Metro Exodus im Test – STALKER: Call of Russia

Mehr oder weniger altmodische, storylastige Shooter haben es heutzutage nicht leicht. Erst Recht nicht ohne Multiplayer, am besten gleich samt Battle Royale Modus. Ändert ein Entwickler dann noch elementare Teile des Spielablaufs, dann könnte das vollends in die Hose gehen. Genau das haben 4A Games bei Metro Exodus gemacht. Waren die beiden ersten Teile, von gelegentlichen Abzweigungen mal abgesehen, strikt linear wirft uns die neueste Episode raus aus der Metro und immer in weitläufige Levelareale. Ob das gut geht?

Funktstille

Achtung Spoiler! Wer nichts über die Handlung erfahren will sollte den folgenden Abschnitt überspringen.

Metro Exodus im Test – STALKER: Call of RussiaMetro Exodus knüpft an das Gute der beiden Enden von Last Light an. Artjom ist mit Anna zusammen, versucht aber immer wieder, mit der Welt außerhalb von Moskau Kontakt aufzunehmen. Bei einem gemeinsamen Trip an die Oberfläche von Moskau entdecken die beiden einen Zug. Und werden direkt darauf von einer Gruppe geschnappt, die anscheinend zur Hanse gehört. Mehr noch, besagter Trupp hat zwei Gefangene von Außerhalb, die allerdings beseitigt werden sollen. Es kommt wie es kommen muss, auch wenn Artjom die Exekution nicht verhindern kann finden wir ziemlich schnell heraus, dass ein mysteriöses Kommando von Moskau die Stadt per Störsender von der Außenwelt abgeschirmt hatte. Zusammen mit einem Lokführer können wir dessen Gefährt unter unsere Kontrolle bringen, und stoßen überraschend auf Oberst Miller, Annas Vater. Der alte Militär Haudegen weiß seit kurzer Zeit von der Abschottung, war sich aber längst nicht über die gesamte Tragweite bewusst. Er dachte, das Kommando wolle Moskau nur vor ‚dem Feind' verstecken, da der Krieg nie beendet worden wäre und Russland besetzt sei. In der Metro droht uns nun der Tod durch das Stadtkommando, also beginnt nun unsere Reise durch das weite Russland. Dabei treffen wir unter anderem auf religiöse Fanatiker an der Wolga, die Elektrizität und komplexe Technik für das Böse halten, ehemalige Arbeiter und Soldaten, die zu brutalen Kannibalen degeneriert sind, oder einem Waldstamm, die als Kinder von seinem Lehrer auf ein Leben in der Wildnis vorbereitet wurden und zur Zeit der Atomschläge nur aus Kindern bestand, die ganz einfach gerade sehr abgelegen von allem Übel waren.

Metro Exodus im Test – STALKER: Call of Russia

Am kaspischen Meer treffen wir auf eine an Mad Max erinnernde Welt, in der die ehemaligen Ölbohrarbeiter sich zuKriegern und Herrschern aufgelehnt haben und die lokale, eher asiatischstämmige Bevölkerung sich Untertan gemacht haben. Das mag man sogar als Verweis auf russischen Alltagsrassismus verstehen, denn selbst in der Sowjetunion soll die Sichtweise, dass Slaven besser sind als Kasachen oder Kirgisen bei manchen Menschen verbreitet gewesen sein.

Dabei sind wir immer auf der Suche, nach der Regierung, nach einem neuen Zuhause, vielleicht auch einfach nach guten Menschen. Und letztere treffen wir neben all den Übeln auch immer wieder. Wie es im Spielverlauf mit ihnen weiter geht liegt allerdings oft auch an Artjoms Verhalten. Ob etwa Krankenschwester Katja und Tochter Nastja Teil des Teams werden, das oder einer unserer Spartanerfreunde stirbt, das kann durchaus an unserer Spielweise liegen.

Offen aber nicht zu offen

Metro Exodus im Test – STALKER: Call of RussiaNach den ersten, räumlich eingeschränkten Passagen in der Metro ist die verschneite Wolga ein wirklich weitläufiges Areal. Tatsächlich kann Artjom hier weitgehend frei erkunden, abseits der eigentlichen Mission Nebenaufgaben erledigen oder womöglich sogar zufällig über Sidequests stolpern. In der Spielweise sind wir dabei meist ziemlich frei. Auch wenn Metro im Kern ganz klar ein Shooter ist, neben Rambomanier, und Stealthkiller kann man sich auch oft gewaltfrei durchschleichen. Tatsächlich passiert es immer wieder mal, dass keine Gegner zu töten die mit Abstand beste Methode ist. Auch viele Nebenaufgaben lassen sich so effektiv lösen. Einen Teddybär aus dem Nest eines Dämonen (bzw. Gargoyle) retten? Geht heimlich im Dunklen am leichtesten. Nebenbei reagieren etwa Riesenspinnen auf Licht, sie können sogar davon getötet werden. Dummerweise lockt unsere Lampe andere Gegner eher an. Natürlich kann man sich auch immer wieder einfach durchballern. Artjom ist allerdings weder besonders schnell unterwegs, noch hält er allzu viel aus. Für offensive Spielweisen sollte man also die Umgebung und sein Waffenarsenal clever nutzen. Zwischen den offenen Levels finden sich aber auch wieder lineare Passagen. Etwa ein Ausflug in einen Bunker, der teils deutlich an D6 aus Metro 2033 erinnert.

Die Mischung aus offenen und geschlossenen Bereichen, die man sich weitgehend ohne Zwänge erspielen kann erinnerte mich dabei am ehesten an eine Mischung aus Metro und der STALKER Reihe. Allerdings kommt Exodus verglichen mit STALKER fast ohne Backtracking aus. Leider liegt beim Gunplay, zumindest auf Konsole, einer der Schwachpunkte von Metro Exodus. In Verbindung mit der leicht trägen und nicht immer so genauen Steuerung trifft man gerade auf große Distanzen Gegner manchmal ziemlich schlecht. Vor allem, wenn sie sich plötzlich hektisch bewegen, was ab und an vorkommt. Es ist zwar kein Totalausfall, trennt die Ballereinlagen auf Konsole aber deutlich von den Gerneprimussen.

Metro Exodus im Test – STALKER: Call of RussiaDazu gesellen sich zwei, drei Stellen im Spiel mit einem unklaren Trigger, wie der Kampf gegen ein bestimmtes mutiertes Tier und einige Stellen, in denen unser an sich praktischer Kompass keinen sinnvollen Weg anzeigt.

Praktisch, dank speziellem Rucksack haben wir nach kurzer Spielzeit immer eine Werkbank Light mit dabei. Aus den zwei unterschiedlichen Baumaterialien die wir finden, kann man so jederzeit Medipacks, Gasmaskenfilter oder Munition für das Druckluftgewehr Tihar bauen und auch die Waffen modifizieren. Waffen reinigen oder auswechseln, die Rüstung modifizieren oder normale Munition bauen, können wir aber nur an großen Werkbänken.

Etwas unpraktisch ist die Steuerung, welche ziemlich vollgepackt ist. Viele Tasten sind doppelt belegt. So liegen Karte und Fotomodus auf einer Taste, die man für die Karte kurz und für den Fotomodus lange drücken soll. Das gleiche gilt z.B. für Lampe und Ladegerät oder Waffenwahl und Wurfwaffe. Metro Exodus stellt hier zwar nicht gerade unlösbare Aufgaben, ab und an landet man aber so beim falschen Objekt respektive Menü.

Clever, das HUD wird nur bei Bedarf eingeblendet. Brauchen wir aber meist eh nicht. Sichtanzeige, Uhr für die Gasmaskenfilter, Richtungskompass, all das trägt Artjom am linken Arm. Und wenn wir stärker verletzt sind färbt sich die Bildschirmoberkante eh rot.

Mach doch was du willst

Metro Exodus im Test – STALKER: Call of RussiaDu willst eine Nebenquest? Dann hör doch zu. Spartaner und andere NPC's erzählen uns allerhand. Ob aus ihrem eigenen Leben oder wo eine Gitarre für Kumpel Stepan zu finden wäre. Wer durch Metro durchrennt verpasst deswegen verdammt viel. Das gilt auch für Tonaufzeichnungen und geschriebene Texte, die sich leicht verpassen lassen. Die volle Story entfaltet sich also nur, wenn wir uns auch mal Zeit lassen. Solche Entschleunigung ist man heutzutage fast nicht mehr gewohnt, in Verbindung mit den auch auf Deutsch gut vertonten NPC's kann es aber wirklich Spaß machen, interessant oder sogar emotional packend sein, einfach zuzuhören. Das gilt übrigens manchmal auch für (vermeintliche) Gegner. Welche Ziele und wie man sie angeht, dabei lässt Metro Exodus einem, wie oben gesagt, meist freie Wahl. Im Prinzip reicht es oft, das richtige Element zu triggern, der Weg dorthin ist erstmal nebensächlich. Allerdings haben wir es wie gesagt auch in der Hand, ob etwa Spartanerkumpel Duke stirbt und ganz allgemein, welche Art von Abdruck wir in der Welt hinterlassen. Ausnahmen gibt es nur selten. In einem Level müssen wir uns schlicht durchkämpfen, aber selbst hier kann man oft heimlich, still und leise töten. Die meiste Zeit sind unsere spielerischen Freiheiten aber ziemlich groß. Eine richtige oder falsche Spielweise gibt es dabei auch nicht, unsere Taten haben schlicht Folgen für unser Umfeld. Und vielleicht auf das Spielende.

Schicke Postapokalypse

Metro Exodus im Test – STALKER: Call of RussiaSoundseitig macht Metro Exodus wirklich nichts falsch. Auch die deutschen Sprecher machen einen guten Job, netterweise ganz ohne Fakeakzent. Die musikalische Untermalung, auch durch Ingame Lieder, passt sehr gut ins Szenario, bestenfalls über Kleinigkeiten wie abwechslungsarme Schrittgeräusche könnte man hier meckern. Auch doof, Artjom selbst ist im Spiel nicht vertont. Das nimmt manchen Szenen auch einiges an Kraft. Dafür gibt es unter anderem Dolby Atmos. Etwas zwiespältiger sieht es auf technischer Seite aus. Dabei sieht das Spiel an sich wirklich gut aus. Gerade die Lichteffekte und Lichtstimmungen sind oft einfach großartig, die Charaktere gelungen modelliert, die Welt detailreich. Und auch die Bildrate bleibt konstant. Wo also liegen die Schattenseiten? Da wäre die dynamische Auflösung. Die ist eigentlich eine feine Sache. Selbst auf der schwachen Standard Xbox One läuft Metro Exodus flüssig. Stellenweise wird es aber auch dermaßen unscharf, dass man ernsthaft Auflösungen der Marke 480p vermuten könnte. Solche Momente sind zwar eher selten und von der Region abhängig, Basiskonsolen kommen aber definitiv an ihre Grenzen. Auch Kleinigkeiten wie spät einblendende Vegetation gibt es immer wieder. Dazu gesellen sich gelegentliche Matschtexturen und der ein oder andere qualitativ abfallende Effekt. Schließlich und endlich werden die Animationen den tollen Charaktermodellen nicht wirklich gerecht. Hier trennt Metro leider ein ganzes Stück von den großen, westlichen Titeln. Auch wenn man gegenüber den Vorgängern noch mal deutlich zugelegt hat. Positive Kleinigkeit, Artjom besteht nicht aus fliegenden Armen sondern hat einen animierten Körper, und das nicht nur bei Kletter- und Rutscheinlagen.

Angenehm altmodisch

Metro Exodus im Test – STALKER: Call of RussiaJa, Metro Exodus hat so seine Macken. Gleichzeitig ist es eine Art First Person Shooter, die heute kaum noch gebaut wird. In manchen Punkten kommt das aktuelle Wolfenstein dem noch am nächsten, in anderen Belangen geht Metro Exodus ganz eigene Wege. Komplett gescriptete Passagen wie sie heute Gang und Gäbe sind darf man abseits von Dialogen mit der Lupe suchen und selbst hier kann man oft einfach von Gesprächspartnern weggehen. Auch die offenen Areale haben in der Form wenig direkte Konkurrenz. Füller wie die obligatorischen Sammelaufgaben sucht man vergebens. Trotzdem freut man sich über jede Notiz und jedes Tonband, einfach weil die Infos daraus wirklich interessant sind, oder wirklich bewegend von Schicksalen künden. Dinge wie ‚der Feind' an den sich die alte Garde des Militärs klammerte bleiben dabei angenehm ominös. Nicht der Feind hat Bedeutung sondern die blinde Fixierung darauf und auf die Vergangenheit, statt auf Dinge wie Wiederaufbau und Zukunft zu setzen. Solche Momente und viele Begegnungen lassen durchaus ungewohnt viel Interpretationsraum für einen Shooter. So ganz nebenbei kann man obendrein auch auf normalem Schwierigkeitsgrad sehr schnell abnippeln. Etwas das man kaum noch gewohnt ist.

Fazit

Unterm Strich ist Metro Exodus damit kein Spiel für Jedermann. Wer gerne alles vorgekaut und serviert bekommt oder alles auf der Map angezeigt haben will, der ist hier tatsächlich ebenso falsch wie Fans von völlig geradlinigen Ballereien. Alle anderen dürfen ruhig einen Blick aus der Metro raus und in die Weite Russlands riskieren, trotz und vielleicht auch gerade wegen der Ecken und Kanten.

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