Menschenrechte wiegen schwerer als Nuklearforschungsdiskussionen

Menschenrechte wiegen schwerer als Nuklearforschungsdiskussionen

09.04.2010Artikel zu Iran Politik & Gesellschaft erstellt von Helmut N. Gabel

Von den verpassten Chancen den Menschen im Iran zu helfen und den zukünftigen Hebeln der westlichen Politik

Menschenrechte wiegen schwerer als Nuklearforschungsdiskussionen

Wir verpassen Chance um Chance den Menschen im Iran zu helfen. Stattdessen nutzt Präsident Ahmadinedschad jedes Interview mit westlichen Journalisten, um die "Marke" Islamische Republik Iran gewitzt zu verteidigen und als Retter der "Kleinen" zu präsentieren. Das Interview von Antonia Rados mit Präsident Ahmadinedschad, das am 08.04. 2010 auf RTL ausgestrahlt wurde, ist das letzte Beispiel, wie die einseitige Fokussierung der Journalisten auf das Atomprogramm und das Verhältnis des Regimes im Iran zu Israel zu einem "Home-run" für das Regime wird. Durch solche Interviews stärken die westlichen Journalisten Ahmadinedschad den Rücken im Iran. Warum? Die Machtkämpfe innerhalb der politischen Elite im Iran, die Proteste auf der Strasse, das bekannt werden von Folterungen, Vergewaltigungen und Willkür in den Gefängnissen, die vielen Todesurteile haben die Position des Präsidenten im Land geschwächt. Dieses Interview war für ihn eine willkommene Gelegenheit sich als freundlicher, gütiger Mann zu zeigen, der jedem Angriff die Stirn bieten kann. Er unterscheidet zwischen Politikern im Westen und der Bevölkerung, zwischen Zionisten und den Menschen im Westen und solidarisiert sich scheinbar mit den Menschen im Westen. Durch solche Steilvorlagen macht er sich für das gesamte Herrschaftssystem im Iran unverzichtbar. Mit dieser Taktik nach Außen ein gütiges, freundliches und zuvorkommendes Gesicht zu zeigen, arbeitet das Regime schon seit 31 Jahren. Was hinter der Maske der Freundlichkeit, hinter den Türen des von manchen Irankennern als religiös-faschistischen Regime bezeichneten Vorderbaus geschieht, wird der Welt gerne vorenthalten. Den Umgang des Regimes mit ethnischen und religiösen Minderheiten im eigenen Land thematisieren Amnesty International, Human Rights Watch oder die IGFM, aber in der Agenda der großen Politik sind die Menschenrechte noch zu wenig verankert. Die Fokussierung auf die Atomforschungen des Irans sind eine Sackgasse, die nicht weiter führen wird. Obwohl tatsächlich eine reale Gefahr von dem Erreichen von waffenfähigem Material ausgeht, wird es keinen Erfolg bringen mit Vertretern des Regimes immer wieder darüber zu verhandeln. Die Gefahr liegt in den in der Verfassung der IRI festgehaltenen Zielen der Missionierung der gesamten Welt und in der Tatsache, dass die Entourage von Präsident Ahmadinedschad einer Sekte von Messianikern angehört, die mittels Gewalt und Blutvergießen die Wiederkehr des 12. Imams erzwingen wollen.

Unterdrückung von Minderheiten
Christliche Konvertiten, Baha'i, Sunniten und Sufis (Gnostiker und Mystiker des Islams) werden als Feinde des Herrschaftsprinzips des Obersten Führers, Velayat-e-faghi, betrachtet und sehen sich immer wieder Verfolgungen ausgesetzt. Pfarrer von Hauskirchen verschwinden, Baha'is wird vorgeworfen Spione Israels zu sein, weil ihr Haupttempel in Haifa, Israel steht, Sunniten glauben nicht an die Wiederkehr des 12. Imams und Sufis deuten die Wiederkehr als inneres Geschehen, wie auch christliche Mystiker von der Wiederkehr des Christus im eigenen Herzen sprechen.
Sufi Derwische werden seit der Machtübernahme Ahmadinedschads vor vier einhalb Jahren verfolgt und ihre Versammlungshäuser gewaltsam geschlossen. Dem Regime passt es nicht, dass sie vor allem von jungen Menschen Zulauf bekommen. Es gibt im Iran an die 20 Millionen Sufi-Derwische, die in verschiedenen Orden organisiert sind. Sie haben eine lange Tradition im Land und zeichnen sich durch Toleranz und Friedfertigkeit aus. 
Zuletzt wurde in Behbahan, einer Stadt in der südiranischen Provinz Khusistan, der Leiter des örtlichen Sufi-Ordens zum Notar einbestellt und gezwungen ein Papier zu unterzeichnen, in dem er sich verpflichtet keine Treffen mehr abzuhalten. Das Versammlungshaus wurde geschlossen. Zuvor haben Vertreter des Regimes Versammlungshäuser auf der Insel Kish, in Boroujerd, in Karadsch, in Isfahan, in Qom und an anderen Orten schliessen lassen oder gleich mit Bulldozern abreissen lassen. Wer sich protestierend in den Weg stellte wurde niedergeknüppelt, verhaftet oder aus der jeweiligen Stadt verbannt.

Präsident Ahmadinedschad will säubern

Es gibt genügend Beispiele von Menschen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen wollen und Präsident Ahmadinedschad lügen strafen, wenn er behauptet, dass der Iran das freieste Land auf der Welt sei. Diese Beispiele müssen mehr Gewicht bekommen in Gesprächen mit Vertreternn des Regimes. Warum scheut sich die Politik so sehr davor den Menschenrechten mehr Gewicht einzuräumen? Hat Ahmadinedschad etwa Recht, wenn er sagt der Westen müsse erst seine eigenen Menschenrechtsprobleme lösen bevor er mit dem Finger auf den Iran zeigt? Welcher Geschäftsmann wagt es bei "Big deals" mit dem Iran die kulturellen Verdienste, die Schönheit der Landschaft, die Gewieftheit der Menschen und andere Vorzüge der Iraner zu nennen und gleichzeitig die Brutalität der Machthaber zur Sprache zu bringen? 
Das Regime im Iran mit seinem Markenzeichen Ahmadinedschad will geschlossenen ideologischen Gehorsam. Es intensiviert seine Bemühungen Andersdenkende zum Schweigen zu bringen oder aus der iranischen Gesellschaft auszuradieren. Wenn die Menschen die dieser Drangsal ausgesetzt sind, klare Unterstützungssignale aus dem Westen erhalten und sicher sein können, dass der Westen nicht eine eigene geheime Agenda verfolgt den Iran in seine Klauen zu bekommen, werden sie selbst für einen freien und friedlichen und selbstbestimmten Iran sorgen, in dem eine neue Generation die Politik in die Hand nimmt und sich nicht mehr von einseitigen Ideologien ersticken lässt. Darüber könnten die werten Journalisten noch mehr recherchieren und schreiben.

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