Quelle: landschaftsfotos.eu
Meine heutige Morgennotiz
Gerade in diesen Tagen, jetzt wo die dunkle Jahreszeit beginnt, haben mich einige liebe E-Mails erreicht von lieben Blogleserinnen und Bloglesern, die unter der Last ihrer Vergangenheit, in der sie sehr Schweres erlebt haben, leiden.
In diesen E-Mails wurde ich immer wieder gefragt:
„Lieber Werner, wie hast Du das geschafft, Deine ganz schlimme Vergangenheit als Eselskind, als misshandeltes und missbrauchtes Kind hinter Dir zu lassen?“
Darauf möchte ich Euch sehr klar antworten:
Als junger Erwachsener schleppte ich den Dreck und Schmutz meiner Vergangenheit aus Kindheit und Jugend wie einen schweren Rucksack mit mir umher.
Und eines Tages stand ich vor der Entscheidung:
Entweder ich breche unter der Last der Vergangenheit zusammen oder ich lasse die Vergangenheit hinter mir und wende mich der Zukunft zu.
In dem ersten Fall wäre ich heute nicht mehr am Leben, ich aber wollte leben.
Ich habe damals immer lange Spaziergänge durch Wälder gemacht,
um mit mir ins Reine zu kommen und die Vergangenheit zu bewältigen.
Eines Tages nahm ich mit ein Blatt Papier und schrieb in Stickpunkten auf, was ich als Kind und Jugendlicher erlitten hatte. Vor einem meiner nächsten Spaziergänge habe ich dieses Blatt Papier dann in einen Schulkarton getan und während des Spaziergangs im Wald den Schuhkarton vergraben.
Durch das „Vergraben“ wollte ich mich von meiner Vergangenheit sichtbar trennen.
Natürlich schmerzten die Erinnerungen weiter, aber ich wusste, die Ereignisse, an die ich mich erinnerte, waren kein Teil mehr von mir, sie hatten keine Gewalt mehr über mich.
In dem Wort „vergraben“ steckt ja auch das Wort „Graben“.
Ein Graben trennt z.B. verschiedene Wiesen voneinander.
Indem ich symbolisch meine Vergangenheit vergrub, trennte ich mich von ihr.
Wie bei einem Graben kann ich die Vergangenheit noch sehen, wie bei einem Graben kann ich mich an die schönen Erlebnisse der Vergangenheit noch erinnern, aber ich bin von ihr getrennt und das ist wichtig.
Das Zweite, das ich tat, um frei von meiner Vergangenheit zu werden, ist, dass ich den Tätern, die mir in Kindheit und Jugend Böses angetan hatte, vergeben habe.
Dabei ging es weniger um die Täter, als vielmehr um mich:
Ich musste mich entscheiden, ob ich weiter Wut, Ärger, Groll und Hass in mir zulassen wollte, die mein Leben zerfressen hätten, oder ob ich mich einer fröhlichen Zukunft zuwenden wollte.
Die Vergebung führte dazu, dass Liebe, Freude, Glück und Zuversicht mein Herz erfüllten und Wut, Ärger, Groll und Hass immer mehr verblassten.
Das Dritte, das ich tat, ich wandte die Taktik des Löwenzahn an.
Wenn ich eine Pflanze wählen sollte, die für das Nicht-Aufgeben steht, dann der Löwenzahn.
Da kann eine Asphaltdecke mit nur einem winzigen Spalt sein:
Der Löwenzahn bricht durch diesen Spalt hindurch und lässt sich nicht entmutigen.
Er sagt nicht: „Hier in der dunklen Erde (der Vergangenheit) habe ich ohnehin keine Chance und gegen den Asphalt (die Schwierigkeiten und Widerstände des Lebens)kann ich ohnehin nichts ausrichten!“, nein der Löwenzahn glaubt an die Zukunft, er lässt sich nicht entmutigen und er wächst heran und blüht.
Ihr Lieben,
ich wünsche Euch allen, dass Ihr den Mut, die Kraft und die Zuversicht habt, die dunklen Seiten der Vergangenheit hinter Euch zu lassen und nur die schönen Erinnerungen mit auf Eure Wanderung zu nehmen. Ich wünsche Euch eine wundervolle glückliche und hoffnungsvolle Gegenwart und ich grüße Euch mit einem Wort von Thornton Wilder:
„Manchmal vermag uns ein durch den Asphalt brechender Löwenzahn die tägliche Frage nach dem Sinn des Lebens eindrücklicher und überzeugender zu beantworten als eine ganze Bibliothek philosophischer Schriften.“
Niemals aufgeben!