Es waren Gebete, die die Mauer zum Einstürzen brachten!
Diese überaus neue Erkenntnis verdanken wir der Bischöfin Margot Käßmann, die derzeit als Reformationsbotschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland durch die Lande tingelt.
Margot Käßmann, Foto James Steakley (wikipedia, CC)
Seltsam nur, dass ich mich nicht an diesen Krach, den das eigentlich hätt machen müssen, erinnern kann. Und ich war ziemlich dicht dran an der Mauer…Vielleicht aber konnte sie das in Marburg aber besser hören als ich; es soll ja so Phänomene geben, dass der, der vor Ort ist, nichts hört, während der (die), der (die) rund 70 Kilometer entfernt ist, alles sehr deutlich hört. Zum Beispiel auch Gebete.
Damals hätten “Gebete die Welt verändert”, sagte Käßmann am Sonntagabend im ersten Eisenacher Luthergespräch. Die Berliner Mauer sei “nicht einfach so gefallen”. Durch eine friedliche Revolution, “die ihren Ursprung im Gebet hatte, wurde sie zu Fall gebracht”.
evangelisch.de
Die friedliche Revolution hatte mitnichten irgend etwas mit Gebeten zu tun. In den Kirchen wurde ’89 zwar unendlich viel diskutiert; aber kaum einmal gebetet. Es war der evangelischen Kirche der DDR sehr wohl klar, dass man mit diesem Speck keine Mäuse mehr fangen konnte.
Richtig ist, dass die Kirche – und das nicht ohne politisches Kalkül – ihre Räume und Kirchen dafür zur Verfügung stellte. Aber eben nicht mehr. Von einem Widerstand des “Protestantismus … nach der anfänglichen Bindung an Thron und Altar” zu sprechen ist nicht nur geschichtsvergessen – es verfälscht die Geschichte sogar. Und es war nicht die Kirche, die lernte, “dass es auch gilt, widerständig zu sein” – es waren die einfachen Menschen auf der Straße, die diesen Widerstand ermöglichten. Die Kirchen haben das gern genutzt.
Und nutzen es noch heute, um das Märchen von ihrer Wichtigkeit aufrecht zu erhalten. Auch Wolfgang Thierse singt immer wieder dieses Schlaflied von der Rolle der Kirche im Jahre 1989.
Doch richtig ekelig wird es, wenn Frau Käßmann die Mär vom protestantischen Widerstand im Dritten Reich bemüht – und ihr dabei von evangelisch.de geholfen wird:
Neben dem christlichen Widerstand im Nationalsozialismus zeige dies auch der Einsatz derjenigen, die “in der DDR die Türen weit aufgemacht haben für freie Rede, Auseinandersetzung und Kritik”.
Mehr Geschichtsklittung in einem Satz geht kaum noch. Weder gab es einen nennenswerten Widerstand der Kirchen im “Dritten Reich” – wie bereits umfangreich genug nachgewiesen wurde, um das “Lüge” nennen zu dürfen – noch ist die DDR mit dem Naziregime auf eine Stufe zu stellen (wie es hier unterschwellig geschieht) und noch weniger ist es die Kirche gewesen, die den Protest der DDR-Bevölkerung anführte.
Nic