Spätabends – oder wohl eher nachts – willst du ins Bett wanken, wo du feststellst, dass Luise mal wieder schlafwandelnd den Weg auf deine Seite des Bettes gefunden hat, weshalb du dich für eine weitere Nacht auf dem Sofa entscheidest, weil schlafendes Töchterchen hieven inzwischen ganz schön belastend sein kann für deinen Rücken, belastender noch als eine Nacht auf dem Sofa.
Wenig später wirst du unsanft aus der ersten Tiefschlafphase gerissen, weil einer, der gewöhnlich nie das Bett nässt, dies dennoch getan hat und darob so erschrickt, dass er wohl in die Badewanne stiege, würdest du ihn nicht darauf hinweisen, dass um diese Zeit ein nasser Waschlappen reicht.
Eben willst du wieder wegdämmern, als der Zimmergenosse des Ausnahme-Bettnässers angeschlichen kommt. Er fühlt sich einsam, weil der Ausnahme-Bettnässer sich zu Papa ins Bett geschlichen hat. Also stellt sein Zimmergenosse mitsamt Bär, Raupe, Entchen, Dromedar und Schmusedecke bei dir auf dem Sofa einen Asylantrag. Dem Antrag wird selbstverständlich entsprochen. Nachdem dein Sofagenosse sich mit seiner Entourage umständlich an deiner Seite eingerichtet hat, dämmerst du wieder weg. “Du musst mir dein Gesicht zudrehen”, fordert dein Sofagenosse, kaum hast du es dir auch wieder halbwegs bequem gemacht, also tust du, was er wünscht, damit endlich Ruhe einkehrt.
Die nächste Stunde verbringst du in einem Zustand zwischen Traum und Wirklichkeit, also zwischen wolkig-luftigen Gedanken und harter Sofakante. Einmal mehr musst du erkennen, dass dein Sofagenosse eine ganz eigene Auffassung über die gerechte Teilung einer Schlafstätte hat.
Endlich hast du dich auf dem Sofa so eingerichtet, dass die Hoffnung auf Tiefschlaf wieder aufkeimt, als eine nächtliche Erscheinung auf dem anderen Sofa Gestalt annimmt. “Der Marder war bei den Wachteln, schon mindestens fünfmal”, berichtet die Erscheinung. Die Erscheinung, die übrigens auf den Namen Luise hört, würde dir in den schauerlichsten Details darüber berichten, wie sie vom offenen Fenster aus für Ordnung im Garten gesorgt hat, würdest du sie nicht umgehend zurück ins Bett – also in dein eigenes Bett, das du gerade sehr schmerzlich vermisst -schicken.
Schon willst du wieder eindösen, als du auf dem anderen Sofa, an der Stelle, wo eben noch die Erscheinung namens Luise sass, den Bildschirm deines Laptops geheimnisvoll leuchten siehst. “Du spinnst ja wohl”, weist du dich selber zurecht, drehst dich wieder deinem Sofagenossen zu.
Irgendwann klingelt ein Wecker, die wenigen Vendittis, die aus dem Haus müssen, werden wach, aber etwas in dir weigert sich, diesen Umstand zur Kenntnis zu nehmen. Freundlich, wie du bist, lässt du dem Papa freie Hand in der Gestaltung des “Wer hat noch nicht gefrühstückt? Hast du die Zähne geputzt? Wo sind schon wieder meine Schuhe?”-Rituals.
Eine Stimme, die du im Halbschlaf deinem Mann zuordnest, informiert dich darüber, was sich in deinem Schlafzimmer während deines Sofaaufenthalts abgespielt hat: Mehrmaliges Fensteröffnen durch die Wachtel-Wächterin und die freudige Überraschung, dass sich oben einer zweimal übergeben hat, ohne dass es unten einer mitbekommen hätte, so dass jetzt das ganze Zimmer stinkt. Dies nimmst du irgendwie zur Kenntnis, es reicht aber nicht aus, um dich so richtig wachzurütteln. Wenn die Kinder die Nacht zum Tag machen, musst du nach Möglichkeit den Tag zur Nacht machen, sonst mutierst du spätestens nachmittags um vier zur herumbrüllenden Furie. Zumindest dann, wenn du die Dreissig überschritten hast und schlaflose Nächte nicht mehr so leicht wegsteckst wie auch schon.