Bloss kein Stress…

Mag sein, dass andere Mütter unter Druck geraten, wenn sie sehen, wie die Freunde ihrer Kinder Geburtstagsparties feiern. Ich lasse mich dadurch nicht stressen, denn die Auseinandersetzung mit meinem Alten Ich, das mit Übereifer Kindergeburtstagsparties organisierte, reicht vollauf, um mir ein schlechtes Gewissen zu machen:

Ende Dezember 2012:

Altes Ich: “In einem Monat hat der Zoowärter Geburtstag. Du solltest allmählich an die Planung denken. Wann willst du denn überhaupt seine Kindergartenfreunde einladen?
Ich: Was soll der ganze Stress? Jetzt haben wir eben erst Weihnachten hinter uns gebracht und du redest schon wieder von Geburtstag. Das hat noch Zeit…
Altes Ich: “Von wegen! Eigentlich solltest du mit den Plänen für den Zoowärter-Geburtstag bereits fertig sein und dich um Luises Party im März kümmern, aber weil du ja immer alles auf dem letzten Drücker machst, habe ich dich damit noch nicht belästigt.”
Ich: “Ich empfinde aber schon das mit dem Zoowärter-Geburtstag als Belästigung, also lass mich bitte noch ein paar Wochen in Ruhe damit.”
Altes Ich: “Wie du willst. Aber glaube bloss nicht, ich würde dir aus der Patsche helfen, wenn alles schief läuft, weil du zu spät angefangen hast…”

Anfang Januar 2013:

Altes Ich: “Hast du die Einladungen geschrieben?”
Ich: “Welche Einladungen?”
Altes Ich: “Na, welche wohl? Die für Zoowärters Geburtstagsparty.”
Ich: “Die Party steigt erst Ende Monat, das eilt noch nicht.”
Altes Ich: “Von wegen das eilt nicht. Weisst du eigentlich, wie vielbeschäftigt die heutigen Kindergartenkinder sind? Du willst doch nicht etwa, dass dein Sohn alleine feiern muss, weil alle ihren Terminkalender bereits voll haben.”
Ich: “In zwei Wochen mache ich die Einladungen, versprochen.”
Altes Ich: “Bist du wahnsinnig? Dann ist es längst zu spät. Früher, bei Karlsson und Luise warst du immer zeitig dran.”

20. Januar, Zoowärters Geburtstag:

Altes Ich: “Okay, mir ist klar, dass die Kinder nicht heute zu Besuch kommen, es ist ja Sonntag. Aber hast du das Fest am 31. bereits geplant, sind die Einladungen raus?”
Ich: “Morgen bringt der Zoowärter die Einladungen in den Kindergarten, ganz bestimmt. Ich mache sie heute Abend.”
Altes Ich: “Wundere dich bloss nicht, wenn lauter Absagen kommen. Die Party soll ja schon in zehn Tagen stattfinden.”

25. Januar:

Altes Ich: “Was macht ihr denn am 31. mit den Kindern?”
Ich: “Na ja, irgend etwas wird uns schon einfallen. Etwas mit Rittern und Prinzessinnen…”
Altes Ich: “Ich fasse es nicht! Weisst du noch, wie ihr damals für Karlsson eine Turnhalle gemietet habt? Und die tollen Bastelsachen, die du jeweils für Luises Fest eingekauft hast, weil die alle so gerne kreativ waren…”
Ich: “Ja, ich erinnere mich, das war toll. Aber du hast bestimmt nicht vergessen, wie die Kinder jeweils gemotzt haben, weil sie lieber frei spielen wollten, als unser Programm mitzumachen.”
Altes Ich: “Also daran kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern. Dafür werde ich Fräulein Bock nie vergessen.”
Ich: “Fräulein Bock?”
Altes Ich: “Ja, Fräulein Bock, an Karlssons zweiter Party. Du mit der Schürze, Bergen von Fleischbällchen und Zimtwecken, Karlsson mit einem Kartonpropeller auf dem Rücken, die Kinderschar, die versuchen musste, Fleischbällchen und Zimtwecken zu stehlen. Das war ein Spass…”
Ich: “Stimmt, das war ein Spass. Aber dazu bin ich inzwischen einfach zu müde. Und der Zoowärter kennt auch die Karlsson-Geschichte zu wenig….”
Altes Ich: “Oh ja, die kennt er zu wenig und wessen Schuld ist das? Früher hast du dir noch richtig Mühe gegeben, aber heute…”
Ich: “Heute gebe ich mir auch noch Mühe, ich singe einfach mehr und erzähle etwas weniger Geschichten.”
Altes Ich: “Früher hättest du beides gemacht, gesungen und erzählt und das am gleichen Abend.”
Ich: “Früher hatte ich ja auch noch keine Teenager, die nach Feierabend Hilfe bei den Hausaufgaben brauchten. Dafür habe ich tagsüber mehr Zeit für die Kleinen.”
Altes Ich: “Mich dünkt, wir kommen etwas vom Thema ab, obschon wir uns dringend mal darüber unterhalten sollten, wie sehr deine Einsatzbereitschaft nachgelassen hat. Aber Zoowärters Geburtstag hat jetzt Priorität und da du, wie mir scheint, noch überhaupt keine Vorbereitungen getroffen hast, nehme ich das jetzt an die Hand. Also, her mit dem Laptop. Wir besorgen jetzt Deko, Servietten und Kartonteller. Aber die Schönsten, wenn ich bitten darf. Der Zoowärter soll nur das Beste bekommen, wo seine Mama schon zu faul ist, dasFräulein Bock zu machen.”
Ich: “Einverstanden, obschon ich noch einmal klar und deutlich festhalten möchte, dass ich nicht faul geworden bin, sondern realistisch.”
Altes Ich: “Ich ziehe es vor, diese letzte Bemerkung zu ignorieren. Also, lass mal sehen, diese Ritterteller hier sind wirklich cool und die Teekannen für die Mädchen, die der Zoowärter eingeladen hat…”

Gestern:

Altes Ich: “Ich hoffe doch sehr, du hast für morgen alles vorbereitet.”
Ich: “Ja, das Dekomaterial ist heute eingetroffen, die Süssigkeiten sind gekauft, den Kuchen mache ich dann morgen früh und den Rest werden wir ja sehen.”
Altes Ich: “Ich hoffe doch sehr, dass ich mich verhört habe.”
Ich: “Nein, hast du nicht. ‘Meiner’ und ich haben beschlossen, das Programm morgen zu besprechen.”
Altes Ich: “Das ist ja wohl die Höhe! Bei Karlsson musste ich dich jeweils davon abhalten, den Tagesplan am Computer zu erstellen und heute weisst du noch nicht mal, was ihr morgen machen werdet.”
Ich: “Nun ja, in groben Zügen ist das Programm natürlich schon geplant. Wir werden Geschenke auspacken und Kuchen essen.”
Altes Ich: “Ich bin tief beeindruckt, dass dir zumindest schon die obligatorischen Programmpunkte bekannt sind.”
Ich: “Siehst du, so schlecht sind wir gar nicht dran.”

Heute, 10:00 Uhr:

Altes Ich: “Und, darf ich jetzt den Tagesplan sehen?”
Ich: “Nun ja, ich habe gedacht, dass ich jetzt dann gleich mit dem Kuchen anfange…”
Altes Ich: “Wie, der ist noch nicht gebacken? Und das Programm?”
Ich: “Nachher setze ich mich dann mit ‘Meinem’ hin, um die Details anzuschauen.”
Altes Ich: “Nachher? Wann nachher?”
Ich: “Wir werden sehen…”

Mittag:

Altes Ich: “Programm, aber sofort!”
Ich: Zuerst Geschenke, dann Smoothie mixen, Geschichte erzählen, Schatzsuche, Basteln, Kuchen essen, freies Spielen, noch einmal Geschichte erzählen dann Schluss.
Altes Ich: “Auf den ersten Blick ganz beeindruckend, aber kommen wir zu den Details: Welche Geschichte denn?”
Ich: “Nun ja, etwas mit Rittern. Suche ich dann nach dem Mittagsschlaf aus. Wir haben ja viele Bücher…”
Altes Ich: “Beschämend. Was kommt in den Smoothie?”
Ich: “Nun ja, ich habe Beeren aufgetaut und dann haben wir noch Blaubeersaft, den Rest werden wir dann sehen…”
Altes Ich: “Noch einmal beschämend. Wie steht’s mit dem Schatz?”
Ich: “Wir suchen dann noch die Kiste nach dem Mittagessen. Ich glaube, Prinzchen weiss, wo sie ist…”
Altes ich: “Und die Bastelarbeit?”
Ich: “‘Meiner’ und ich sind uns noch nicht ganz einig. Er will Fensterbilder, ich möchte Tischsets. Klar aber ist, dass wir laminieren werden.”
Altes Ich: “Na dann, viel Glück bei der Party…”

18 Uhr:

Altes Ich: “Und, wie war die Party?”
Ich: “Sehr friedlich. Wir hatten wirklich viel Spass.”
Altes Ich: “Nur ihr, oder auch die Kinder?”
Ich: “Nun, soweit ich es beurteilen kann, hatten die Kinder viel Spass. Zumindest gab es nie Streit und gemotzt hat auch keiner. Weisst du noch, wie das jeweils bei Luises Parties war und einmal, als beim FeuerwehrRitterRömerPiraten keiner Kuchen haben wollte, weil er Kokosraspel im Teig hatte?”
Altes Ich: “Du meinst, es gab keine solchen Vorfälle?”
Ich: “Nicht einen einzigen. Es war einfach nur schön und ich glaube, es hat allen ganz gut gefallen.”
Altes Ich: “Kein Chaos, weil ihr so schlecht vorbereitet wart?”
Ich: “Nein, kein Chaos. Alles klappte wie am Schnürchen.”
Altes Ich: “Keine Tränen?”
Ich: “Keine Tränen.”
Altes Ich: “Keine Langeweile?”
Ich: “Nein, keine Langeweile. Ausser bei ‘Meinem’ und bei mir, weil die Kinder so brav waren, dass wir kaum gebraucht wurden.”
Altes Ich: “Nahezu beeindruckend, dass man mit solch schlampiger Organisation ein solches Fest zustande bringt. Aber ich nehme an, das liegt nur an den Kindern. Sie sind vermutlich ausserordentlich wohlerzogen.”

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