Manchmal

Am Straßenrand stehen sie. Am Straßenrand ihrer kleinen ärmlichen Dörfer. Braun ist die vorherrschende Farbe. Braun wie Lehmziegel, braun wie staubige löchrige Straßen in der Mittagshitze. Und diese, wie zufällig in die Landschaft hingewürfelten, Dörfer wirken nur sonderbar, wenn man sich die Zeit, in der wir leben, vergegenwärtigt. Bedenkt man, in welchem Land man sich befindet, scheinen sie weniger bizarr.

Am Straßenrand stehen sie. Mit den Händen in den Taschen, großen Augen oder einem offenen Mund, neben dösenden Hunden, grunzenden Schweinen oder angebundenen Lasttieren. An ein Mauerwerk gelehnt, unter dem Schatten eines hundert Jahre alten Baumes hockend oder auf einem Stein sitzend. Dort, wo der Regen der letzten Nacht noch in Pfützen gesammelt liegt. Wolken wälzen sich im Brackwasser.

Es ist ein Gesichtsausdruck zwischen Verwunderung und Freude bei den Kleinen – etwas zwischen Neid und Sehnsucht bei den Älteren. Die Kleinen scheren sich nicht um ihr Auftreten, ob mit heruntergelassener Hose, verrotzter Nase, Grasflecken auf den Knien, zerrissenen abgetragenen Jacken, verschmutzten Pullovern – sie bleiben stolz und laut. Sie spielen in der Natur, mit der Natur. Sie sind noch zu weit weg – vor allem, noch zu frei – von denen, die sich bereits um die Wirkung ihres Äußeren bewusst sind: den Älteren. Sie tragen jene Kleidung, von der sie glauben, sie sei die Beste und sie würde Eindruck schaffen. Aber keiner weiß besser als sie, dass sie sich selbst etwas vormachen, denn es ist nicht genug Geld da.

Am Straßenrand stehen sie, die, die nicht irgendwo hingehen, oder von irgendwo fortgehen. Und für einen kurzen Moment, wenn sich mein Blick mit dem des jungen Fremden trifft, verstummt die Gegenwart. Und mitten unter ihnen sehe ich dann manchmal meinen Vater. Meinen Vater, wie er am Straßenrand, auf einem Grashalm kauend, die Kühe mit einer Rute vor sich hertreibt. Ein unbekanntes Dröhnen schreckt ihn auf, der Grashalm kippt nach unten und von weitem, von da, wo die Sonne immer untergeht, nähert sich ein Motorrad. Ein junger Mann mit langen, im Wind wehenden, Haaren, in blauen Jeans, Lederstiefeln und Lederjacke winkt dem kleinen Franz zu. Er trägt sogar eine Brille mit schwarzen Gläsern! Und mit seiner Rute zeichnet Franz in den Boden, aber er bemerkt es nicht, denn er schaut staunend dem Motorradfahrer hinterher. Franz schaut noch lange nach, und erst als der Fremde längst im Dunst verschwunden ist, schaut Franz in den Westen. Seine Mutter ist im Osten geblieben.

Und dann bricht die Sonne hinter der Wolkendecke wieder hervor und es scheint, dass ich meinen eigenen Schatten folge. Ich schaue in den Rückspiegel. Das Gold des Lichts blendet mich. Und mein Schatten wird länger. Schaue nie zurück.


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