In meinem Roomtour-Blogpost zu meiner ersten eigenen Wohnung (naja, WG-Zimmer eher) habe ich euch bereits erzählt, dass ich mich seit einigen Monaten zu einer „minimalist wardrobe“ hintrainiere. Sprich, ich versuche, immer weniger Kleidungsstücke zu besitzen, weniger zu kaufen und möglichst alle Stücke regelmäßig zu tragen.
Ich glaube, das Grundproblem kennt so ziemlich jeder von uns – man hat einen vollen Kleiderschrank, steht meistens trotzdem stundenlang davor, wenn es darum geht, ein Outfit zusammenzustellen, man fühlt sich nur in einem Bruchteil der Kleidung so wirklich richtig wohl und wie man selbst. Die „alten“ Kleidungsstücke entsprechen nicht mehr dem eigenen Stil, man kauft neue ein, die neuen Stücke passen oft nicht zum Rest. Man vergisst, was man eigentlich alles hat, kauft Stücke, die man eigentlich fast genauso bereits in irgendeiner Schublade hat. Alles in allem, sah das bei mir bis vor zwei Jahren fast genauso aus. Ich hatte in meinem Zimmer bei meinen Eltern einen drei Meter langen Kleiderschrank, der komplett gefüllt war und so ziemlich alle der oben aufgezählten Punkte haben auf mich zugetroffen. Irgendwann war ich nur noch genervt von meinen Sachen, hab mich oft super unwohl gefühlt, was gestresst und schlecht gelaunt und überhaupt hätte ich gerne meinen ganzen Kleiderschrank komplett ausgewechselt.
Nun – das geht ja leider nicht so wirklich. Wenn man nicht gerade ein kleines Vermögen erbt oder jemanden hat, der einem eine absolute Kleiderschrank-Rundumerneuerung spendiert, muss man anders an das Problem herangehen. Wie also dann?
Step 1 – Stil finden
Als Erstes hab ich mir überlegt, was denn überhaupt mein Stil ist. Das hört sich vielleicht etwas hochgestochen an und ich bin die letzte, die sich als Fashion-Experte bezeichnen würde, aber im Endeffekt hat ja jeder Mensch mehr oder weniger einen Stil. Um meinen zu finden, hab ich mir erstmal überlegt, wie und in welchen Kleidungsstücken ich mich am wohlsten fühle. Ich hab überlegt, wie ich gerne als Person wahrgenommen werden will und inwiefern meine Kleidung dazu beiträgt. Ich hab meine besten Freundinnen gefragt, wie sie meinen Stil bezeichnen würden. Herausgekommen ist nichts wirklich konkretes, aber folgende Stichwörter: Sportlich, ganz basic, simpel, figurbetont, vielleicht ein bisschen sexy, bequem und sehr einfach.
Step 2 – Was brauche ich dafür?
Sobald ich das mal für mich festgelegt hatte, hab ich mir überlegt, was für Kleidung ich für meinen „Wunsch-Stil“ bräuchte. Natürlich als Erstes, solche Stücke, in denen ich mich am wohlsten fühle. Das waren – Überraschung! – vor allem weiße, graue und schwarze Teile. Mag für manche vielleicht langweilig sein, aber ich musste tatsächlich feststellen, dass ich die bunten Teile aus meinem Kleiderschrank wirklich nie getragen hab und wenn doch, musste ich mich praktisch dazu überreden, sie anzuziehen – „weil ich sie nunmal schon habe“. Und von diesem Gedanken wollte ich unbedingt weg. Nichts mehr tragen, weil ich es nunmal bezahlt und gekauft hab. Nur noch, weil es perfekt passt und ich mich super wohl fühle. Dann habe ich überlegt, welche Schnitte, welche Stoffe ich mag. Ich hasse es zu bügeln. Ich kann es absolut nicht ausstehen, wenn ich an mir herumzuppeln muss – egal wie schön ein Teil ist, wenn ich auf den Stoff aufpassen muss, kann ich es meistens kaum erwarten, so schnell wie möglich wieder in meine Jeans und T-Shirt zu schlüpfen.
Step 3 – Die Liste
Die ersten beiden Steps hat vielleicht schon der ein oder andere in seinem Kopf durchgespielt und ihr würdet vielleicht meinen, dass es jetzt ans Ausmisten geht? Aber – um euch das einerseits viel leichter zu machen und es euren Ausreden á la „Vielleicht trage ich das ja doch noch“ sehr schwer zu machen, kommt meine absolute Wunderwaffe: die Liste. Ich hab mir damals einfach eine Liste geschrieben, auf die ich alle Kleidungsstücke geschrieben hab, die ich gerne in meinem Kleiderschrank besitzen würde. Diese Liste hatte nicht wirklich viel mit meinem damaligen tatsächlichen Kleiderschrank zu tun. Macht nichts! Wenn man wirklich eine fast komplett neue Garderobe will, will man sie eben und die kommt auf die Liste. Ich hab euch hier mal einen groben Einblick in meine Liste aufgeschrieben – sie hat sich in den letzten beiden Jahren natürlich noch ein bisschen abgeändert, ich hab Teile weggestrichen und Teile dazugeschrieben, aber sie ist zu 90% tatsächlich noch die selbe, die ich bei meiner großen Kleiderschrank-Umkrempel-Aktion vor zwei Jahren geschrieben habe.
Schwarze Skinny Jeans, 1 destroyed, 1 normal
Blue Jeans in dem perfekten Blauton, 1 destroyed, 1 normal
1 Boyfriend-Jeans
1 schwarze, lockere, casual Anzugshose
1 schwarze Fake-Lederjacke
1 Jeansjacke
1 Bomberjacke
weiße Sneaker (2-3 Paar)
weiße, graue und schwarze Basic-T-Shirts, jeweils 2-3
jeweils 1 weißer, grauer und schwarzer Sweat-Pullover
weiße, graue und schwarze Strickpullis und Cardigans
1 schwarze, 1 blaue Jeans-Shorts
2-3 lockere Shorts
1 schwarzer Jumpsuit
ein schwarz-weiß gestreiftes Shirt
schwarze Fake-Leder Stiefel
ein-zwei Paar Sandalen in weiß oder schwarz
1 Jogginghose, die man auch „richtig draußen tragen kann“
1-2 karierte / gestreifte Hemdblusen
1-2 Paar High-Heels
2 Bikinis
Diese Teile auf der Liste machen heute vielleicht 80% meines Kleiderschranks aus. Dazu kommen noch enge Langarmshirts (auch nur in weiß, grau und schwarz), zwei schwarze Leggings und solche Dinge und vielleicht 10%, die ein bisschen mit den Trends wechseln, wie meine beiden engen Crop-Tops, der hellblau-weiße Jumpsuit und ein Off-Shoulder-Top diesen Sommer und die letzten beiden Winter hatte ich auch wechselnde Winterjacken, da ich für mich noch nicht die perfekte gefunden habe. Scrollt einfach mal meinen Instagram-Feed durch – ihr werdet mich in kaum einem Teil sehen, das nicht auf dieser Liste steht.
Da das wirklich nicht viele Kleidungsstücke sind und nur ein Bruchteil von meinem ehemaligen Kleiderschrank, war es mir damals – und ist es heute noch – super wichtig, dass jedes Teil perfekt sitzt, die perfekte Farbe, Form und Passform hat.
Und jetzt: ganz wichtig! Für alle, die bei der oben stehenden Liste beinahe in Ohnmacht fallen – das ist nur meine Liste. Wenn ihr wirklich ehrlich der Meinung seid, dass ihr 5,15 oder 25 verschiedene Jeans oder 10 Jacken braucht oder ihr eben meistens Kleider und Röcke tragt, dann ist das eben so – aber schreibt es einfach auf die Liste. Und die ist dann nahezu fest.
Step 4 – Aussortieren
Und jetzt der schwierigste Teil. Wobei – mir ist es damals dank meiner Liste gar nicht mehr so schwer gefallen. Ich war einmal richtig radikal und hab alles aus meinem Schrank aussortiert, was nicht auf der Liste stand. Ich hatte mich in meiner Liste auf meine Basic-Farben weiß, grau, schwarz und Jeans festgelegt – also flogen alle anderen Farben raus. Die einzigen beiden bunten Teile, die bleiben durften, sind mein knallrotes Abiballkleid und ein Paar tiefblaue High-Heels. Die Heels trage ich auch heute ab und zu noch und mein Abiballkleid hatte genug sentimentalen Wert, damit es bleiben durfte. Ich hatte für mich festgelegt, dass mir jeweils zwei schwarze und zwei blaue enge Skinny-Jeans reichen, also hab ich jeweils die behalten, die ich am meisten getragen habe und die am besten sitzen – der Rest flog raus. Ungefähr 30 Tops in verschiedenen Formen, Farben und Schnitten „die ich ja mal im Urlaub tragen kann“ – flogen alle raus. Beim Ausmisten muss man tatsächlich einfach mal richtig radikal sein, die Gefühle und Emotionen rauslassen und sich in schwachen Momenten überlegen, dass man im Endeffekt im Alltag meistens sowieso immer die gleichen Dinge trägt und auch mit wirklich viel weniger Kleidungsstücken klarkommen wird und genug anzuziehen hat. Meistens hört man wenn es ums Ausmisten geht den Ratschlag, sich dafür Freundinnen einzuladen – ein Tipp: Versucht es erst alleine. Es bringt euch nichts, mit euren Freundinnen herumzustreiten – sie werden vielleicht das eine Teil toll finden, was ihr aber gar nicht mögt und andersrum. Vor seinen Freundinnen fängt man vielleicht viel eher an, die eine Jeans zu rechtfertigen. Wenn man alleine ist, schwindelt man sich im Endeffekt nur selbst an, wenn man die zehn Blusen, die in der Form & Farbe nicht auf der Liste stehen, „nur vergessen hat, auf die Liste zu schreiben“. Wenn man wirklich ausmisten will, dann tut man das für sich selbst – wenn man so an vielen Dingen hängt, dass man einem praktisch die Sachen wegnehmen muss, überlegt man sich lieber noch ein zweites Mal, weshalb man das eigentlich überhaupt machen will.
Nachdem ich meine ganzen Säcke gespendet hatte, war ich so unendlich befreit, das glaubt man erst, wenn man es mal selbst erlebt hat. Ich konnte damals kaum glauben, wie ich jemals so viel Kleidung anhäufen konnte und für mich ist es mittlerweile völlig unverständlich, was für eine emotionale Bindung ich zu so etwas funktionalem wie Kleidung aufbauen konnte – macht für mich heute absolut keinen Sinn mehr.
Step 5 – Liste abarbeiten – aber richtig!
Mein Kleiderschrank hat sich damals um sicher 80% reduziert und ich hab 5 große schwarze Säcke zur Caritas gebracht. Zwei Meter Kleiderschrank waren komplett leer und auch der letzte war nicht wirklich voll. Wie gesagt – man hat immer noch genug anzuziehen. Und das Schöne – jetzt hat man wieder Platz, um den Schrank nach und nach mit den Teilen zu füllen, die noch auf der Liste stehen und die man noch nicht besitzt. Dabei musste ich mich erst ziemlich zusammenreißen, um nicht „schnell schnell“ Kleidungsstücke von meiner Liste zu kaufen, sobald ich welche im Laden finde, sondern auch mit meinem ziemlich leeren Kleiderschrank nur das zu kaufen, was die perfekte Farbe, den perfekten Schnitt und Form hat und – nicht zu vergessen – auch meinem Stil entspricht. Eine Bomberjacke stand zwei Jahre auf meiner Liste, bevor ich mir diesen Sommer meine Olivgrüne gekauft hab.
Ich hab für mich festgelegt, dass ich nur eine einzige Boyfriend-Jeans brauche und die muss eben perfekt sitzen. Ich darf mir erst eine neue kaufen, wenn ich eine finde, die um Längen besser ist, als die, die ich habe und dann muss ich die, die ich bereits besitze verschenken oder spenden. Da ich nur drei Farben an T-Shirts, Pullover und Cardigans haben „darf“ ist es für mich aber auch in Ordnung, wenn ich hier ähnliche kaufe. Solange sich zumindest der Schnitt und die Form ein bisschen ändert, hab ich auch eine Rechtfertigung für meinen fünften hellgraumelierten Pulli – solange er perfekt passt
Step 6 – Weniger kaufen
Natürlich ist meine Liste keine non-plus-ultra Regel und ich bin auch nur ein Mensch, der Online-Shopping liebt. Aber es ist viel, viel weniger geworden. Neben meiner „Es muss perfekt passen“ und „Es muss meinem Stil zu 100% entsprechen“-Regel gibts noch die „Es muss auch zum fast allem aus meinem bisherigen Kleiderschrank passen“-Regel und die „Ich muss es mindestens zwanzigmal tragen“-Regel. Das funktioniert ziemlich gut für mich – ich bin in den letzten beiden Jahren viel kritischer geworden. Ich bin natürlich auch nicht perfekt – ich kauf auch jetzt noch ab und zu Dinge, die ich nach ein paar Wochen bereue und nur ein, zweimal trag und miste auch jetzt noch alle paar Monate aus. Aber meine Kleider haben in meinem WG-Zimmer auf eine Kleiderstange und in eine Kommode gepasst und wenn ich jetzt nach Hamburg ziehe hab ich nur einen einzigen großen Koffer dabei. Ich nehm nur ein Drittel an Kleidung mit, den Rest hab ich zu meinen Eltern gestellt und bin auch der Meinung, dass ich das nicht unbedingt vermissen werden. Ich muss noch einmal ein paar Wintersachen nach Hamburg holen und werde dann gut auskommen.
Sooo – das war jetzt wirklich ein sehr sehr ausführlicher Beitrag, aber ich hoffe, er hat vielleicht ein paar von euch geholfen, die sich vorgenommen haben, mal richtig auszumisten, zufriedener mit dem eigenen Kleiderschrank zu werden und bewusster und weniger einzukaufen. Ich sag auf keinen Fall, dass das der einzig richtige Weg ist, mit Kleidung umzugehen, aber ich bin mit meiner Mimimalist Wardrobe um Längen zufriedener, ich fühle mich viel wohler in meiner Kleidung und ich kaufe einfach viel bewusster, weniger und besser ein.