»Mass Effect II« – Geschichten, die Geschichte schreiben

Manche Welten muss man selber erkunden, um von ihrer Vielfalt überrollt zu werden. Manche Geschichten muss man erleben, um beschreiben zu können. Und manche Menschen muss man kennengelernt haben, um ihren Wert zu schätzen.

Endlich habe ich allen Mut zusammengenommen, alle Zeit zusammengekratzt und genug Elan angesammelt, um mich in die weiten Sphären des Universums, auf die Citadel, ins Reich der Kroganer oder die Handelsplätze der Asari zu wagen. Und ich habe es nie bereut. Nein, ich liebe dieses Spiel! Ursprünglich dachte ich mir »Spielst das mal an, vielleicht macht es ja Spaß«, aber Spaß wäre bei den vergangenen 47 Stunden und 55 Minuten das komplett falsche Wort. Es ist eine Erfahrung. Mass Effect 2 präsentierte mir eine Welt, die ich selber zuletzt vor einigen Jahren bei Red Dead Redemption letztmals hatte. Und generell verdammt selten erlebt habe. Selbst The Elder Scrolls: Oblivion vermochte mich nicht so zu fesseln.

Woran liegt’s? Alle drei Spiele bieten auf ihre Art ein grandioses Spielerlebnis. Mass Effect 2 wirft dich protzigen Aliens zum Fraß vor, Red Dead Redemption lässt dich jedes einzelne Wüstenkorn einatmen und bei Oblivion gehst du spazieren. Doch hier tritt etwas auf den Plan, was mich schon viele schlechte Spiele zu einem gelungenen hat werden lassen oder starke Spiele zu einem schwachen: die Story.

Story und Charaktere machen eine Menge aus, wenn man ein Spiel spielt. Eigentlich sogar einen Löwenanteil. Denn nicht Gameplay oder Grafik fesseln den Spieler an den Controller, keine physikalisch korrekten Einschusslöcher im x-ten Soldaten. Nur die wirklich simplen Spiele können hier punkten.
Nein, großteils ist es doch die Geschichte, die uns reizt. Die Charaktere, mit denen wir mitfiebern wollen. Man muss es doch mal ehrlich sagen: vom spielerischen Gehalt sind die meisten Spiele eher fern von Innovationen. Third-Person-Deckungsshooter, Hack’n'slay – spielen sich doch heutzutage alle gleich. Und auch Mass Effect 2 macht hier keine Ausnahme. Wenn man sehr gemein ist, könnte man sagen, von den ca. 48 Stunden habe ich 15 in engen Schlauchlevels mit durchschaubarer Schießerei-Einlage verbracht, 7 bis 9 mit dem dummen Erkunden eines Planeten nach Rohstoffen, eine Stunde mit beknackter Fahrphysik ausgestatteten Raumschiffströdelei (hier fiel mir vor allem die Verfolgungsjagd in der Shadow Brooker-Mission negativ auf) und nochmal 2 Stunden mit Ladezeiten. Doch es sind die unzähligen Dialoge, die tollen Mitstreiter auf meiner Kampfmission, die mich an einem Tag bis zu zehn Stunden haben durchhalten lassen. Ich wollte die Mission beenden. Ich wollte mein Team zum Sieg über die Kollektoren treiben. Und alle sollten überleben. Leider wurde nichts draus…

Ich habe mich in Mass Effect 2 verliebt. In die epische Schlacht gegen Kollektoren und Geth, in meine  Commander Raven Shepard mit ihren giftgrünen Augen und dem schwarzen Lippenstift und nahezu jedes Mitglied meines Teams. Ich bin jedem einzelnen Mitstreiter bei ihren Problemen zur Seite gestanden, habe dafür von jedem Einzelnen seine Loyalität geerntet. Einzig dieser Zaaed, Söldner, Narbengesicht, Dummbatz – den hätte ich am liebsten in die Tonne getreten. Eigentlich der einzige Fehlschlag in einem grandiosen Storytelling.
Und meine commander hat sich verliebt. Verliebt in Garrus. Und in den niedlichen Weltraumhamster in meiner Kabine. Och, solche kleinen Details hauchen dem Spiel Leben ein. Wenn ich es recht bedenke, fehlte sowas beispielsweise in Oblivion. Dies war eine “sterile” Fantasywelt nach Schema F. Hoffentlich werd ich bei Skyrim mehr Erfahrungen machen können.

Ich schweife ab, weil ich nicht über das bittere Ende meiner mission reden will. Wie gesagt, ich habe mich in diesem Spiel wirklich verloren. Und als die Kollektoren mein Schiff angriffen und meine Crew entführten, gab es für mich kein Warten mehr. Ich musste sie einfach retten. Eine Frage der Ehre. Seltsam, so etwas bei Polygonfiguren zu empfinden.

Als ich dann meine Crew gerettet habe, war ich wirklich glücklich. Leider kann ich nicht von jedem Charakter behaupten, dass er den Angriff heil überstanden hat. Der Mengele-Verschnitt Mordin Solus, der mir trotz seiner barbarischen Vergangenheit irgendwie ans Herz gewachsen war. Und die psychisch labile Jack. Beide starben bei mir. Warum…ich weiß es nicht. Ich glaube, ich habe alles richtig gemacht, trotzdem sind die beiden tot. Und je mehr ich drüber nachdenke, desto weniger wird mir klar, wie meine Entscheidungen ihren Tod herbeigeführt haben sollen. Und ich trauere ein wenig vor mich hin. Das Schicksal ist manchmal echt ‘ne ***…

»Mass Effect II« – Geschichten, die Geschichte schreiben

Und nun versuche ich, so schnell es geht an Mass Effect 3 heranzukommen. Die Reaper sollen büßen dafür, was meinem Team angetan worden ist. Ich will den Tod meiner Mitstreiter rächen. Ihr Opfer soll nicht vergebens bleiben. Ja, dieses Spiel hat mich bewegt. Wie selten eines zuvor. Wird Zeit, einigen bösen Aliens gehörig in den Arsch zu treten!


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