Meine Schule und ich. Oder warum ich Humor brauche.

W-Lan oder frieren

Leider geht in dem Klassenzimmer der fünften Klasse das Internet nicht.

„Näher an den Router“ lautet die lapidare Anweisung meines MacBooks. Da ich keine Ahnung habe, wie ich das machen soll, bin ich in das leere Nebenzimmer ausgewichen. Da stehen zwar keine Stühle, aber die kann man ja mitbringen. Hätte ich man vorher gewußt, dass die Heizkörper dort nicht funktionieren.

Frühstück zum Gruseln

Das Frühstück mit der sechsten Klasse ist, gelinde gesagt, erschreckend. Um 8 Uhr 10 holt die Klasse Kinderschokolade, Chips und Schokokekse aus den Ranzen. Kein Wunder, denke ich, dass die Probleme mit der Aufmerksamkeit haben. Und: Was die wohl zum Mittag essen?

Schule im Abbruch

Meine Schule improvisiert. Heftig sogar. Das neue Schulgebäude ist in Planung. Solange sind wir überwiegend in Containern untergebracht. Jetzt, wo es nass und kalt wird, ist es auch unangenehm. In den Toilettenräumen gibt es zum Beispiel tassengroße Löcher in den Wänden, durch die irgendwelche Kabel führen. Dass manchmal Wasser die Wände herunterrinnt, ist wohl der mangelnden Abdichtung zu verdanken. Ich habe heute dem Hausmeister bescheid gesagt.

Ich improvisiere auch. Seit letzter Woche sind von vier Beamern drei defekt. Der letzte defekte fiel einem Fußballspiel zum Opfer. Das ist irgendwie schade, denn wenn mehr als ein Lehrer einen Beamer braucht, um zum Beispiel schöne Fotos von Kraken, Schellmuscheln und Quallen zu zeigen, weil man bei denen so schön das Rückstoß-Prinzip zeigen kann, dann geht das eben nicht. Zum Glück hatte ich einige Experimente vorbereitet. Vielleicht ist der Beamer ja in der nächsten Stunde verfügbar.

Experimente mit Luftballons

Es ist immer schwierig, Experimente mit Luftballons durchzuführen. Mit denen kann man so tolle Pups-Geräusche machen. Oder sich zwei Stück unter den Pullover klemmen. Oder Ball spielen. Noch schwieriger ist es, der Schülerin, die nach ihrer mündlichen Note fragt, nachdem ich ihr drei rosafarbene Ballons abgenommen habe, mit denen sie eine Art Hand-Luftballon-Tennis gespielt hatte, freundlich zu antworten. „Eine 5“, sage ich darum ehrlich, „wer spielt, hat verloren.“

Wogegen ich noch ein Kraut suche, ist die völlige Interesselosigkeit der anderen Schülerin. Die Zwölfjährige macht einfach keine Hausaufgaben, lernt nicht, und ist trotz zahlreichem Nachsitzen (3x keine Hausaufgaben = 1x Nachsitzen) erstaunlicherweise immer fröhlich. Ich glaube, ihr ist einfach alles egal. Sie hat mir „The Walking Dead“ empfohlen. Leider konnte ich es mir nicht ansehen. Der Aufwand, erst mein Alter mit meinem Personalausweis nachzuweisen, war es mir nicht wert.

Wieder andere Schüler machen mich nur ratlos.

Frederik zum Beispiel. Ohne mit der Wimper zu zucken, schlägt er Paul in die Weichteile, also die männlichen Weichteile. Vorher und nachher keine sichtbare Erregung. Irgendwie macht es mich traurig. Unendlich sogar.

Wie schön, dass es da noch die anderen gibt, die interessierten Schüler. Die, die Fragen stellen, weil sie die Themen witzig finden oder interessant, meinetwegen auch langweilig. Aber sie finden irgendwas, empfinden.

Es gibt auch Erfreuliches zu berichten.

Der eine Sohn hat sein Hausaufgabenheft wiedergefunden, nur zwei Wochen nachdem ich ihm resigniert ein neues gekauft habe.

Die Platzwunde des anderen, wegen der wir letzten Sonntag Abend in der Notaufnahme saßen, ist schon ziemlich gut verheilt, genauer gesagt, ist schon wieder ein bisschen Haar über die rasierte Stelle gewachsen. Die Wunde musste auch nur geklebt werden, nicht genäht, das hätte ich gar nicht gedacht bei dem ganzen Blut, das sein Haar rot gefärbt hatte und dann den Nacken hinuntergelaufen war. Merke: Springe nie während der Fahrt von der Seilbahn – die Sitzfläche kommt zurück und schlägt hinterrücks zu.

Außerdem habe ich mein Survivaltraining ausgedehnt – sechs Tage Dienstreise des Mannes, das ist unser persönlicher Rekord! Ich jammere also kaum darüber, dass er nach zwei Tagen Anwesenheit schon wieder rückfällig geworden ist.

Und schließlich: Ich habe anscheinend meine innere Balance wiedergefunden. Einige Monate war mein Antidepressivem überdosiert und wird jetzt langsam zurückgefahren, hoffentlich ohne allzu viel von seiner Wirkung einzubüßen. Vielleicht schreibe ich bald einmal darüber, denn ohne Humor kann ich meinen Job gleich ganz hinschmeißen. Oder depressiv werden.


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