“Man of Tai Chi” von Keanu Reeves

Chen Lin-Hu als Tiger Chen in Keanu Reeves

Chen Lin-Hu als Tiger Chen in Keanu Reeves “Man of Tai Chi”

Wer noch nicht die von Keanu Reeves produzierte und mit ihm als investigativen Reporter arbeitende Dokumentation Side by Side sehen konnte, sollte dies dringendst nachholen. In der Doku outet sich Reeves als wahrer Filmfan und -kenner, der in die Geschichte und die Arbeitsweise von sowohl dem digitalen Filmschaffen, als auch dem photochemischen Filmbild eintaucht. Er lässt große Namen zu Wort kommen, große Regisseure und ihre Einstellung zu den jeweiligen Verfahren: Da ist der Technokrat James Cameron, der Purist Steven Soderbergh, da sind David Lynch, Martin Scorsese oder Robert Rodriguez. In diesem Umfeld schöpfte er vermutlich noch einmal reichlich Inspiration für sein eigenes, erstes Regiewerk. Hier geht es zwar weniger um das Filmschaffen als Prozess, aber ebenso wie in der Dokumentation durch Reeves das Neue mit dem Alten verknüpft wird, kombiniert er in Man of Tai Chi die alte Tradition chinesischer Kampfkunst mit der neuen Faszination an der Technik, in Zeiten einer allseits herrschenden Präsenz und Erreichbarkeit.

Die fernöstliche Disziplin fügt sich außerordentlich gut in das Schauspiel von Keanu Reeves ein. Ohne wirklich böse klingen zu wollen, lässt die Mimik dieses Mannes oftmals eher zu Wünschen übrig. Das kommt ihm in coolen Rollen zu Gute, nur deshalb funktioniert er auch so gut als schwarze Sonnenbrille und Ledermantel tragender Neo in der Matrix-Trilogie der Wachowski-Geschwister. Nur deshalb war es auch eine überraschende Freude ihm in seiner Rolle in 47 Ronin zuzusehen. Hier nun, in seinem eigenen Film, räumt er das Feld für den Helden Tiger Chen, der sich im Verlauf der Handlung vom Delivery Boy zum Superkämpfer entwickelt, der sich wie in einem Videospiel aufsteigend, verschiedensten Gegnern und deren Kampfkünsten annimmt, ohne dabei zu wissen, ein Teil einer immer Online präsenten, recht martialisch anmutenden Show zu sein.

Donaka Mark (Keanu Reeves) lockt Chen in seine Kampfspiele

Donaka Mark (Keanu Reeves) lockt Chen in seine Kampfspiele

Der Drahtzieher hinter diesem Online-Coup ist nun Keanu Reeves, der in seiner Rolle nur sehr selten die Beherrschung verliert. Einmal entgleitet ihm die sture Mimik, er stößt ein markerschütterndes Brüllen, einem Tiger gleich, aus, um seine Wut zum Ausdruck zu bringen. Spätestens hier, wo der Mann wahre Emotionen zeigt, sollte dem Zuschauer deutlich werden, dass dieser Film genau das ist, was Reeves dieser Tage machen möchte. Da sind zwischenzeitliche Auftritte in mageren Filmromanzen oder -komödien schnell vergessen, offenbar nur Teilzeitangebote um das nötige Geld zum überleben rein zu bekommen, während dieses Projekt im Entstehungsprozess war.

Chen Lin-Hu, der Held der Geschichte, der erst die Regeln des Spiels erlernen muss, verfällt hier zuerst der Verlockung des Geldes, mit dessen Hilfe er zwar wahre Wunder bewirken kann, er aber zugleich auch die manchmal rettende Angst vor den Konsequenzen einbüßt. Er wird ein erbarmungsloser Kämpfer, der den Respekt vor seiner Macht verliert. Nicht erst seit Karate Kid wird jedoch filmisch gelehrt, dass der Meister immer mehr von seinem Schüler hält, wenn dieser seine Kampfkünste lediglich zur Verteidigung, nicht aber zum Angriff nutzt. Doch das liebe Geld macht diese Lehrerweisheit in Man of Tai Chi erst einmal zunichte.

Tiger Chen schlägt sich durch abwechslungsreiche Kampfchoreographien

Tiger Chen schlägt sich durch abwechslungsreiche Kampfchoreographien

In einem Videospiel findet man sich immer dann wieder, wenn Chen in einem gänzlich weiß steril gehaltenen Raum vor einem Spiegel steht, seinen Namen sagt und daraufhin seinen nächsten Trainingsgegner präsentiert bekommt. Immer mal wieder entfleucht der Film dieser Szenerie, schickt Chen gegen ein Kämpferpaar im Stroboskoplicht ins Gefecht – am Ende muss er gar gegen Iko Uwais antreten, der sich selbst in The Raid und dem kommenden Sequel gegen Horden von Kampfsportlern durchschlagen muss. Das alles ist derweil als reale Show konzipiert, wird Live ins Internet übertragen, wo schaulustige Gewaltfreunde nicht genug von Blut und Todschlag bekommen können. Es ist die brutale Variante der Truman Show, bei der der Teilnehmer nicht weiß, was eigentlich mit ihm geschieht, alles für echt hält und mit dem Bruch der Fassade auch die Läuterung einberufen wird. Da ist dann auch ein wenig Fight Club zu spüren.

Mit Man of Tai Chi zeigt Keanu Reeves ein nicht zu unterschätzendes Regiedebüt, mit dem er einen festen Platz im Genre der Kampfsportfilme gewinnt. Er hat die Kämpfe unter Kontrolle, choreographiert seine Spieler durch unterschiedlichste Variationen von Aufeinandertreffen, wodurch er der Monotonie entkommt. Oben drauf bekommen wir diese Verstrickung mit dem modernen Begehren an Darstellung, eine musikalisch stimmige Untermalung und endlich mal wieder einen glaubwürdigen Keanu Reeves, wenn auch nur als Bösewicht in einer Nebenrolle. Lang war der Herr nicht mehr so selbstsicher und sehenswert unterwegs wie in Man of Tai Chi.


Man of Tai Chi_Plakat”The Man of Tai Chi”

Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA/ VRC, 2012
Länge: ca. 105 Minuten
Regie: Keanu Reeves
Darsteller: Tiger Hu Chen, Keanu Reeves, Iko Uwais, Karen Mok

Kinostart: 13. März 2014
Im Netz: upig.de/man-of-tai-chi

Bilder © Universal Pictures International Germany GmbH



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