Merkel nach Den Haag!

Wir brauchen einen neuen Straftatbestand. Der Völkermord kann nicht mehr nur als unmittelbar verordnete Handlung angesehen werden, sondern seine Begriffsdefinition bedarf dringend der Überarbeitung. Ein Völkermord, der nicht direkt tötet, nicht selbst Hand anlegt oder Order erteilt, sondern im indirekten Vorsatz Leid und Tod über Völker ausschüttet, muss Aufnahme ins genozidale Repertoire finden. Und die Regierung Merkel hat vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu landen.
Wer "Mitgliedern [von] Gruppe[n] schwere körperliche oder seelische Schäden […] zufügt", macht sie des Straftatbestandes des Völkermordes schuldig. So liest man das heute schon in der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes. In der steht über die indirekte Vermittlung von Zuständen, die einen genozidalen Charakter annehmen, reichlich wenig. Zwar wird die Unmittelbarkeit des Völkermordes nicht ausdrücklich erwähnt, aber sie läßt sich doch erahnen. Es sind Gruppen oder Regierungen gemeint, die den Genozid verordnen und absegnen, die zwar nicht mittelbar selbst morden, aber im linearen Verwaltungsakt töten lassen bzw. alles dafür arrangieren, dass Strukturen entstehen, die dem Ethnozid gleich noch genozidalen Auswuchs versprechen.

Über die Motive des Völkermordes liest man in der Konvention wenig. Sie sind für eine dann hoffentlich tätig werdende Gerichtsbarkeit nicht von Belang. Aber warum gehen wir fast automatisch davon aus, dass Völkermorde immer das Produkt einer rassistischen Ideologie sein müssen? Weil noch alle von den Vereinten Nationen anerkannten Völkermorde ideologischem Rassismus geschuldet waren? Gute Kriminalisten und Juristen wissen hingegen, dass es Motive für jede Lebenslage gibt.
Ist dieser Kapitalismus, der Sparsamkeit und Enthaltsamkeit predigt und radikal durchsetzt, nicht auch Ideologie und somit Motiv? Nach der steigt die Kinderarmut in Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal und Zypern ins Unermessliche. Etwa 50 Prozent aller Griechen sind nicht mehr krankenversichert; und wenn sie es doch sind, haben sie die Möglichkeit Ärzte aufzusuchen, die keine Impfstoffe vorrätig haben oder dürfen Apotheken betreten, die ihnen keine Medikamente mitgeben können. Die Selbstmordraten in den Krisenländern sind seit Beginn des Spardiktats massiv gestiegen. Um weiterhin Sozialhilfe beziehen zu können und nicht völlig ohne finanzielle Mittel dazustehen, infizieren sich viele Griechen absichtlich mit dem HI-Virus. Undundund. Die große europäische Depression füllt immer wieder Berichte mit neuem Schauer.
Ist all das kein Völkermord? Sicher, er wird schön gedeckt, die westlichen Medien schreiben beispielsweise, die Selbstmordrate steige wegen der Wirtschaftskrise an. Wegen der Wirtschaftskrise! Nicht etwa wegen einer Sparpolitik, die alle sozialen Aspekte aufgedröselt hat? All das ist ein Völkermord auf Basis des Schwäbischen Hausfrau-Theorems, wie es Schäuble und Merkel als Allegorie favorisieren. Es ist ein ideologisch motiviertes Inkaufnehmen von genozidalen Ergebnissen, die nicht unmittelbar im deutschen Finanzministerium entworfen und gefordert werden, die man jedoch dagegen eiskalt in Kauf nimmt.
Der durch finanzielles Halseisen tolerierte Völkermord, der auf Umwegen entsteht und hingenommen, der dann auch noch forciert wird durch weitere Maßnahmen ähnlicher Gesinnung, gehört als indirekter Völkermord auf die Agenda, muss als Straftatbestand anerkannt werden. Das große Verrecken an Europas Peripherie, das langsame durch Vegetieren ebenso wie das schnelle durch Erhängen, ist keine Schicksalsfrage ohne Initiator, kein natürlicher Prozess ohne Schuldigen. Es ist ein genozidaler Ethnozid, der mit der Hilfe von europäischen Organisationen umgesetzt wird und ideologisch an der herrschenden Ökonomie festgesaugt ist. Der Völkermord ist fürwahr nicht das Ziel dieser Politik, aber auch kein Grund, diese "alternativlose Politik" abzulösen und Linderung zu verschaffen.
So alternativlos diese Politik des indirekten Völkermordes an Europas Grenzen ist, so alternativlos war noch jeder Völkermord aus Sicht der Mörder. Merkel und ihre Entourage brauchen keinen Friedensnobelpreis, kein Lob für starke europäische Integrationspolitik oder den Karlspreis (den Merkel und Schäuble schon haben), sondern einen ihnen vorgesetzten Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag.

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