Ja gut – die Schwaben sind schon manchmal kächelig und dann die Sache mit der Kehrwoch…dass ausgerechnet ein tadelloser Kripo-Beamter von heut auf morgen ausbricht und im Zorro-Kostüm einen Swingerclub besucht, find ich durchaus grotesk. Aber von vorne: Kommissar Schwertfegers Ehe ist nicht mehr die beste und so gelüstet es den Ermittler nach neuen Abenteuern, bis er plötzlich einen anderen Gast tot und in viel zu kleinen Calvi-Klein-Unterhosen auf dem Boden findet.
Da packt den Kriminaler das Grausen und er flieht wie ein Tatverdächtiger aus dem Etablissement. Damit bringt er nicht nur sich selbst in heftige Kalamitäten…
Ganz im Stil der neuen Fernsehkommissare erfindet Reinhold Erz für seinen ersten Krimi keinen makellosen, heldenhaften Hüter des Gesetzes, sondern drängt seinen Protagonisten eher in die klassische Looser-Rolle – der leicht verruchte Touch wird wohl allerdings nur bei ganz pietistischen Lesern für voyeuristische respektive entsetzte Regungen sorgen.
In einigen Szenen wirkt mir Schwertfeger zu gewollt und vor allem die inzestuösen Anwandlungen beim Anblick seiner lang verlorenen Tochter hätte sich der Autor meiner Meinung nach sparen können. Die gut inszenierte Story ist auch ohne diese Szene rasant genug. Offenbar funktioniert das Gut-Böse-Muster aber immer weniger, deshalb müssen Kommissare heutzutage im Buch und Fernsehen vermutlich so kaputt wie möglich sein, um ein zusätzliches Spannungsfeld zu erzeugen, falls die Tat an sich nicht monströs genug ist. Oder ist es, weil ihre realen Kollegen tatsächlich flächendeckend an Burnout und Verzweiflung über die Welt leiden?
Trotzdem: die Geschichte ist schön dicht, stringent und auch beim Kernthema auf Höhe der Zeit, es geht um wirtschaftskriminelle Machenschaften in großem Stil. Sogar die Stadt Stuttgart hat ihre Finger im Spiel. Spätestens bei diesem Plot wird deutlich: Autor Reinold Erz beherrscht sein Metier, nicht umsonst ist er gleichzeitig Redakteur in der Wirtschaftsredaktion des SWR-Fernsehens.
Im Buch übernimmt die aufstrebende Journalistin Sara Blohm den investigativen Part und auch sie bekommt die dunkle Seite der Wirtschaftsmacht deutlich zu spüren.
Selbst wenn hier und da ein Klischee zu viel auftaucht: echte Wechselbäder der Gefühle sind beim Maskenball garantiert. Ein vielversprechendes Krimidebut!
“Maskenball”, Reinhold Erz, Silberburg-Verlag, 245 Seiten
