Manchmal muss man sich entscheiden: Trost spenden oder Krieg verhindern. Ein Bericht vom Anfang der Woche.

Magen-Darm hatten wir ja schon lange nicht mehr. Aber fangen wir von vorne an. Am Montag Abend rief der ansonsten beste Ehemann von allen an, um mir mitzuteilen, das er einen Termin vergessen habe und daher nicht, wie geplant, jetzt gleich, sondern erst am nächsten Tag zurückkehren werde.

Situationen wie diese lassen mich von meinem stolz getätschelten Selbstbild einer spontanen, starken, autarken Frau Abstand gewinnen: „Was soll das heißen??“, brüllte ich in den Hörer, „wie kann man denn eine ganze Sitzung vergessen???“

Situationen wie diese lassen des Herrn Ehemanns Stimme zusammenschrumpfen wie eine 18 Jahre alte Rosine: „Ich weiß es auch nicht“, stammelte es aus dem Hörer, „irgendwie ist mir das so durchgerutscht. Ich habe auch noch kein Hotelzimmer.“

Hotelzimmer! Pffft!

Ich mag die Montage nicht, weil der Gatte montags erst seeehr spät nach Hause kommt, finde jedoch Trost in der Tatsache, dass ich dienstags frei habe und ausschlafen darf, weil er die Morgenschicht übernimmt. „Egal“, dachte ich, „es gibt Schlimmeres.“

Kräftemäßig noch etwas geschwächt durch die Krankheit am Wochenende (der Riesensohn und ich lagen darnieder), begann ich mit dem Abendprogramm: Hausaufgaben fertig? Klavier gespielt? Haben alle 10 Minuten gelesen? Gegessen? Sportsachen gepackt? Wie, du schreibst morgen einen Vokabeltest? WAS SOLL DAS HEISSEN,  DU HAST NOCH MATHE, DEUTSCH UND ENGLISCH AUF? WAS HAST DU DEN GANZEN NACHMITTAG GEMACHT??? Sätze wie diese tragen übrigens nicht zur Entspannung der Lage bei. „Hausaufgaben“, erwiderte der Sohn trotzig und drohte mit sofortiger Arbeitsniederlegung.

„DAS IST DEIN JOB!!!“, brüllte erklärte ich dem Sprössling, „SCHULE IST DEIN JOB, UND ICH WILL, DASS DU DEINEN JOB SO GUT WIE MÖGLICH MACHST!!!“ Sätze wie diese … s.o.

„Ich trau mich nicht, alleine in meinem Zimmer Klavier zu üben!“, jammerte Maxe derweil, „ich habe da Angst!“

Wir holten also das Keyboard in die Küche, wo er das Schneeflockenlied übte, während gewisse andere Söhne Mathe, Deutsch und Englisch am Esszimmertisch erledigten. Theoretisch zumindest.

„Weitermachen“, befahl ich dem Mathe-Deutsch-und-Englisch-Sohn, während ich die Zwillinge ins Bett beförderte. Das nächste Problem tauchte auf: „Meine Beine tun so weh!“, stöhnte Maxe. Das tun sie leider häufiger, trotzdem versuche ich, die Gabe von Schmerzmitteln zu vermeiden. „Schatz“, tröstete ich, „jetzt warte mal 20 Minuten und wenn sie dann immer noch …“ Sie taten es. Maxe brüllte wie am Spieß und ich flitzte zum Kühlschrank, um Schmerzsaft in den Messbecher zu füllen.

„Hausaufgaben“, deutete mein stummer Blick ins Esszimmer, wo der Mathe-Deutsch-und-Englisch-Sohn Däumchen drehte. Die Schmerzmittel helfen, aber eben nicht sofort. Das fiel auch Sohni auf: „ICH WILL SCHLAFEN! KANNST DU NICHT LEISER SCHREIEN???“, brüllte es aus seinem Bett. Ich verdrehte die Augen und tröstete Maxe, der zaghaft vor sich hinwimmerte, hoffentlich leise genug, damit Sohni ins Reich der Träu… Was war das? Hörte ich da etwa die laienhafte Töne von „Hänschen-klein“ aus der Küche heraufschallen?

„HÖR AUF ZU SPIELEN! ICH WILL SCHLAFEN, MELEK!“ brüllte Sohni vom Treppenabsatz zwei Stockwerke hinunter. Manchmal muss man sich entscheiden. Den einen Sohn trösten oder Krieg zwischen den anderen verhindern.

„Das wirkt gleich!“, streichelte ich Maxe zum Abschied, rappelte mich auf, schickte Sohni ins Bett zurück, zog den Keyboard-Stecker, fesselte den ältesten Sohn an den Küchentisch und wärmte mir meinen Kaffee wieder auf.


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