Halbes Jahr grenzenloser Arbeitsmarkt Deutschland-Tschechien: Keine Spur von Lohndumping in Bayern – Unternehmen froh über zusätzliche Fachkräfte
Weiden/Pilsen (ce-press - internet-zeitung) – Seit rund einem halben Jahr dürfen tschechische Bürger ohne Einschränkungen in Deutschland arbeiten. Die Befürchtungen waren groß: Gibt es einen Ansturm osteuropäischer Arbeitssuchender, die zu Dumpinglöhnen beschäftigt werden? Die Praxis zeigt: Extreme Entwicklungen sind ausgeblieben. Allerdings: Nach Angaben von Sozialversicherungsträgern ist die Zahl der tschechischen Arbeitnehmer in den ostbayerischen Grenzlandkreisen seit der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes am 1. Mai bis zum 1. September um rund 25 Prozent auf gut 5.000 Beschäftigte gestiegen. Damit haben bisher etwa 1.250 tschechische Arbeitnehmer seit Beginn der Freizügigkeit den Schritt direkt hinter die Grenze nach Bayern gemacht. Dort werden die begehrten Fachkräfte von den Deutschen Unternehmen dankbar aufgenommen.
„Wir haben jetzt einen tschechischen Facharbeiter eingestellt“, sagt Reinhold Danzer, Personalleiter bei der Scharnagl Hoch- und Tiefbau GmbH aus dem Oberpfälzischen Weiden. „Im Vergleich zu früher hat sich der Verwaltungsaufwand nach der Öffnung des Arbeitsmarktes erheblich verringert“, sagt Danzer.
Auch bei der Arbeitsagentur macht sich die Einführung der Freizügigkeit bemerkbar. „Die Zahl der Anfragen tschechischer Arbeitnehmer, die sich nach Bayern orientieren, ist gestiegen“ sagt Karin Hartung, Beraterin für die europäische Arbeitsmarktinitiative EURES bei der Arbeitsagentur in Weiden. Hartung hilft tschechischen Arbeitnehmern auch bei regelmäßigen Beratungstagen in Weiden, Pilsen und Tachov in Fragen des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes.
„Vor allem Facharbeiter aus der Elektro- und Metallbranche und der Gastronomie mit guten Deutschkenntnissen sind in Bayern gefragt“, sagt die EURES-Beraterin. Neben dem Lohn spiele auch die Befristung der Arbeitsverträge eine wichtige Rolle bei der Wahl Stelle. Bis zu einem Drittel der im Schnitt 80 Beratungsgespräche im Monat von Katrin Hartung führen dazu, dass sich ein tschechischer Arbeitnehmer in Deutschland arbeitsuchend meldet.
Auch private Personalvermittlungs-Unternehmen registrieren seit der Öffnung des Arbeitsmarktes eine wachsende Zahl von Bewerbungen aus Tschechien in der bayerisch-böhmischen Grenzregion. „Wir haben bereits 20 tschechische Arbeitnehmer an Betriebe in Bayern vermittelt“, sagt Dieter Dessel, Niederlassungsleiter der Ratisbona Zeitarbeit GmbH in Straubing – vom Facharbeiter bis zum Helfer. Dafür hat das Unternehmen selbst extra eine tschechische Mitarbeiterin eingestellt. Bei regelmäßigen Bewerbertagen im Nachbarland sucht der Personaldienstleister nach geeigneten Kandidaten. „Die Hürden haben früher viele Betriebe und Arbeitnehmer abgeschreckt“, sagt Dessel. Jetzt sieht er noch großes Potential bei in der Vermittlung.
Wer als Arbeitnehmer den Schritt ins Nachbarland wagen will, für den sind neben den Personalvermittlungs-Firmen die EURES-Berater der grenznahen Arbeitsagenturbezirke Hof, Weiden, Schwandorf, Deggendorf und Passau erste empfehlenswerte Anlaufstellen. Dort kümmern sich Fachleute wie Karin Hartung darum, Arbeitnehmern den Schritt ins europäische Nachbarland zu erleichtern. Auch für Unternehmen, die in der Grenzregion zwischen Bayern und Böhmen aktiv werden wollen, bietet EURES im Internet unter http://www.eures-by-cz.com zahlreiche Informationen und praktische Tipps.