Marguerite Durand • Feministin mit Pariser Chic

Marguerite Durand erträumte sich ein Leben im kulturellen Bereich, sie war den schönen Künsten zugewandt und entsprach so ganz den Frauen der Belle Époque. Sie war am Konservatorium in Paris und Mitglied der Comédie-Française. Ein Leben auf der Bühne war für die junge Schauspielerin wie ein ‚nach hause kommen’.

Marguerite Durand • Feministin mit Pariser Chic

Doch wie so oft im Leben eines Menschen gibt es Ereignisse, die den vorgezeigten Lebensweg völlig verändern und so war es auch bei Marguerite Durand. Durch ihre Heirat mit dem jungen und aufstrebenden Anwalt Georges Laguerre 1888 kam sie mit der Politik in Kontakt und verschrieb sich dieser so voll und ganz, dass sie ihren Beruf aufgab. Ihr Mann Georges Laguerre war Anhänger des Armeegenerals Georges Boulanger, einem radikalen Nationalisten, der der ‚Ligue des Patriotes’ vorstand. Die ‚Ligue des Patriotes’ war eine nationalistische, rechtsgerichtete und antisemitische Partei, die einige Jahre in Frankreich Furore machte. Nach der ersten Begeisterung für die Politik und ihren Mann tat Marguerite genau das, was sie ihr ganzes Leben lang begleiten würde, sie begann selbst zu denken.

Marguerite Durand • Feministin mit Pariser Chic

Zuerst trennte sie sich von ihrem Mann nach nur dreijähriger Ehe, relativierte ihre Beziehung zu den Nationalisten und begann beim damals hoch angesehenen ‚Le Figaro’ als Journalistin zu arbeiten. Ihre Artikel wurden geschätzt und sie erarbeitete sich eine gute Position innerhalb der schreibenden Zunft. Doch wieder wird sie ein Ereignis so in den Bann schlagen, dass er zum wahren Lebensinhalt für sie wird. 1896 wurde sie von ihrem Arbeitgeber losgeschickt um über den ‚Congrès Féministe International’, dem Internationalen Feministinnen-Kongress, einen spöttischen Artikel zu schreiben. Dieser Kongress und die Gespräche mit den dort anwesenden Frauen aus allen Herrenländern machte sie nicht nur nachdenklich, es bewegte sie ganz besonders tief. Von dieser Versammlung kehrte sie stark verändert zurück, so sehr verändert, dass sie im nächsten Jahr am 9. Dezember 1897 eine feministische Tageszeitung gründete.

Marguerite Durand • Feministin mit Pariser Chic

Sie nannte sie ‚La Fronde’, die Schleuder, und das besondere ihrer Zeitung war, das ausschließlich Frauen in ihr schrieben und für alle redaktionellen Tätigkeiten verantwortlich waren. Ein Novum in der damaligen Zeit. Marguerite Durand, ging in ihrer Rolle als Herausgeberin völlig auf; das „je fronde…“ – „ich kritisiere…“ wurde zu ihrem Markenzeichen und sie wurde eine der führenden Suffragetten im Frankreich ihrer Zeit. Denn dem Zeitgeist stand eine bewahrende, abwertende und mächtige Männerwelt gegenüber, die den Frauen keinen Millimeter an Rechten und Freiheit gewähren wollten. Über das Recht von Frauen, sich scheiden zu lassen sagte Alphonse Karr: „Diese armen Wahnsinnigen, die Klubs gründen anstatt die Socken ihrer Kinder zu stopfen und die das Recht zur Scheidung fordern als ob diese Initiative nicht per Gesetz ihren Männern gehörte, die wenig darauf bedacht sind sie länger als Frauen zu behalten." La Fronde mauserte sich  jedoch zu einer geschätzte Qualitätszeitung im herkömmlichen Sinne, die ihrem Untertitel ‚quotidien politique et littéraire’ alle Ehre machte. Auch wenn Männer versuchten Feministinnen abzuwerten und sie mit Begriffen wie ‚Mannweiber’ oder ‚die hat wohl keinen abbekommen’ belegten, so prallten solch Begriffe an Marguerite Durand völlig ab. Denn was sie aus ihrer Zeit der Schauspielerei beibehalten hatte, war ihr femininer und aufwendiger Kleidungsstil und eine übergroße Gelassenheit dem Publikum gegenüber. Marguerite liebte Mode, sie mochte es eine Frau zu sein und sie war eine sehr schöne Frau. Der Versuch sie in die Ecke eines Mauerblümchens zu stellen, führte allein schon von ihrem Äußeren her ins Leere. Marguerite Durand auch die erste Frau in der Gewerkschaft der Zeitungsdirektoren, der Gewerkschaft der parlamentarischen Journalisten. Auch hier erarbeitete sie sich eine Stellung, die ihr Gehör verschaffte. Sie gründete mehrere Gewerkschaften für arbeitenden Frauen, um für deren Rechte zu streiten; sie verlangte die Zulassung von Frauen in den Anwaltsberuf, ferner war es ihr ein Anliegen, dass Frauen an Parlamentdebatten teilnehmen dürfen.

Marguerite Durand • Feministin mit Pariser Chic

Natürlich war das Wahlrecht für Frauen auch für sie in Frankreich ein großes Thema, wobei sie mit Feministinnen innerhalb Europas, vor allen Dingen nach England und Deutschland, einen regen brieflichen und persönlichen Kontakt hatte. Bei der Weltausstellung 1900 in Paris organisierte sie den Kongress für die Rechte der Frauen. Sie richtete eine Sommerresidenz für Journalistinnen in Pierrefonds in der Region Picardie ein, der der Weiterbildung und dem Austausch dienen sollte. Kontaktpflege untereinander und über die Grenzen hinaus, wir nennen da heute ein Netzwerk betreiben, bedeutete für Marguerite Durand viel, denn daraus zog sie auch ihre Kraft und ihren Kampfgeist.

Marguerite Durand • Feministin mit Pariser Chic

Doch war sie nicht nur eine leidenschaftliche Journalistin, Herausgeberin und Feministin; Marguerite Durand war auch eine äußerst geschickte Geschäftsfrau. Ihr gehörten mehrere Zeitungen und Verlage in Frankreich, so dass sie sich auch einen äußerst extravaganten Lebensstil gönnen konnte. Diese Stil sichere Frau mit einer ganz eigenen Eleganz, war berühmt dafür, auf den Straßen von Paris mit ihrem zahmen Löwen namens ‘tigre’, Tiger, spazieren zugehen. Marguerite Durand erreichte einen unvorhersehbar hohen Grad an Respekt und Achtung für die Bewegung der Feministinnen, zuerst in Frankreich, dann auch in ganz Europa.

Marguerite Durand • Feministin mit Pariser Chic

In den 30iger Jahren vermachte sie dem französischen Staat ihre Sammlung an Publikationen und Bildern. In den darauf folgenden Jahren wurde die ‚Bibliothèque Marguerite Durand’ in Paris eröffnet und blieb bis in die heutige Zeit eine der weltweit besten Quellen für Nachforschungen zum Thema Feminismus und die Geschichte der Frauen. Hoch geachtet verstarb Marguerite Durand am 16. März 1936 und ist leider in Vergessenheit geraten, doch auch sie, wie viele andere auch, trugen entscheidend zur Veränderung von Gesellschaftsbildern bei. 


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