großer Teil davon gehört zu Obama - Check. Sie lassen sich von Romneys Wahlkampf nicht umstimmen - Check. Nur, ab hier wird es problematisch. Denn von den relativ armen, keine Einkommenssteuer zahlenden Wählern neigt ein guter Teil eigentlich der GOP zu. Vielleicht dachte Romney an die entsprechenden schwarzen Teile der Bevölkerung, als er es sagte, die zu 97% Obama zuneigen und für die die Aussage diesbezüglich zuträfe, aber das würde ihm nichts helfen, denn es machte ihn nur zum Rassist. Die positivste Deutung seiner Aussage wäre die, dass er sich im Wahlkampf nicht um die 47% Obama-Wähler kümmern wolle, als Präsident dagegen schon. Ich würde nicht einmal annehmen, dass das so unwahrscheinlich ist. Es wäre pure Vernunft; Obama macht schließlich auch keine Versuche, den durchschnittlichen Redneck anzusprechen, denn der wird so oder so Republican wählen, so wie der Ostküstenintellektuelle sein Kreuz bei den Democrats macht. Warum also ist das für Romney so problematisch? 
Es wäre nicht allzu realitätsfern zu sagen, dass eine ähnliche Aussage Obamas ihm weniger Probleme machen würde als diese es für Romney tut. Das hat zum einen mit dem leichten liberal bias der Medien zu tun - Obama würde die Leute beleidigen, die normalerweise die Medien hassen -, aber zum anderen und wichtigeren Teil mit den Persönlichkeiten der Kandidaten. Das Obama-Team hat es sehr gut geschafft, Romney das Image des kalten, berechnenden, stellenstreichenden Raubtierkapitalisten zu geben (siehe Simpsons). Die Aussage unterstreicht dies besser als jeder negative Spot Obamas. Wie so oft in diesem Wahlkampf hilft Romney, sein eigenes Negativimage zu unterstreichen, das "out of touch"-Image des reichen Elitisten. Und nichts hassen Amerikaner jeglicher politischer couleur wie einen Politiker, der glaubt er sei Elite und "out of touch". Das Problem hat auch Obama, der oft als intellektueller Snob angesehen wird (wohl nicht zu Unrecht). Aber Romney trifft es härter, denn die Bevölkerungsschicht, die seinen Snobismus und sein elitäres Gehabe gutfindet ist verschwindend klein, während Obama wenigstens eine gewisse Fanbasis, gerade auch in den Medien, damit überzeugen kann. Um es kurz zu machen: Romneys "mixed messages" in diesem Fall schaden ihm, weil sie alle Klischees über ihn bestätigen. Obama schaden solche "mixed messages" nicht so sehr, weil sein Image ein anderes ist. Das ist unfair und mag mit den tatsächlichen Fakten wenig zu tun haben; es zu ignorieren aber ist der sichere Weg in eine Niederlage.

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