Manal Al-Sharif - im saudischen und englischen TV.

Vor ein paar Wochen hatte ich noch einmal kurz über Manal Al-Sharif geschrieben, und darüber, dass die Aktion "Women 2 Drive" ins Stocken geraten und die Facebook-Seite von Manal Al-Sharif etwas stiller geworden zu scheint.
Und prompt erscheint Manal Al-Sharif in ganz großem Rahmen wieder in der Öffentlichkeit. Im Nachhinein war die zeitweise Verstummung wahrscheinlich dem Ramadan zuzuschreiben, wo die Leute sich eher zurück ziehen, Zeit mit der Familie verbringen, usw.
Jedenfalls - Am Sonntag trat Manal in der saudischen (!) TV-Sendung Eda'at auf, wo sie fast eine Stunde lang dem Moderator Turki Al-Dakheel von der Initiative, von ihrer Verhaftung und ihrer Hoffnung für die Zukunft der Frauen in Saudi Arabien erzählt. Es ist ihr erstes Interview überhaupt.

Das Interview ist zu lang, es hier komplett zu übersetzen, daher hier nur eine kurze Zusammenfassung.
Manal ezählt, wie es zu der Gründung der Initiative "Women 2 Drive" kam, dass sie zunächst zusammen mit einer Freundin aus der Uni angefangen hat, sich damit zu beschäftigen, wie es um die Rechtslage ihres Anliegens bestellt ist. Nachdem sie eingehend geprüft (sie zitiert Gesetzestexte und verschiedene Texte von Imamen und religiösen Autoritäten) und festgestellt hatten, dass es qua Gesetz keinerlei Verbote für Frauen in KSA gibt, zu fahren, haben sie zusammen mit einigen anderen Frauen das Datum 17. Juni ausgerufen, und Frauen aufgefordert, sich hinter's Steuer zu setzen.
Manal selbst sagt, sie habe die volle Unterstützung ihrer Eltern und Brüder gehabt.
Was über ihre Haft geschrieben worden sei, sei vollkommen übertrieben und dramatisiert, sagt sie mit einem ziemlich eindeutig amüsierten Lächeln. Ihr sei nie irgendwas angetan worden, ihr Bruder sei fast die ganze Zeit bei ihr gewesen und auch nach ihrer Entlassung habe sie niemand je behelligt oder belästigt oder verfolgt. Sie sei darauf vorbereitet gewesen und sowohl die Festnahme als auch die Haft selbst lief völlig respektvoll abgelaufen. Selbst der Polizist, der sie festgenommen hat, hätte sie erkannt und gefragt: "Geht's hier um den 17. Juni?"
Auch das Gerücht, sie habe im Anschluss ihren Job verloren, sei falsch. Sie arbeite noch immer als IT-Expertin und überhaupt fahre sie selbst in den Compounds schon seit 2007 mit einem amerikanischen Führerschein, so wie viele andere Frauen auch. "Das weiß ja auch jeder, das Frauen auf privaten Geländen seit langer Zeit selbst fahren", sagt der Moderator. Und genau deshalb, sagt Manal, könnte man das ja auch öffentlich machen.
Außerdem spricht sie über die Rolle der Frauen in Saudi Arabien, darüber, dass die Frauen schon viel erreicht haben, dass jedoch die größte Herausforderung sei, das Image der unterdrückten, religiös und familiär unterdrückten Opferfigur vor allem im eigenen Land und bei den eigenen Geschlechtsgenossinnen loszuwerden. Solange die Frauen nicht selbst an ihre Rechte glauben, könne sich auch nichts ändern, sagt sie.
Ja, der "arabische Frühling" habe in diesem Falle auch Saudi Arabien ereicht;  sie würden es "den Frühling der Frauen" nennen, sie und ihre Freundinnen. "Veränderung kommt von Innen. Das glaube ich ganz fest."
Manal, die Beeindruckende. Sie argumentiert ruhig, klug und fundiert; sie weiß genau, wo sie hin will und mit welchen Mitteln sich ihre Ziele erreichen lassen. Aber sie verliert nie die Contenance, sie bleibt respektvoll gegen ihre Familie, gegen den Staat, gegen das Königshaus und gegen die Unterstützer aus dem Ausland. Sie sei eine Privatperson, eine Einzelne, und müsse sich erst noch daran gewöhnen, als "Galionsfigur" verstanden zu werden.
Gestern gab sie dann noch ein Interview in Englisch auf Al Jazeera, in einer Skype-Liveschaltung, wo sie im Großen und Ganzen dasselbe sagt wie bei Eda'at. Allerdings spricht sie hier nicht über ihre Haft usw.

Im arabischen Sender MBC, einer der beliebtesten Sender auf der arabischen Halbinsel und in den Emiraten, gab es - angestoßen durch die Geschichte um Manal Al-Sharif - zudem einen großen Bericht und Diskussion zum Thema. Frauen aus Jeddah werden gezeigt, wie sie sich selbst hinter's Steuer setzen und anschließend drüber sprechen (Eine Frau sagt: "Mein Sohn musste von der Schule abgeholt werden und mein Mann war noch nicht zu Hause - also bin ich selbst gefahren, einfach so. Es war ganz einfach, ich hatte keine Probleme"). Die Frau sei insgesamt schon um die 20x gefahren, und auch als die Polizei mal angehalten hat, habe es keine Probleme gegeben. 
Zusammenfassend kann man also wohl sagen: Es bewegt sich was im Magischen Königreich! Sanfte, langsame Veränderung, denn eine öffentliche Diskussion findet statt. Mädels - weiter so!

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