Mad Max

1979 rechnete niemand mit dem Erfolg von Mad Max. Einem kleinen Independent-Film, wie er im Buche steht. Mittlerweile ist er zu einer filmischen Ikone gereift, einer beinahe mythologischen Filmfigur.

Das Setting: eine kollabierende Gesellschaft, in der Recht und Ordnung von marodierenden Banden zunehmend zerstört werden und die Gesetzeshüter mit ihren veralteten Methoden dem Angst und Schrecken auf den Weiten der Straßen nicht mehr Herr werden. Während die Welt in Chaos versinkt und unschuldige Menschen auf der Strecke bleiben (manchmal im wahrsten Sinne des Wortes), benötigen die Vertreter des Gesetzes, die MFP – Main Patrol Force, dringend einen neuen “Helden”. Bis der junge Max Rockatansky (Mel Gibson) jedoch so weit ist und zum ikonischen und auf den Straßen gefürchteten “Mad” Max mutiert, muss er noch einiges erleiden. Vor allem durch die Hände des nicht minder wahnsinnigen Toecutters (Hugh Keays-Byrne).

You’ve seen it!… You’ve heard it!… and you’re still asking questions?

Doch dieser “Mad” Max ist eigentlich kein Held, wie ihn sich sein Polizeichef vorgestellt hatte, denn es geht ihm nicht mehr um Recht und Ordnung, nicht einmal um Gerechtigkeit, es geht ihm nur noch darum, der Welt den gleichen Schmerz zuzuführen oder zu ersparen, der ihm widerfahren ist, er hält den mordenden, plündernden Banden einen Spiegel vor ihr Gesicht. Nicht minder gefährlich und gewalttätig als sie, nur mit dem Unterschied, dass Max nur auf einer Seite steht: auf seiner – ein absoluter Einzelgänger, der einem wilden Tier, einem Jäger gleicht, der das australische Ödland durchstreift.

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Mad Max bildete den Auftakt zu der, seit diesem Jahr mit Mad Max: Fury Road, vier Teile umfassenden Reihe, wobei damals vermutlich kaum jemand mit solch einem Erfolg gerechnet hatte. Unbekannte Schauspieler, eine aufopferungsvolle Crew und ein Mini-Budget sind nicht zwangsläufig die Ingredienzien für eine langlebige Filmfranchise. Doch die Mischung aus einem eigenwilligen, originellen Stil (selbst moderne Postapokalypsen kommen nicht ohne Mad Max-Referenzen aus, wodurch der Film für dieses Genre ebenso Definierend wurde, wie zum Beispiel Blade Runner für das Sci-Fi Genre), dynamischer Inszenierung (inklusive einer der beeindruckendsten Vorstellungen eines Protagonisten) und einer auf das wesentlichste reduzierten Handlung.

It’s that rat circus out there. I’m beginning to enjoy it …

Überraschend ist besonders die Aufteilung und Dramaturgie des Films. Mad Max beginnt mit einer grandiosen Einführung und etabliert sofort den Helden und noch viel wichtiger: setzt den Grundstein, tief verankert in dem Psychogramm der Figur, für das, was aus Max Rockatansky im Verlauf des Films werden wird, indem er ihn, noch als MFP-Streife frontal auf einen geflohenen Sträfling namens Nightrider rasen lässt und ihn damit zur Strecke bringt, ohne selbst mit den Augen zu blinzeln. Danach ein radikaler Wechsel im Tempo der Erzählung. Mad Max wird beinahe so etwas wie ein Sittenbild einer möglichen Zukunft und zeigt, was aus der Gesellschaft werden könnte. Schildert ein familiäres Drama in einer Welt, in der für derartige Werte offensichtlich kein Platz mehr ist. Wie es sich für den Helden gehört, erlebt er auch in Mad Max seine persönliche Hölle und richtet sich als Resultat davon gegen die ganze Welt.

… Look, any longer out on that road and I’m one of them, ya know?

Ein blutjunger Mel Gibson liefert eine grandiose Leistung. Die Transformation vom aufrechten Gesetzeshüter und liebevollen Familienmenschen zum wahnsinnigen, besessenen Einzelgänger und Rächer vollführt er scheinbar mühelos, ohne große Anstrengung oder übertrieben emotionalem Agieren. In starkem Kontrast dazu Hugh Keays-Byrne als Toecutter, der Anführer einer Motorradgang (aus Mangel an nötigem Kleingeld für Darsteller, engagierte Miller einfach eine echte Motorradbande). Als Figur, die womöglich den gleichen Weg entlangfährt wie “Mad” Max selbst, ihm jedoch schon um einige Kilometer voraus ist, lässt Keays-Byrne den ganzen Wahnsinn seines Charakters auf der Leinwand explodieren.

Mad Max wäre jedoch nicht was er ist (und das muss man in diesem Fall ausdrücklich betonen) ohne seinem Stuntteam, jenen Leuten, die wahrhaftig ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben um diese Geschichte so authentisch und mitreißend wie möglich auf die Leinwand zu bringen – schwere Verletzungen inklusive. Nicht nur, dass der Film dadurch kostengünstiger wurde (Gesamtbudget von 650.000 Dollar), sondern es verleiht Mad Max ein zusätzliches Maß an Glaubwürdigkeit. Ein Umstand, der gerade bei einem futuristischen, postapokalyptischen Setting nicht zu unterschätzen ist, wenngleich in Mad Max die Welt erst am Rand des Abgrunds steht und nicht wie in der Fortsetzung schon darüber hinaus ist. George Miller gelang mit Mad Max ein stilbildender Auftakt für seine (zukünftige) Filmreihe, etablierte sich gleichzeitig als talentierter, junger Filmemacher und schuf die ersten filmgeschichtlichen Momente einer ikonischen Figur. Ein absoluter Klassiker.

Regie: George Miller, Drehbuch: James McCausland, George Miller
Darsteller: Mel Gibson, Hugh Keays-Byrne, Joanne Samuel, Steve Bisley, Tim Burns
Filmlänge: 88 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 07.05.2015 (neue Edition)


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