Marianengraben von Jasmin Schreiber

MariMarianengraben von Jasmin Schreiberanengraben ist eine rasant erzählte Geschichte mit extrem emotionaler Tiefe und einem gekonnten Mix aus Trauer und Fun. Es steckt außerdem sehr viel Lebensweisheit in diesem Roman der sehr jungen Autorin, deren Themen auch Sterbehilfe und Sterbebegleitung sind.
Erschienen ist das Buch zufällig gleichzeitig mit dem Urteil in Karlsruhe Ende Februar, welches selbstbestimmtes Sterben ab sofort möglich macht. Beihilfe zur Selbsttötung ist nicht mehr verboten.
Jetzt würde ich mich gern sofort mit Jasmin Schreiber zu diesem Thema unterhalten, denn aus dem Klappentext weiß ich – sie arbeitet ehrenamtlich als Sterbebegleiterin. Diese Erfahrung spürt man.

Paula ist eine junge Frau, deren kleiner Bruder Tim ertrunken ist. Ihre Trauer um ihn ist unfassbar groß. Als sie ihn das erste Mal auf dem Friedhof besucht, lernt sie Helmut kennen, der gerade die Urne seiner verstorbenen Frau Helga ausbuddelt. Beide werden ungewollt und eher aus Zufall ein Team. Ein skurriles Team. Gemeinsam fahren sie quer durch Deutschland bis in die Dolomiten. Helmut hatte Helga vor ihrem Tod so einiges versprochen …

Spröde Witze und traurige Sequenzen wechseln sich ab. Langsam kommen beide sich näher. Hielt sie Helmut anfangs für einen verschrobenen alten Mann, spürt Paula allmählich Nähe zu ihm. Sie kann ihm alles erzählen. Sie bekommt das Gefühl, Trauer sei eine Sprache. In dem achtzigjährigen Helmut hatte sie jemanden gefunden, der diese Sprache verstand.

Kurz zuvor kommt es allerdings zu einer Situation, in welcher beinahe noch alles eskaliert wäre.
Paula versteht nicht, wie man Meerestiere essen kann. Als Helmut in einem winzigen Dorf Calamaris zum Mittag bestellt, weist sie ihn darauf hin, dass Kraken zu den intelligentesten Lebewesen gehören. Helmut antwortet trocken, dass sie auch gut mit Panade und Zitrone oben drauf schmecken.

Als der Kellner gegangen war, schwiegen wir uns an. Ich dachte an Tintenfische, an ihre Arme, die unabhängig voneinander agieren können. Fragte mich, wie sich so eine Tintenfischumarmung wohl anfühlen mochte. Vermutlich fühlte man sich entweder sehr geborgen oder sehr, sehr bedroht, dazwischen wird es wohl wenig geben.
Helmut dachte vermutlich daran, wie sehr er mich loswerden wollte. Sein Blick zumindest war maximal grimmig (Seite 71).

Aber dann reisen sie doch zusammen weiter. War mir Helmut anfangs wenig sympathisch, beginne nun auch ich Seite für Seite Zuneigung für ihn zu entwickeln. Was für ein cooler alter Mann!
Paula muss schließlich erfahren, dass Helmut nicht nur um Helga, sondern außerdem um ihren gemeinsamen Sohn Christoph trauert. Wie Tim ist auch Christoph ertrunken. Er hatte Schiffe so sehr geliebt … Nun sind sie in ihrer Trauer noch mehr vereint, denn Tim liebte das Meer.

Sehr berührend ist die Zwiesprache, welche Paula mit dem toten Bruder über Dinosaurier und Meereswesen hält. Tim war ein kleiner Junge voller Forscherdrang und dieser großen Liebe zum Meer. Oft ging es in ihren Gesprächen damals auch um den Marianengraben mit seiner Tiefe von elftausend Metern (dass diese Tiefe auch für Paulas Trauer steht, begreift man am Ende des Romans).

Marianengraben ist eine wild verrückte Roadnovel, die mich an Wolfgang Herrndorfs Tschick und an Luci Frickes Töchter erinnert. Aber auch an den Roman Laufen von Isabel Bogdan, in welchem sie zwischen die Gedanken der Trauer lakonische Bemerkungen oder schöne Erinnerungen streut und damit unglaublich viel Hoffnung schenkt. Genau das ist Jasmin Schreiber auch gelungen.

Zwei weitere Meinungen zum Buch findet ihr auf den Blogs von Poesierausch und BOOKSTER HRO.

Jasmin Schreiber. Marianengraben. Eichborn Verlag in der Bastei Lübbe AG. Köln 2020. 252 Seiten. 20,- €. Auch als eBook und MP3


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