Mieter zahlen für Merkels Klimaschutz

Einer meiner ersten Beiträge in diesem Blog handelte davon, wie wieder einmal diejenigen, die ohnehin nichts haben, zur Kasse gebeten werden sollen, die Mieter nämlich. Die müssen nämlich künftig mehr zahlen, wenn der Wohnungs- oder besser Hauseigentümer auf die Idee kommt, formal etwas gegen die Klimakatastrophe zu tun.

Wohnungen winterfest zu machen, ist prinzipiell keine schlechte Idee – ich hatte schon Wohnungen, da trieb der Wind die Schneeflocken durch undichte Fenster und die Heizungsrohre waren sinnvollerweise – ohne Isolierung versteht sich – an der äußeren Seite der Hauswand entlang geführt. Eben in jeder Wohnung strich der Hauseigentümer auch fette Subventionen der Bahn ein, weil die damals neue ICE-Trasse am Haus vorbei führte, das eigentlich mit Schallschutzfenstern ausgerüstet werden sollte. Die bekamen wir natürlich nicht – aber den ICE hörten wir ohnehin kaum, weil auch ein sechspuriger Autobahnzubringer am Haus vorbei führte. Den Verkehr dort hörten wir sehr wohl, aber das interessierte niemanden. In einer Universitätsstadt ist die Konkurrenz groß, entsprechend muss, wer wohnen will, auch leiden. Die Wohnung war nicht einmal besonders billig. Aber sie lag verkehrsgünstig, im wahrsten Sinne des Wortes.

Achtung Baustelle!

Die Regierung beschließt mal wieder Mieterhöhungen.


Aber ich schweife ab, eigentlich ging es ja um die energetische Sanierung, die wir uns damals, insbesondere im Winter, sehr gewünscht hätten. Es war ein wenig wie in den Erzählungen meiner Eltern, die in den späten 1930er Jahren geboren, den 2. Weltkrieg und die Nachkriegszeit auf dem Lande erlebten, in Landhäusern ohne Zentralheizung, wo das Wasser im Winter in der Spülschüssel gefror.

Als Kind, das in zentralgeheizten Neubauwohnungen aufwuchs, war es für mich ein Abenteuer, im unsanierten Altbau zu wohnen. Nacht für Nacht wuchs die Eisschicht auf meinem Fenster, tagsüber konnte ich kaum hinaus sehen. Da ging ich schon zur Uni um im Hörsaal aufzutauen. Endlich lernte ich die Wollpullover, die meine Mutter für mich strickte, zu schätzen, ich trug mehrere übereinander. Wir zogen die Winterstiefel auch in der Wohnung nicht aus. Ein Schaffellmantel entpuppte sich als segensreiches Geschenk, denn er taugte auch als zusätzliche Bettdecke. Plötzlich fand ich auch die Erfindung der Nachtmütze nicht mehr lächerlich. Derart vorbereitet konnten mich wenige Jahre später auch die Ostberliner Altbauwohnungen nicht mehr schockieren – das kannte ich ja alles schon aus Westdeutschland. Nur dass man mit den guten Ost-Kachelöfen die Wohnung tatsächlich auch warm bekam! Und das bei erträglichen Mieten.

Heute gibt es kaum noch Wohnungen mit Ofenheizung, dafür aber auch kaum noch welche, die bezahlbar sind. Wer wohnen will, aber kein eigenes Haus hat, ist zur Ausplünderung freigegeben und es wird noch schlimmer: Heute findet im Bundestag die zweite und dritte Lesung des im Mai beschlossenen Mietrechtsänderungsgesetzes statt. Die Änderungen gehen selbstverständlich durchweg zulasten der Mieter und begünstigen die Hausbesitzer: Kommt ein Vermieter auf die Idee, sein Haus energetisch aufzupeppen, müssen die Mieter während der Baumaßnahmen Dreck und Lärm ertragen ohne deshalb die Miete mindern zu können. Das reicht aber noch nicht: Der Hausbesitzer kann die Miete natürlich erhöhen, denn irgendwer muss die Baumaßnahmen ja bezahlen. Angeblich rechne sich das am Ende für den Mieter, der ja künftig Energiekosten spare.

Wobei die Energiepreise ja dermaßen steigen, dass ein bisschen Isolierung hier und ein neues Fenster dort das kaum auffangen werden. In der Regel werden solche Maßnahmen ja so schlecht gemacht, dass die Wohnung am Ende ständig gelüftet werden muss, damit man nicht am Schimmel stirbt, so dass noch mehr zum Fenster raus geheizt wird als zuvor. In einer meiner Wohnungen wurden dann in die wunderbar dichten neuen Fenster später wieder Rillen zur Zwangsbelüftung gefräst, weil trotz großzügiger Beheizung und Lüftung immer wieder Schimmel auftrat – das hat sich energetisch nicht die Bohne gerechnet, aber alles sehr viel teurer gemacht. Und weil klar ist, dass zahlreiche Mieter angesichts der weiterhin steigenden Mietkosten irgendwann die Miete nicht mehr zahlen können, soll es den Vermietern leichter gemacht werden, säumige Mieter aus der Wohnung zu werfen. Wenn sich die Regierungskoalition schnell durchsetzt, kann das Gesetz bereits am 1. März kommenden Jahres in Kraft treten. Vielleicht sind dann zum nächsten Herbst schon energetisch hochproblematische Zeltlager an den Stadträndern zu sichten, in denen sich die energentrifizierten Exmieter sammeln, weil sie sich die Klimaschutzmaßnahmen ihrer Vermieter nicht mehr leisten können.



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