Mission: Geschichtsschreibung

69316_web_R_by_Uwe Steinbrich_pixelio.deWir haben ihn, den Pokal, aber ich glaube trotzdem nicht, dass die Welt einen Beitrag von mir braucht, in dem ich schreibe, wie toll das doch ist, usw. Das können andere viel viel besser als ich. Und ich glaube, mittlerweile ist man so sehr mit mir und meinem Blog vertraut, dass man auch weiß, dass das nicht meine Art wäre. Wobei, ich bin im Nachhinein froh, dass ich so ein Ekelzeug auf den Fingernägeln trage, sonst wären die wahrscheinlich alle ab gewesen vor lauter Spannung. War ja auch recht knapp.

Die WM vorbei, der Titel unser. Was jetzt? Wer profitiert davon, wie? Es ist unglaublich, wie viele Dinge man immer deuten kann, untersuchen kann und wie viele Experten sich zu allen möglichen Themen äußern. Daher weiß ich auch, wie unglaublich, dass die Spieler der Nationalmannschaft mit lukrativen Werbekampagnen zu rechnen haben. Wiederum deren Partnerinnen, Frauen, wie auch immer, werden heiß begehrte Models, Moderatorinnen, Designerinnen und wenn es ganz ganz hart kommt, dann werden sie singen, müssen. Und Deutschland? Ja, Deutschland ist gestiegen im internationalen Ansehen.

Jetzt haben wir den Titel und was jetzt damit anfangen? Nach der WM ist vor der WM. Jetzt wird der Druck größer als je zuvor, wir wollen uns ja nicht so blamieren wie Spanien. Aber gibt es da nicht noch ein bisschen mehr? Kann man nicht noch mehr aus diesem Titel an Profit schlagen? Vielleicht ist es ein Ansehen, welches die Nationalmannschaft in der Welt da draußen errungen hat, das Verantwortung mit sich bringt. Da ist sie wieder, aus großer Kraft wächst große Verantwortung. Ich kann es nicht lassen und doch steckt so viel Wahrheit darin. Die Position nutzen, um auf Missstände hinzuweisen. Ich meine nicht die allseits beliebte Kinderarmut und die gespendeten Fußbälle, weil langsam müssten die armen Kinder in Afrika so viele Fußbälle haben, dass sie sie essen könnten. Sondern ich meine ein Thema, was den Fußball aktuell betrifft, international, speziell bei dem nächsten Gastgeber: Homophobie.

Wäre es denn so schlimm, wenn sich die Weltmeister aus dem Land, das homosexuelle Politiker in hohen Position anerkennt und in dem diese offen zu ihrer sexuellen Orientierung stehen können, dafür einsetzen, dass Homosexualität Normalität ist? Denn schließlich ist es doch das, wofür Deutschland stehen will, Gleichbehandlung unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Rasse, usw. Ich glaube man weiß, worauf ich hinaus will und auf welchen Text, oder soll ich sagen Artikel, ich mich beziehe. Wobei, auch an dieser Stelle fehlt die sexuelle Orientierung. Vielleicht muss auch hier der Gesetzgeber Vorreiter sein. Denn wenn es im Gesetz steht, fangen plötzlich die Mühlen an sich schneller zu drehen. Eine andere Sache hierbei, die sich auftut, ist die, ob die Sexualität eines Menschen überhaupt so sehr im Vordergrund stehen muss, darf, sollte. Alternative hierzu, man schweigt weiter, deshalb lautet die Antwort „ja“.

Damit eine Nationalmannschaft bestimmte Denkanstöße international verbreiten kann, muss sie national bereits in der Lage sein, diese zu praktizieren. Wollen ist hier das Hindernis. Ich werde sicher ein Leben lang kein Fußballexperte werden, aber dass sich die Uhren beim DFB langsamer drehen als bei uns anderen Normalsterblichen ist sogar mir aufgefallen. Woran das genau liegt, kann ich nicht benennen, das müssen die untereinander klären. Aber von außen betrachtet wirkt es für mich lächerlich, wie sehr an der Steinzeit festgehalten wird. Ich verstehe nicht so sehr, wovor man Angst hat. Ok, jetzt dürfen Frauen schon seit 1970 offiziell Fußball spielen, lange zuvor gab es ja Frauen als solches auch nicht. Und jetzt kräht kein Hahn mehr danach, höchstens nur noch die Geschichtssendungen. Also wieso so lange Zeit sich dagegen gewehrt haben? Nicht nur der Ball ist rund, sondern auch die Welt dreht sich weiter. Und die sexuelle Orientierung einzelner Spieler wird sie nicht davon abhalten, sich weiter zu drehen.

Wenn Frauen also auf einem Fußballplatz jenseits vom Herd nicht ihre Orientierung und Besinnung verlieren, so müsste auch ein homosexueller Fußballspieler in der Lage sein, seine Leistung zu erbringen auch ohne Teekanne. Soviel ich weiß, hat es Thomas Hitzlsberger geschafft, ohne dass es aufgefallen wäre. Die Angst vor dem Ganzen verstehe ich nicht wirklich. Ich habe ein Interview mit Christoph Daum gesehen, in dem die Vermutung der Ansteckung, wenn nicht sogar Tendenzen zur Pädophilie andgedeutet werden. Und ehrlich gesagt, in diesem Zusammenhang finde ich diese Ansichten am beängstigsten. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Es ist eine Frechheit, diese beiden Dinge miteinander verbinden zu wollen. Genauso wäre es, wenn man sagen würde, dass jeder, der Kinder hat, diese nur hat, weil er diese Tendenzen aufweist. Aber das Schöne ist ja, solange man Homosexualität mit Pädophilie gleichschaltet, hat man eine Begründung und dann noch eine sehr gute für Homophobie.

Der DFB hat die Chance an der Geschichte mitzuschreiben, anstatt sie aufzuhalten. Etwas zu bewegen anstatt es zu verhindern. Nur diese Entwicklung, mögen sich Einzelne immer wieder dagegen auflehnen, ist nun einmal die Zukunft und alles Gestrige muss dem Morgen weichen. Ich hoffe wirklich für diesen Sport bzw. für Sport im Allgemeinen, dass diese Chance erkannt wird. Denn in einigen Jahren wird auch hier kein Hahn mehr danach krähen und der DFB erneut zur Lachnummer zu werden. Aber wenn die Ressourcen an heterosexuellen Spielern so groß ist, dass man aus Prinzip auf Homosexuelle verzichten kann, dann wünsche ich dem DFB, dass es auch so bleibt. Vielleicht wäre im anderen Fall die Auswahl größer, aber wenn es auch so funktioniert, warum nicht. Bleibt nur die Sache mit der Verantwortung. All die Probleme, die wir nicht hätten, wären wir nur in Höhlen geblieben. Aber wir haben uns entschieden, raus zu gehen und für mich ist es keine Frage, sondern eine Selbstverständlichkeit, dass die deutsche Nationalmannschaft ihre neu errungene Positionierung im Weltrang nutzt, um mehr Geschichte als nur auf dem Rasen zu schreiben, denn nur dann ist sie ihres Titels würdig.

(Foto: Uwe Steinbrich  / pixelio.de)


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