Mary Poppins‘ Rückkehr (2018)

Mary Poppins‘ Rückkehr (2018)

USA 2018
Mit Emily Blunt, Pixie Davis, Nathanael Saleh, Joel Dawson, Lin-Manuel Miranda, Ben Whishaw, Emily Mortimer, Julie Walters, Colin Firth, Meryl Streep u.a.
Drehbuch: David Magee nach den Romanen von P.L. Travers
Regie: Rob Marshall
Dauer: 130 min

Seit ein paar Jahren arbeiten die Disney-Studios die Klassiker vergangener Tage filmisch neu auf. Zeichentrickfilme wie „Cinderella“, „Die Schöne und das Biest“ oder „Das Dschungelbuch“ wurden durch die Remake-Mühle gedreht und mit den Mitteln der Computeranimation auf die Sehgewohnheiten heutiger Kinogänger zurechtgetrimmt. Dabei durften die Macher recht frei und kreativ mit den alten Vorlagen umgehen, was den Neuverfilmungen gut tat. Bei Mary Poppins Returns war der Ansatz allerdings nicht ganz derselbe…

Rob Marshalls Film setzt einige Jahre nach Mary Poppins‘ Abschied ein, Jane und Michael Banks sind inzwischen erwachsen. Michael (Ben Whishaw) wohnt noch immer im Haus an der Cherry Tree Lane, hat drei Kinder, Schulden und betrauert den frühen Tod seiner Frau. Zudem hat er nur noch ein paar wenige Tage Zeit, ein Darlehen zurückzuzahlen, bevor die Bank des verstorbenen Vaters ihm das Haus wegnimmt. Michaels ledige Schwester Jane (Emily Mortimer) versucht zu helfen, doch auch aus ihr wurde kein Finanzgenie. Zeit für Mary Poppins, wieder einmal nach dem Rechten zu sehen…
Man verrät nicht zuviel, wenn man sagt, dass sich zuletzt alles in Minne auflöst; das verstand sich bei einem Disney-Familienfilm schon immer von selbst. Der Weg zum Happy End ist hier gespickt mit schmissigen Musical-Nummern, schrägen Figuren, irren Begebenheiten und schrägen Abenteuern. Genauso, wie man das vom Originalfilm kennt.

Dieser wurde, wie erwähnt, nicht neu verfilmt: Mary Poppins Returns ist eine Fortsetzung. Eine Fortsetzung im Geist des Originals. Vor so etwas hatten sich Disneys Erben bislang wohlweislich gehütet. Dass ihre bisherigen Neu-Editionen andere Wege gingen als die Originalvorlagen hatte einen guten Grund: An einem zeitlosen, längst etablierten Filmklassiker gibt es nichts mehr zu rütteln. Will man einen solchen optisch aufpeppen, muss man gleichzeitig etwas Neues daraus machen. Von Fortsetzungen solcher zeitlich weit zurück liegender Klassiker sollte man besser die Finger lassen; es gibt in der Filmgeschichte genügend misslungene Beispiele für solche Unternehmungen, die regelmässig auch finanziell nicht reüssierten (Chinatown, The Blues Brothers, Grease, um nur einige wenige zu nennen).

Das Team um den Choreographen und Regisseur Rob Marshall (Chicago, Into the Woods) tat es trotzdem, obwohl dies in den Augen vieler Disney-Fans ein Sakrileg darstellt.
Wie der Film bei den anderen Hardcore-Fans ankommt, weiss ich nicht. Da ich selbst einer davon bin, kann ich aber meine eigenen Eindrücke beschreiben.

Sie lauten folgendermassen:
Die Handlung: Rubbish! Sie ist allzu deutlich nur Vorwand! Mary Poppins kommt, um Michael und Jane zu helfen, kümmert sich aber eigentlich nur um Michaels Kinder und unternimmt mit ihnen fantastische Ausflüge. Die Handlung kommt dank der zahlreichen Musikeinlagen lange Zeit nicht vom Fleck und geht bisweilen fast vergessen
Die Schauspieler: Durchwachsen. Emiliy Blunt und die drei Kinder sind prima besetzt, Ben Wishaw, Emily Mortimer und Lin-Manuel Miranda dagegen sind blass; am besten sind die alten und die uralten Hasen: Julie Walters, David Warner, Maryl Streep, Colin Firth, Dick van Dyke und Angela Lansbury sind mit sichtlichem Vergnügen bei der Sache.
Die Regie: Sobald es nichts zu choreografieren gibt, fällt Rob Marshalls Regie auf durchschnittliches Niveau zurück. Die Choreografien hingegen sind hervorragend!
Das Drehbuch: Ebenfalls eher durchschnittlich. Zu eng ist das Korsett, innerhalb welchem David Magee (Finding Neverland) seine Leinwand-Anleitung schreiben musste.
Denkt man sich Mary Poppins Returns ohne die Musik, die Choreografie und das Production-Design, dann bleibt ein schaler Eindruck von Durchschnittlichkeit. Dass der tatsächliche Eindruck aber ein ganz anderer ist, lässt sich folglich auf die drei oben erwähnten Elemente zurückführen: Die Musik, die Tanzsequenzen und der „Look“ des Films tragen Wesentliches dazu bei, dass diese Fortsetzung zu begeistern vermag. Und es sind genau diese drei Elemente, die auch den Erfolg des Originals ausmachten (plus der ganz charakteristische Disney-Zauber, den die Fortsetzung an einigen Stellen ebenfalls erreicht).

Die Lieder sind der Originalmusik der Gebrüder Sherman nachempfunden – ohne deren Qualität ganz zu erreichen (die Shermans waren im Hintergrund auch mit im Spiel,  als „musikalische Berater“). Marc Shaiman sind einige zeitlose, mitreissende Musik-Nummern gelungen, die zudem mit Zitaten an den bekannten Songs von 1964 anknüpfen. Auf zeitgeistgemässes, gesichtsloses massenkonformes Musik-Gepansche wurde glücklicherweise verzichtet – die üblichen, angeblich Erfolg generierenden Anleihen bei Rock und Rap konnten sich die Macher verkneifen.

Der Film ist eine einzige gelungene Abfolge von Musik- und Tanznummern, die von einem dünnen Handlungsfaden zusammengehalten werden. Fast schamlos wiederholt Mary Poppins Returns dabei die verschiedenen Elemente des Originals: Eine Zeichentrick-Realfilm-Mischsequenz ist dabei, statt des Kaminfegerballetts gibt es hier ein Lampenanzünder-Ballett, Mary Poppins gibt ein weiteres herzwärmendes Gutenacht-Lied zum besten, der an der Decke schwebende Onkel wird hier zur Cousine, deren Wohnung auf dem Kopf steht, und so weiter.

Für mich als Hardcore-Fan stellt sich das Mary-Poppins-Feeling durchaus ein, der Ton des Originals wird erstaunlich gut getroffen und ich kann das Experiment als „geglückt“ bezeichnen, auch wenn dabei natürlich kein eigenständiges Werk herausgekommen ist. Ob das aber genügt, ob Rob Marshalls Film gut genug ist, um auch ein junges, mit Disneys Original nicht vertrautes Publikum zu begeistern, wird sich erst weisen.
Ich hoffe, dass Mary Poppins Returns ein Riesenerfolg wird. Denn dann würden die Studiobosse ihren Komponisten vielleicht endlich erlauben, etwas anderes, etwas Zeitloseres und Originellers zu schreiben als das unsäglich seichte Pop-Gedudel, welches die Filmmusicals heute samt und sonders kontaminiert.

Die Regie: 8 / 10 
Das Drehbuch: 6 / 10 
Die Schauspieler: 7 / 10
>Zusatzressorts, für diesen Film unerlässlich:
Musik: 9 / 10
Choreografie: 9 / 10

Gesamtnote: 8 / 10

Verfügbarkeit:
Der Film läuft zur Zeit in den Kinos

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