Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern

Ernst Reuß hat in seinem neuen Buch "Millionäre fahren nicht auf Fahrrädern. Justizalltag im Nachkriegsberlin" eine der spannendsten Phasen der Nachkriegszeit beschrieben: Kurz nachdem am 2. Mai 1945 für Berlin die Kapitulationsurkunde unterzeichnet wurde, machte sich die siegreiche Rote Armee nicht nur daran, die Trümmer des 1000-jährigen Reiches aufzuräumen und die Versorgung der Berliner Bevölkerung zu sichern, sondern organisierte auch Verwaltung, Polizei und Gerichte neu. Bereits am 8. Mai wurde eine Eheschließung registriert, die nach den NS-Rassegesetzen niemals möglich gewesen wäre. Ab 14. Mai verkehrten wieder die ersten U-Bahnzüge. Am 19. Mai begann der neue Magistrat seine Tätigkeit. Der Aufbau der Gerichtsorganisation war zum 1. Juni abgeschlossen, was dringend notwendig war, denn in der ausgebluteten, ausgehungerten und zerbombten Stadt wurde geplündert, geraubt und gemordet. Der Autor rekonstruiert den Neuaufbau der Berliner Justiz nach dem Zweiten Weltkrieg und vermittelt ein verblüffend lebendiges Bild der Nachkriegszeit. Mit Fotos, Grafiken und anhand von Kriminalfällen wird die unmittelbare Nachkriegsgeschichte Berlins anschaulich dargestellt. Der Titel des Buches bezieht sich auf Urteile, bei denen Fahrraddiebe besonders hart bestraft wurden, weil, wie ein Richter urteilte: „allgemein bekannt (ist), daß das Fahrrad wichtigstes Verkehrsmittel unserer werktätigen Bevölkerung ist. Millionäre fahren bekanntlich nicht auf Fahrrädern. Die Tat des Angeklagten ist daher umso verwerflicher".

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