Manchmal wünsche ich mir …

Positivseher. So, Leute, die zwanghaft nur das sehen, was gelobt werden kann.

Judotrainer

„Wie schön, dass Sie schon seit einem Jahr mit Ihren Kindern zum Judotraining kommen, Frau Solanum“, würde zum Beispiel der Trainer sagen, „Sie sind um 14 Uhr nach der Schule zu Hause, kochen und essen und fahren dann um 15 Uhr los, mit dem Fahrrad, bei Wind und Wetter, zur Judohalle. Und obwohl Kinder krank waren, der Laternenumzug am Montag stattfand, Sie die Hälfte der Woche Dienstreisen-Witwe sind, arbeiten und schon um 6 Uhr aufstehen und es dabei trotzdem nicht schaffen, selbst zu frühstücken, sind Sie bestimmt zu Zweidritteln der Stunden gekommen und meist nur 5 Minuten zu spät! Und Sie haben es geschafft, nur drei Monate nach der Gürtelprüfung für den Sohn ein aktuelles Passfoto mitzubringen! Frau Solanum, ich bewundere Sie!“

Busfahrer

Oder der Busfahrer: „Frau Solanum, ehrlich, Ihren Job könnte ich ja nicht machen. Mich machen schon sieben Kinder in meinem Mini-Bus verrückt und Sie unterrichten 24 pubertierende, teils traumatisierte, nach fünf Unterrichtsstunden müde und zugleich aufgedrehte Kinder, die Sie auch in den Pausen mit ca. 3.000 ‚Frau Solaaaaaa-num???‘-Rufen verfolgen – Respekt!“

Die Ergotherapeuten

Auch die Ergotherapeutin reiht sich ein ins Lobgehudel: „Frau Solanum, wie geht  es Ihnen? Ich weiß ja, dass Sie am Mittwoch mit Ihren Kindern um 14 Uhr zuhause sind, kochen, essen, aufräumen, einen Teil der Hausaufgaben erledigen lassen, dabei Animateurin, Motivatorin, Seelsorgerin und geduldige Nachhilfelehrerin sind, bei Regen und Sturm Fahrrad fahren, dabei versuchen, Sohni eine ruhige Umgebung zu bieten und mit ihm Feinmotorik, Lesen und Schreiben trainieren, sich allabendlich sehr viel Zeit zum Lesen und Kuscheln nehmen, auf gesundes Schulbrot achten, die Kinder zur Selbstständigkeit erziehen, – Hut ab, drei Söhne – das ist ein FulltimeJob!“

Vielleicht fange ich einfach mal bei mir an. Liebe Leserin, ja, du da, du bist die beste Mutter der Welt für dein Kind! Du meisterst ein ganzes Leben und organisierst noch weitere, du hältst einen Alltag aufrecht, obwohl du manchmal weinst und dir wünscht, dass alles nicht so wahnsinnig anstrengend wäre, obwohl du viel zu selten gelobt wirst für das, was du leistest und obwohl immer du schuld bist (oder dich jedenfalls so fühlst), wenn etwas schief geht. Du bist Rammbock der Gefühle, Adressat für Beschwerdebriefe der Schule, wenn du irgendeinen der tausend Lehrerbriefe übersehen hast, du hörst dir an, dass dein Kind nicht genügend angepasst ist oder zu schüchtern, zu grob oder zu sensibel ist, sich in der Schule zu wenig beteiligt oder den Unterricht stört, dieses und jenes gefördert werden muss. Doch schau es dir an, dein Kind, einzigartig ist es, und niemand passt doch ernsthaft in das Schema der Schule, der Gesellschaft, der tausend widersprüchlichen Erwartungen, die doch eigentlich nur eines sagen: Dass dein Kind sich so verhalten soll, dass sie selbst, die Lehrer, der Busfahrer, die Verwandtschaft möglichst wenig Arbeit mit ihm haben. Freu dich an seiner Impulsivität und Kreativität, an seinen Gedankensprünge und seinem Tempo, sich die Welt zu eigen zu machen, und vertraue darauf, dass es seinen Weg finden wird.


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