Mieterstrom kann zum Treiber der Wärmewende werden

Dieser Artikel ist Teil 13 von 13 über MieterstromMieterstrom WärmewendePhotovoltaik auf Mehrfamilienhäusern in München, Foto: Pixabay/ stux

Projekte mit Mieterstrom können nicht nur die Energiewende in Städte bringen, sie können auch einen Beitrag zu Wärmewende leisten. Ein Kommentar in einem früheren Beitrag hat dies schon mal angefragt. Dazu gibt es verschiedene Ansätze, direkte Wärmeerzeugung durch Mieterstrom mit einem BHKW, indirekt über eine eine Wärmepumpe  mit PV-Strom vom Dach und drittens die Nutzung des Gebäudes netzdienlich als Energiespeicher. Auch wenn es immer mehr Mieterstrom-Projekte gibt, kommt die Verbindung mit der Wärmeversorgung erst langsam in Fahrt. Dabei gibt es einige gute Gründe für die Kombination mit der Wärme, wie der Energieversorger Polarstern-Energie festgestellt hat.

Mieterstrommarkt kann zu wichtigem Treiber der Wärmewende werden

„Weil sich in vielen Mieterstromprojekten eine effiziente und erneuerbare Wärmeversorgung von Mehrfamiliengebäuden ganz klar wirtschaftlich rechnet, kann der anziehende Mieterstrommarkt zu einem wichtigen Treiber der Wärmewende werden“, sagt Florian Henle, Geschäftsführer des Ökoenergieversorgers Polarstern.

Kommt es zu einer verringerten EEG-Umlage bei Mieterstrom in 2017, wie in der EEG-Novelle angekündigt, werden auch Wärmepumpen wieder interessant für die Wärmeversorgung in Mehrfamilienhäusern.

„Die Rentabilität eines Blockheizkraftwerks oder einer Wärmepumpe kann in vielen Mehrfamiliengebäuden durch Mieterstrom gesteigert werden; sowohl im Neubau als auch im Bestand.“

Ist der Einsatz sehr effizienter Heiz- und Wärmetechnik finanziell attraktiv, motiviere das Immobilienbesitzer letztlich oft zur kompletten nachhaltigen Gestaltung der Energieversorgung eines Gebäudes, ist Florian Henle überzeugt.

Mieterstrom mit Strom und Wärme aus BHKW

Sollen Strom und Wärme bereit gestellt werden, bietet sich der Einbau eines BHKW an. Mit einem Wirkungsgrad von rund 90 Prozent sind solche Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen besonders effizient und umweltschonend.

„Ein BHKW ist prinzipiell rentabler, wenn es mit Mieterstrom betrieben wird“, erklärt Florian Henle. „Aufgrund der sinkenden Einspeisevergütung rechnet es sich zunehmend mehr, den Strom vor Ort zu nutzen als ihn ins Netz einzuspeisen.“

Im Schnitt liegt die Stromkostenersparnis mit Strom aus einem BHKW bei 20 Prozent.

Wärmepumpen in Mieterstrom-Projekten

im Neubau wird der Einsatz von Wärmepumpen immer beliebter. Laut Polarstern Energie werden fast ein Drittel aller im letzten Jahr fertiggestellten neuen Wohnungen mit einer Wärmepumpe beheizt. In neuen Mehrfamiliengebäuden sind Wärmepumpen in Kombination mit Mieterstrom wirtschaftlich in mehrfacher Hinsicht sinnvoll:

„Sie erleichtern die Finanzierung über den Zugang zu hohen KfW-Förderungen wie beispielsweise KfW40 Plus und steigern die Energiekostenersparnisse für Mieter sowie die Renditen der Immobilienbesitzer“, erklärt Florian Henle von Polarstern.

Die Kombination von PV-Anlage und Brauchwasserwärmepumpe ist besonders sinnvoll, weil der Warmwasserbedarf weitgehend unabhängig von der Außentemperatur ist. Damit kann der produzierte PV-Strom ganzjährig zum Betrieb der Wärmepumpe eingesetzt werden.

Gebäude als Energiespeicher

Im Forschungsprojekt ProShape wurde, neben der Ermittlung der Energieeinsparung durch ein intelligentes Energiemanagement in einem Gebäude mit BHKW für die Wärme- und Stromversorgung, auch der Einsatz des Gebäudes als Energiespeicher (theoretisch) errechnet. Die Speichermasse des Gebäudes sollte netzdienlich eingesetzt werden. Das heißt bei einem Überschuss an Strom aus erneuerbaren Energien im Netz, bzw. bei steigender Netzfrequenz, sollte eine Wärmepumpe Wärme in das Gebäude einspeichern, bzw. das BHKW abgeschaltet werden. Im umgekehrten Fall, sollte möglichst viel Strom aus einem BHKW ins Netz eingespeist und die Wärme im Gebäude gespeichert werden. Im Sommer könnte eine zusätzliche Kühlung mit Kompressionskälte hinzu kommen. Alle untersuchten Fälle hatten eine lokale Stromversorgung der Mieter.

Bei einer maximalen Temperaturerhöhung um ein Kelvin (also ein Grad Celsius) merken die Bewohner nichts davon. Dennoch kann ca. 16% der Heizenergie im Gebäude gespeichert werden, bei schwerer Bauweise können es auch 22 – 27% sein. Dies berichtete Prof. Sick von der HTW Berlin auf der Abschluss-Veranstaltung in der vergangenen Woche.

Diese Form des Energiespeichers fehlt übrigens noch in der Liste der Speicherformen im Blog der Next-Kraftwerke.

Mieterstrom im LuitpoldblockMieterstrom-Projekt von Polarstern im Luitpoldblock München, Foto: Polarstern

Erfahrungen von Polarstern Energie mit Mieterstrom zur Wärmewende

Nach der Pressemitteilung von Polarstern Energie aus der vergangenen Woche hatte ich Gründer und Geschäftsführer einige Fragen  gestellt zu Mieterstrom und Wärmewende:

energynet.de: Hat Polarstern Energie bereits Erfahrung mit der Verbindung der Wärme- und Stromversorgung in Mehrfamilienhäusern?

Florian Henle: Polarstern betreibt derzeit ein Mieterstromprojekt mit einer Photovoltaikanlage in Kombination mit einem Blockheizkraftwerk; weitere Projekte sind in der Umsetzung und gehen Anfang 2017 ans Netz. In einem Fall mit 300 Bewohnern wird über eine Photovoltaikanlage mit 90 Kilowatt-Peak Strom erzeugt sowie Wärme und Strom über ein Blockheizkraftwerk mit 20 Kilowatt elektrischer Leistung. Strom aus diesen Quellen wird zunächst ins Hausnetz des Gebäudes zur Versorgung der Mieter genutzt. Wird mehr Strom erzeugt als vor Ort benötigt, wird er ins öffentliche Stromnetz gespeist.

In einem weiteren Projekt, einem Neubau mit 59 Wohneinheiten, kombinieren wir eine PV-Anlage mit einer kaskadierten Wärmeversorgung über zwei Wärmepumpen. Eine Wärmepumpe wird dabei vorrangig für die Bereitstellung von Warmwasser eingesetzt, während die andere das Gebäude aufheizt. Die Photovoltaikanlage hat 98 Kilowatt-Peak Leistung. Daneben gibt es einen Batteriespeicher mit 90 Kilowattstunden und eben zwei Wärmepumpen. Das ist auch deshalb wirtschaftlich attraktiv, weil es in der Finanzierung des Neubaus den Weg für die hohe Förderung KfW 40Plus ebnet.

Kommt die reduzierte EEG-Novelle und ist sie vergleichbar mit dem reduzierten Satz, den Einfamilienhausbesitzer beispielsweise bezahlen müssen, dann rechnet sich in einigen Orten der Betrieb der Wärmepumpe mit PV-Strom einmal mehr.

Mieterstrom hilft EneV-Anforderungen einzuhalten

energynet.de: Wie ist die Reaktion der Wohnungsgesellschaften?

Florian Henle: Das Interesse der Immobilieneigentümer an Lösungen, in denen Strom- und Wärmesektor gekoppelt werden, ist groß. Das betrifft den Neubau vor allem aus Finanzierungsgründen und der Möglichkeit, die EnEV-Kriterien leichter zu erfüllen (s. obigen Beispiel). Aber auch im Bestand macht Mieterstrom für sie Sinn, weil Mieterstrom die Rentabilität des BHKWs erhöht.

energynet.de: Tritt Polarstern bei der Wärmeversorgung als Contractor auf?

Florian Henle: Das ist von Projekt zu Projekt verschieden. Wir passen uns an das jeweilige Projekt an und können jede Rolle einnehmen. Bei BHKWs macht es grundsätzlich Sinn, als Betreiber aufzutreten. Wir haben aber auch Projekte, bei denen wir die Rolle eines Contractors übernehmen.

Gute Zusammenarbeit in der Planung wichtig für erfolgreiche Mieterstrom-Projekte

energynet.de: Was sind die wichtigsten Bedingungen, damit das Angebot für alle Beteiligten (Wohnungsgesellschaft, bzw. Eigentümer, Mieter und Polarstern) wirtschaftlich attraktiv ist?

Florian Henle: Bei einer Wärmepumpe muss sich ihre Integration in ein Mieterstromangebot über die besseren Finanzierungsmöglichkeiten bei Neubauten rechnen oder ihr Betrieb mit Mieterstrom muss mit den speziellen Wärmepumpentarifen im Markt konkurrieren können. Dass kann im Zuge der geplanten EEG-Novelle in einigen Regionen erstmals der Fall sein.

Außerdem können Immobilienbesitzer mit der Sektorenkopplung die EnEV-Kriterien leichter erfüllen. Schließlich sinkt der hier im Fokus stehende Primärenergiebedarf, weil die vor Ort erzeugte Energie vom errechneten Bedarf abgezogen wird und dabei die anzurechnende Energiemenge steigt, indem sich der Direktverbrauch aufgrund der Nutzung in der Strom- als auch in der Wärmeversorgung des Gebäudes erhöht.

Besonders wichtig ist, dass alle Beteiligten, insbesondere Architekt, Heizungsbauer und TGA-Planer gut zusammenarbeiten.

BHKW rechnen sich immer bei Mieterstrom, Wärmepumpen erhöhen PV-Direktverbrauch

energynet.de: Was ist anders bei Wärmepumpen als bei BHKWs in Mieterstrom-Projekten?

Florian Henle: BHKWs rechnen sich immer im Mieterstrom. Bei Wärmepumpen kann es bis dato rein aus finanziellen Betriebs-Gesichtspunkten vielerorts attraktiver sein, diese über einen „klassischen“ Wärmepumpentarif zu versorgen.

energynet.de: Werden die Wärmeprojekte mit Strom aus PV kombiniert und welche Vorteile ergeben sich daraus?

Florian Henle: Ist es für den Betreiber wirtschaftlich sinnvoll Strom aus der Photovoltaik für den Betrieb der Wärmepumpen zu nutzen, dann wird die Wärmepumpe vollständig in das Mieterstrommodell integriert. Wärmepumpen erhöhen in diesem Fall den PV-Direktverbrauch enorm. Das gilt wie gesagt besonders für Brauchwasserwärmepumpen, da diese den Strom auch im Sommer benötigen. Bei der Kombination von PV-Anlage, Batteriespeicher und Wärmepumpe ist auf die richtige Auslegung und Steuerung des Pufferspeichers der Wärmepumpe zu achten, damit diese den auch Strom flexibel verbrauchen kann wenn.

Werden Gebäude bald zu einem wichtigen Faktor in der Energiewende?

Ich bin fest davon überzeugt, dass Gebäude eine wichtigere Rolle spielen werden in der Energiewende. Die Verbindung von Strom und Wärme zur Nutzung für Mieter kann eine der wesentlichen Faktoren sein, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Wie seht Ihr das und welche Fragen stellen sich?

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