Slow Food ist nicht die neueste Erfindung der Ernährungs-Industrie. Auch wenn es häufig mit Trends wie Paleo, Superfood, Low-Carb oder Smoothies in einen Topf geworfen wird (schönes Wortspiel), so gibt es die Slow Food-Bewegung schon seit vielen Jahren und hat alle Trends überlebt. Slow Food hat sich über die Zeit sogar einen festen Platz in der gehobenen Küche erobert. Und das obwohl Slow Food eigentlich traditionelle Hausmannskost bedeutet.
Woher kommt Slow Food?
1986 rief der Italiener Carlo Petrini die Slow Food Bewegung als Gegenstück zu McDonalds ins Leben. Das Ganze hatte seinen Beginn an der Spanischen Treppe in Rom. Drei Jahre später hat sich die Bewegung mit einem Slow Food Manifest offiziell in Paris gegründet. Heute gibt es Slow Food Organisationen in über 160 Ländern. 2013 haben die Vereinten Nationen in ihrem Umwelt Programm Petrini als „Champion of the Earth" für seine Arbeit ausgezeichnet.
Was ist Slow Food?
Kurz gesagt geht es bei Slow Food darum, Lebensmittel vom lokalen Bauern direkt auf den Tisch zu bringen und damit die Umwelt zu schonen und gesünder zu leben. Laut der Website slowfood.com stellt sich die Bewegung als direkten Gegenpart zu Fast Food und einem beschleunigten Leben dar. Was mit 62 umweltbewußten Liebehabern von gutem Essen im italienischen Bra begann umfasst heute über 80.000 Anhänger mit über 850 regionalen Gruppen weltweit. Sie alle haben es sich auf die Fahne geschrieben, die Vielfalt der weltweiten Lebensmittel zu schützen und darüber aufzuklären was frische Qualitätslebensmittel sind und wie sie traditionell zubereitet werden. Auf unzähligen Slow Food Veranstaltungen geht es darum, Hersteller miteinander in Kontakt zu bringen, um die Slow Food Philosophie zu leben. Das bedeutet, Lebensmittel zu fördern die gut für uns sind und für die Menschen, die sie anbauen und damit auch für den ganzen Planeten.
Was bedeutet Slow Food für mich?
„Langsames Essen" trifft als Übersetzung nicht ganz den Kern. Ich würde es eher mit gesund Genießen beschreiben. Wahrscheinlich gibt es jetzt viele Anhänger von Burgern, die auch einen Big Mäc genießen. Doch nicht umsonst wachsen überhall Burger-Läden wie Pilze aus dem Boden. Und viele davon werben mit qualitativ hochwertigem und regionalem Fleisch, das auch einen Burger zu einem Slow Food Erlebnis machen kann. Für mich fängt Slow Food bereits mit dem Gang zum Markt an. Die Vielfalt der Lebensmittel, die tatsächlich direkt vom Feld auf den Markt kommen und von daher saisonal und regional sind, begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Dadurch bekomme ich meine Inspiration für neue Rezepte. Und wenn ich in ein Restaurant gehe, schaue ich genau hin, welche Qualität die Lebensmittel haben und woher sie kommen. Als ich einmal zu Besuch bei Freunden auf dem Land war, war ich begeistert von den vielen kleinen Hofläden und Restaurants, die auch von diesen Läden ihre Ware beziehen. Das ist Slow Food pur für mich.
Die Verantwortung der Supermärkte
Seit einiger Zeit gibt es im REWE bei mir um die Ecke Äpfel aus Deutschland. Und das nicht nur im Herbst, sondern auch im Februar. Noch vor einem Jahr kamen die meisten REWE-Äpfel im Winter aus Neuseeland. Da hat sich also tatsächlich etwas verändert und die Ware kommt, ganz im Sinn von Slow Food, aus heimischen Regionen. Warum geht das nicht für das restliche Sortiment? Hier haben die Supermärkte eine große Verantwortung. Denn schließlich kaufen die meisten Menschen ihre Lebensmittel dort. Wenn also das Angebot mehr regional und saisonal wird, sind wir schon ziemlich nah bei Slow Food. Denn schließlich bedeutet das, dass die Lebensmittel nicht mehr um die ganze Welt transportiert werden müssen und damit zur Umweltbelastung werden. Doch die Händler reagieren meist nur auf Trends ihrer Kundschaft. In Deutschland wird es immer offensichtlicher, dass der Konsument auf gesunde Ernährung achten möchte. Also kann ich die Supermärkte nur darin bestärken, weiter auf regionale Ware zu setzen.
Zur Ruhe kommen und Slow Food genießen
Wer sich voll und ganz der Slow Food Philosophie hingeben möchte, der sollte diese neun Regeln kennen und berücksichtigen.
Industrielle Lebensmittel durch nachhaltiges Essen ersetzen
Kekse, Chips, Fertigsoßen und überhaupt alle Lebensmittel, die eine unglaublich lange Haltbarkeit haben solltet Ihr weglassen. Sie können nicht frisch sein und wurden meistens chemisch behandelt.
Bio und/oder Slow kaufen
Manche nennen es auch „Clean Food". Das sind Lebensmittel, die frei von Pestiziden sind und nicht genetisch behandelt wurden. Dann sieht die Kartoffel oder der Kohlrabi vielleicht nicht mehr aus wie aus dem Katalog. Doch unbehandelte Lebensmittel schmecken viel besser und sind gesünder. Doch Bio ist nicht immer Slow. Es gibt viele kleine Bauern, die zwar Bio-Ware produzieren, für die aber eine Zertifizierung zu teuer ist. Solche Bauern gibt es auch auf meinem Wochenmarkt. Außerdem gibt es Bio-zertifizierte Ware, die trotzdem einen weiten Transport hinter sich hat. Diese Lebensmittel sind dann nicht mehr Slow. Regionalität und Saisonalität sind die wichtigsten Kriterien für Slow Food.
Slow Food heißt auch Essen zu zelebrieren
Ladet Freunde ein und esst gemeinsam frische und selbszubereitete Gerichte. Das Slow Food Erlebnis fängt schon beim gemeinsamen Kochen an.
Kauft auf dem Markt ein
Auf den Wochenmärkten bieten viele Bauern ihre Ware an. Sie kommt eben direkt vom Feld oder aus dem heimischen Stall und garantiert Qualität. Vor allem kauft Ihr damit automatisch saisonal ein und kommt in den Genuß vieler wichtiger Nährstoffe. Je länger der Transport von Lebensmitteln dauert, desto weniger Nährstoffe enthalten sie. Das ist eine einfache Rechnung.
Im Supermarkt genau hinschauen
Schaut Euch die Inhaltsstoffe der Ware an, die Ihr im Supermarkt kauft. Sobald dort unaussprechliche Stoffe auftauchen, von denen Ihr noch nie gehört habt, solltet Ihr die Ware besser nicht kaufen. Fertigsoßen oder Fertig-Dressings sind voller Zucker und industriell behandelt. Mit einem guten Olivenöl, Balsamico-Essig oder Zitronensaft könnt Ihr wunderbare Dressings ganz einfach selber machen.
Stresst Euch nicht
Essen soll Spaß machen. Also bleibt entspannt. Auch mit diesen Regeln. Versucht einfach das, was Ihr umsetzen könnt zu machen. Euch sollte nur bewußt sein, dass ein Körper nur so gesund sein kann, wie das was in ihn hinein kommt. Wenn Ihr das verinnerlicht habt, geht die Reise ins Slow Food Land los. Doch es sollte keine beschwerliche Reise sein. Also lasst Euch nicht stressen und macht kleine Schritte. Sucht Euch zum Beispiel ein Rezept auf Elle Republic aus und versucht es nachzukochen. Wenn es Euch schmeckt, habt Ihr schon ein Slow Food Gericht gefunden, das Ihr immer wieder machen könnt. Oder wenn Ihr ins Restaurant geht, sucht Ihr Euch nicht den nächstbesten Italiener aus, sondern schaut mal, ob es ein Restaurant mit frischer Bio und/oder Slow Ware gibt (darunter gibt es auch viele gute Italiener. Schließlich wurde Slow Food in Italien geboren :-)).
Langsam essen und genießen
Träumen wir nicht alle von einem Landhaus in Italien oder Frankreich wo wir mit Freunden und Familie auf der Terrasse an einem langen Tisch sitzen und und den ganzen Abend viele leckere Sachen essen? Zumindest wird das in vielen Filmen so dargestellt. Habt Ihr da schon mal eine Mikrowelle oder eine Fertigpizza auf der Terrasse gesehen? Also ladet Eure Freunde ein und nehmt Euch Zeit für einen schönen Abend mit gutem Essen, das Ihr selber aus frischen Zutaten zubereitet habt.
Wer jetzt aber voll durchstarten und noch mehr Slow Food in seinem Leben haben möchte, der kann natürlich auf der Slow Food Website nach einer regionalen Gruppe (Convivien) suchen und sich dort engagieren. Außerdem gibt es dort viele Termine für Messen und Veranstaltungen rund ums Thema Essen. Durch Zufall bin ich mal in Belgien auf so einer Veranstaltung gewesen. Das war super. Vielleicht kombiniert Ihr Euren nächsten Ausflug oder Kurzurlaub mit einer Slow-Food-Veranstaltung. Ich kann das nur empfehlen.