Bücher, die den Deutschen Buchpreis gewonnen haben, machen mich neugierig und skeptisch zugleich. Oft wurde er in den letzten Jahren an Bücher vergeben, die ein allzu ernstes Thema sprachlich umständlich verpacken. Unterhaltung kommt oft zu kurz.
Auch "Kruso" ist nicht ganz leichte Kost. Die Wahl meines Lesezeitpunktes war vielleicht auch nicht ganz die richtige, denn auf meiner Rundreise kam ich nur hin und wieder für ein paar Seiten überhaupt zum Lesen. Dies reichte nicht wirklich, mich in das Buch zu versenken. Aber genau das würde ich künftigen Lesern raten: lest das Buch hintereinander weg, am Besten an einem Wochenende.
Leider habe ich erst viel zu spät begriffen, dass sich Teile in Träumen, Fieberschüben und Fantasien der Hauptfigur Ed abspielen. Mir fehlte zwischendurch dann der Faden und ich kam erst gegen Ende (nach meinem Urlaub!) in das Buch richtig rein.
Erzählt wird die Geschichte der Aussteigerinsel Hiddensee kurz vor der Wende. Auf dieser strandet auch Ed nach dem Verlust seiner Freundin und er trifft dort auf Kruso, eine Art Freiheitsguru, der sich um all die anderen gestrandeten Seelen der untergehenden DDR sorgt.
Schauplatz ist das Lokal "Klausner", in dem sich verschiedene Figuren tummeln, die versuchen als Saisonkräfte (interne Abkürzung Esskaa) vor ihrem allzu beengten Alltag zu fliehen. Als zentrale Anlaufstelle wird der Klausner - und insbesondere Kruso - von Freiheitsliebenden aller Art aufgesucht. Zum Schlafen verteilt werden sie in geheimen Verstecken auf der Insel. Einige von ihnen wollen weiter und versuchen, über die Ostsee zu fliehen. Viele suchen die Freiheit im Kleinen - und Kruso versucht sie für die Freiheit im Geiste zu gewinnen, denn er hält nichts vom Kapitalismus der BRD der damaligen Zeit
Die zentrale Frage des Romans ist: wie kann Freiheit existieren in einem Staat, der dem Bürger jegliche Reise- und Gedankenfreiheit verbietet? Muss man wirklich fliehen oder hatten wir die Chance, aus diesem Käfig eine neue, bessere Freiheit zu erlangen oder sogar die wahre Freiheit? Denn sind die Bürger des Kapitalismus wirklich frei in ihrer beschränkten Sicht des Verbrauchers?
Kruso ist ein Philosoph, der enthusiastisch und voller Utopie alle Gefährten von seinem Weg zu überzeugen versucht. Leider scheitert er - wie wir aus der Geschichte wissen. Und auch sein reales Vorbild - Aljoscha Rompe der früheren Punk-Band Feeling B - ist daran gescheitert.
Am Ende hat mich das Buch versöhnlich gestimmt. Es hat viel mit meiner eigenen Vergangenheit zu tun, es beinhaltet viele Wahrheiten und Gedankengänge, die ich selbst habe. Die Sprache ist neu und erfrischend und eigentlich müsste ich das Buch jetzt noch einmal von vorn lesen, um all die Ausbrüche und Spitzen wirklich zu verstehen. Leider habe ich es zur falschen Zeit gelesen, um mich richtig zu begeistern, vielleicht ist aber auch der Erzählstil nicht wirklich meiner. Lest selbst und bildet Euch ein Urteil.