Gestern Nachmittag haben wir drei Spitzmausbabys im Garten meines Elternhauses gefunden. Schon mit Fell, aber die Augen noch geschlossen. Ich kenne mich mit Mäusen nicht aus, aber sie dürften ein paar Tage alt sein. Nachdem wir sie kurz beobachtet haben, haben wir den restlichen Tag einen Bogen um sie gemacht. In der Hoffnung, dass die Mutter sie holt. Warum die drei Winzlinge untertags aus dem Versteck getragen wurden, weiß ich nicht. Es wurde das an den Garten angrenzende Getreidefeld gemäht, allerdings ist dazwischen eine Mauer und ich halte es für unwahrscheinlich, dass die Mäuse von dort kamen.
Als gegen Abend der Regen kam, habe ich mit ein paar Brettern über den Mäusebabys einen Notschutz gebaut. Gerade so, dass sie die Tropfen nicht voll abbekommen.
Ich bin davon ausgegangen, dass die Babys die Nacht nicht überleben würden. Als wir heute früh nachgeschaut haben, bewegten sich alle drei nur noch sehr wenig, aber sie atmeten. Nach etwas hin und her hat sich Mia dazu entschieden sie aufzupäppeln. Ich habe ihr eine Spritze aus meinem alten Chemiekasten geholt und die Transportbox meiner Farbmäuse mit Zeitungs- und Küchenpapier ausgepolstert. Weil wir nichts anderes im Haus hatten, hat Mia die Babys mit laktosefreier Kuhmilch gefüttert. In diversen Foren wurde darauf hingewiesen, dass sie davon Blähungen bekommen, die Zusammensetzung nicht passt und überhaupt. Die Mausebabys haben die Milch gut angenommen und eine nach der anderen hat sich satt getrunken. Schon nach kurzer Zeit wurden alle drei wieder aktiver. Mittags haben wie sie für ein paar Stunden wieder in die Wiese gelegt, in der Hoffnung, dass die Mutter vielleicht kommen würde. Das tat sie nicht. Also wurden sie am Nachmittag weiter gefüttert.
Ich habe mir den ganzen Tag Gedanken gemacht, wie ich damit umgehen soll. Wir sind in einer ländlichen Gegend, rund um uns Felder, wo Mäuse als Schädlinge wahrgenommen und teilweise sehr aktiv bekämpft werden. Auch hier im Haus stehen immer wieder Mäusefallen, seit es keine Katze mehr gibt, die sich darum kümmert. Soll man Zeit und Energie in diese kleinen Lebewesen stecken, wenn sie für die Menschen rund um sie Probleme bereiten? Es ist unsicher, ob man sie so weit aufziehen kann, damit sie selbst überleben. Wo soll man sie dann aussetzen? Leiden sie ohne Mutter? Leiden sie ohne richtiger Milch? Ist es nur ein Verlängern der Qualen?
Immer wieder war ich kurz davor die Babys zu erschlagen. Im Vordergrund stand für mich die Beendigung des Leidens. Zusätzlich spielte auch die unklare Zukunft eine Rolle. Wobei ich recht gut um rationalisieren bin, dass es der Lauf der Natur ist, wenn sie starben. Der Mensch aber sowieso eingegriffen hat und es somit auch an uns liegt zu entscheiden was passiert.
Viel zu spät habe ich mich damit auseinandergesetzt welche Art von Mäuse sie sind. Soweit ich es momentan beurteilen kann, handelt es sich um Spitzmäuse. Spitzmäuse sind keine Nagetiere. Sie fressen Insekten, Larven, Regenwürmer und andere wirbellose Tiere. Spitzmäuse sind keine Schädlinge, da sie weder die Ernte vernichten wie es Feldmäuse tun, noch sich über Vorräte hermachen, wie Hausmäuse. In Deutschland gelten Gartenspitzmäuse als gefährdet (Kategorie 3), weil ihr Lebensraum immer stärker zerstört wird und sie durch die Hausspitzmaus verdrängt wird.