In den Kommentaren zu Cruz Smith’ Buch „Nacht in Havanna” wurde ich auf dieses hier hin geweisen. Und ich wurde wahrlich nicht enttäuscht.
Obwohl kein Krimi-Leser haben mich die treuen Genossen genauso mitgerissen wie der Cuba-Roman. Inzwischen denke ich, dass das unter anderem auch daher kommt, dass die Hauptfigur – Arkadi Renko – zwar Ermittler der Moskauer Staatsanwaltschaft ist und in diesem Falle mit drei Morden zu tun hat, das Buch jedoch das Genre nur in dieser oberflächlichen Weise bedient.
Es geht vielmehr um Machtfragen, es geht um die Verantwortung des Menschen für die Umwelt und das Leben. Im Tschernobyl der Nach-GAU-Zeit begegnen uns Menschen wie in einem Kaleidoskop: durcheinander geworfen Säufer, Ökoaktivisten, bestechliche Milizionäre, Ewiggestrige (die das AKW weiter laufen lassen wollen), Wilddiebe und einfache Bauern die ihre Enkel begraben und doch nicht von dem verstrahlten Boden lassen können. Über dem allen thront eine ferne Regierung, die die Menschen vergessen möchte, die Tschernobyl vergessen möchte.
Die Beschreibung dieser Elenden wechselt ab mit der Beschreibung der grandiosen Landschaft und Natur; zurückeroberte Biotope voller Tiere. Und durch diese Landschaft stolpert Renko. Die Aufdeckung der Morde und Unglücke erfolgt eher zufällig denn logisch stringent. Und am Ende des Buches fragt man sich: wie konnte es geschehen, dass nun alles er- und geklärt ist?
Wobei: es wird nichts geklärt, nur gezeigt: Das Elend, der ungeheure Gegensatz zwischen Arm und Reich im aktuellen Russland. Man kann aus diesem Buch nur als Pessimist entlassen werden.
“Die Schilderungen der verstrahlten Natur und der nach der Reaktorexplosion evakuierten, inzwischen heimlich wiederbesiedelten Dörfer lässt einem die Haare zu Berge stehen. [...] Ein düsteres, gleichwohl realistisches Szenario aus einer Welt, die fremder als der Mars wirkt.”(Quelle: Amazon.de)
Martin Cruz Smith ist Amerikaner. Umso mehr verwundert, dass er eine so intime Kenntnis des zeitgenössischen Russland hat (das ist mir auch schon beim Havanna-Buch aufgefallen). Woher diese stammt konnte ich nicht herausfinden. Weiß Jemand mehr?
Letztlich: ein gutes Buch, entspannend und spannend. Ich bin zufrieden, dass ich es gelesen habe. Und nun steht sein „Gorki Park” auf meiner Must-Read-Liste.
Nic