Menstrual leave – die wichtigsten Fakten rund um den Menstruationsurlaub

Menstruationsurlaub ist die Möglichkeit einer menstruierenden Frau bezahlten oder unbezahlten Urlaub von einer Beschäftigung zu nehmen, wenn sie nicht zur Arbeit gehen kann. Das ist jedoch in keiner Weise Urlaub im herkömmlichen Sinne. Es handelt sich um Krankenstandstage, die Frauen ohne einen speziellen Grund dafür angeben zu müssen, in Anspruch nehmen können. Wer Regelschmerzen kennt, die so stark sind, dass man sich nur zusammenkrümmen und keinen klaren Gedanken mehr fassen kann, ist hier besonders angesprochen.

Zum ersten Mal wirklich eingefordert wurde der „menstrual leave“ – auch Menstruationsurlaub genannt –  in den 1920er und -30er Jahren im asiatischen Raum, als junge Fabriksarbeiterinnen mit schwierigen Arbeitsbedingungen zu kämpfen hatten.
Doch wozu brauchen wir  überhaupt einen Menstruationsurlaub und in welchen Ländern gibt es entsprechende Gesetze?

Doch wozu brauchen wir  überhaupt einen Menstruationsurlaub und in welchen Ländern gibt es entsprechende Gesetze?

Wozu Menstruationsurlaub?
Bei zahlreichen Frauen geht die Periode mit Beschwerden einher. 30 bis 50 Prozent aller fruchtbaren Frauen leiden jeden Monat unter starken, krampfhaften Kontraktionen der Gebärmutter bzw. anderen Symptomen. Rund 15% aller Frauen sind vom Krankheitsbild Endometriose betroffen, die einen normalen Alltag einmal im Monat unmöglich macht.  Der Menstruationsurlaub soll Frauen die Möglichkeit geben, ohne Ausreden wir z.B. Magen-Darm-Grippe zu Hause zu bleiben. Gerechtfertigt wird er auch mit einer erhöhten Produktivität am Arbeitsplatz.

Menstrual leave – die wichtigsten Fakten rund um den Menstruationsurlaub

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Wo gibt es Gesetze bzw. Diskussionen?

Länder mit theoretischem (gesetzlich verankertem) Menstruationsurlaub sind Südkorea, Taiwan, Japan, Indonesien, Zambia und seit Kurzem auch China.

In Japan begannen bereits in den 1920er Jahren Gewerkschaften für ihre weiblichen Arbeiter Urlaub (seiri kyuka) zu verlangen. 1947 trat schlussendlich ein Gesetz in Kraft, das es menstruierenden Frauen gestattet, während ihrer Tage Urlaub zu nehmen. Im Japanischen Arbeitsgesetz heißt es, dass eine Frau, für die die Arbeit während der Regelblutung besonders schwierig ist, an den Tagen der Menstruation vom Arbeitgeber nicht beschäftigt werden soll. Es beinhaltet jedoch nach wie vor keine Richtlinien über Anzahl der Tage bzw. mögliche Bezahlung.
In Indonesien haben Frauen nach dem Arbeitsgesetz von 1948 theoretisch das Recht auf 2 Tage Menstruationsurlaubs pro Monat. Leider ignorieren einige Firmen das Gesetz.
In Südkorea sind weibliche Arbeitnehmer nach Artikel 71 des Arbeitsgesetzbuchs zum Menstruationsurlaub berechtigt bzw. zu einer zusätzlichen Entlohnung, wenn sie  diesen nicht in Anspruch nehmen.
In Taiwan garantiert das „Gesetz der Gleichstellung der Geschlechter in der Beschäftigung“ den weiblichen Arbeitskräften drei Tage Menstruationsurlaub pro Jahr, zusätzlich zu den 30 Tagen des halb bezahlten Krankenstandes, der allen ArbeitnehmerInnen zugewiesen wurde.
Neu ist, dass Frauen in der zentralen chinesischen Provinz Anhui ab März 2017 1-2 Tage mit einem medizinischen Attest Urlaub nehmen können. Implementiert war dies bereits in den Provinzen Hainan und Hubei.

In Russland scheiterte eine Initiative zum „Menstruationsurlaub“ im Jahr 2013.

In Australien forderte 2005 die Gewerkschaft eines Toyota-Werks jährlich 12 Tage bezahlten Sonderurlaub für Frauen. Sie argumentierten damit, dass es den Arbeiterinnen unter Schmerzen nicht möglich sei, am Fließband zu stehen. Das wurde abgelehnt.

In Italien wird seit kurzer Zeit ein Gesetzesentwurf der demokratischen Partei besprochen. Sie fordern, dass Frauen mit starken Regelschmerzen bis zu drei Tagen im Monat zu Hause zu bleiben können und weiterhin bezahlt werden. Betroffenen Frauen müssten nur ein Mal im Jahr zum Arzt gehen und ein Attest machen lassen.

In Deutschland und Österreich existieren bisher weder Initiativen noch erwähnenswerte Diskussionen. Mit dem Arbeitsrecht in unseren Breitengraden können Frauen entscheiden, ob sie 1-2 Tage krank zu Hause bleiben bis sie ein Attest brauchen oder zu Schmerzmitteln greifen.

Unternehmen setzten eigene Maßnahmen um

Zwei Unternehmen, die eigene Richtlinien festgelegt bzgl. Menstruationsurlaub haben, sind Nike und Coexist. 2007 wurde bei Nike die „Beurlaubung“ für Frauenmit Regelschmerzenweltweit in den Unternehmensrichtlinien festgelegt und gilt auch für Subunternehmen des Konzerns. Coexist, eine Eventfirma in Bristol führte eine „Period Policy“ ein, um Frauen mehr Flexibilität zu geben und ein glücklicheres und gesünderes Arbeitsumfeld zu schaffen. Einmal im Monat dürfen Frauen offiziell krank zu Hause bleiben. Die Firma fordert die Anerkennung als Krankheit.

Ein kontroverses Thema, das viele Fragen offen lässt

Der gesetzliche Menstruationsurlaub ist nach wie vor ein viel diskutiertes Thema, das auch aus feministischer Sicht oftmals kritisch beäugt wird. Befürworter sehen den großen Vorteil bezüglich einer erhöhten Produktivität am Arbeitsplatz und Milderung von gesundheitlichen Beschwerden. Aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive haben Regelschmerzen tatsächlich große ökonomische Auswirkungen. Alleine für Europa werden die Kosten, die der Wirtschaft durch die Krankheit Endometriose entstehen, jährlich auf 30 Billionen Euro geschätzt.

Für Gegner wiederum ist das Thema ambivalent. Wird der Zugang zum Arbeitsmarkt für Frauen schwieriger aufgrund eventueller Mehrkosten für Arbeitgeber? Ist der Urlaub ein Rückschritt der Emanzipation? Nehmen Frauen ihn wirklich in Anspruch? Haben Frauen keine Angst vor einer Kündigung? Ist der reguläre Krankenstand nicht ausreichend? Will ich, dass mein Arbeitgeber über meine Menstruationsbeschwerden Bescheid weiß? Ist es ein richtiger Schritt in die Richtung, die Enttabuisierung von Menstruation endlich voran zu treiben?

Menstruationsurlaub_web

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Menstruationsurlaub: ein wichtiger Schritt für den Tabubruch?

Wir von der erdbeerwoche sind davon überzeugt, dass das Tabu Menstruation nur dann endgültig gebrochen werden kann, wenn das Thema in seiner gesamtgesellschaftlichen Bedeutung wahrgenommen wird. Das bedeutet einerseits, dass sich Frauen über ihr konsumtechnisches Potenzial von weltweit mehr als 45 Milliarden Hygieneprodukten bewusst werden.

Andererseits heißt das auch, dass die Auswirkungen von Menstruation auf die Gesundheit von Frauen (und damit auch das Weiterbestehen einer Gesellschaft) sowie die ökonomischen Effekte von Menstruation auf die Wirtschaft ernst genommen werden. Dazu gehört die Forderung der Senkung der Umsatzsteuer auf Monatshygiene und eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Regelschmerzen. Krankenstandstage, die durch starke Menstruationsbeschwerden entstehen, sollen ohne die Stigmatisierung von Frauen möglich sein. Ob das durch ein Attest ermöglicht wird oder durch zusätzliche Tage Urlaub muss in einem politischen Rahmen diskutiert werden – ohne Tabus!

Wie stehst du zu diesem Thema? Schreib uns an info(at)erdbeerwoche.com oder poste deine Meinung unter diesen Kommentar oder auf Facebook.

Und vergiss nicht: Es ist deine Regel und dein Planet!

Deine erdbeerwoche-Botschafterinnen

Annemarie und Bettina

Quellen:

http://venturesafrica.com/nigerian-women-need-menstrual-leave/

https://en.wikipedia.org/wiki/Menstrual_leave

http://www.dailymail.co.uk/health/article-2857096/Forget-maternity-leave-women-PAID-menstrual-leave-month-men-just-lump-leading-doctor-claims.html

https://www.welt.de/wirtschaft/article152841170/Sollten-Frauen-lieber-frei-oder-ein-Attest-bekommen.html

http://www.china.org.cn/china/2016-02/16/content_37800348.htm

http://medicalforum.ch/docs/smf/archiv/de/2008/2008-30/2008-30-158.pdf



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