Lob für Merkel

Von Stefan Sasse
Zu behaupten es käme nicht oft vor, dass ich Merkel lobte, wäre noch untertrieben. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals etwas Positives über die Politik dieser Frau gefunden zu haben. Heute ist es soweit, ein Jubiläum. Das ist nicht einmal satirisch gemeint. Ich bin ehrlich erfreut über Merkels Haltung im Fall Sarrazin und Westergaard. Es ist das erste Mal, dass ich sie sich in einer Sache vernünftig festlegen sehe.
Zuerst der Fall Westergaard: der dänische Karikaturist hat einen Medienpreis erhalten. In meinen Augen verdient er keinen Preis als Verteidiger der Meinungsfreiheit, denn letztlich hat er recht wenig geleistet. Seine Karikaturen sind eher plump und unwitzig, und es gehört zu den Grotesken der arabischen Welt, dass sich überhaupt so ein Wirbel darum entfaltete. Er erhält den Preis wohl eher stellvertretend dafür, bedroht zu sein. Er verkörpert gewissermaßen die Meinungsfreiheit, die bedroht ist. Denn dass er das machen darf, steht außer Frage. Man darf auch den Koran verbrennen. Das muss man nicht gut finden, aber es ist erlaubt. In etwa so hat Merkel sich auf der Rede auch geäußert: man muss die Zeichnungen nicht toll finden oder verteidigen, aber das Recht des Zeichners sie anzufertigen schon. Und da kann ich ihr nur zustimmen.
Ähnlich ist es im Fall Sarrazin. Klar darf Thilo seine Brandstifterthesen veröffentlichen. Das fällt durchaus unter Meinungsfreiheit, und Sarrazins Recht das zu sagen hat nie jemand angegriffen. Nur dagegen Stellung beziehen ist ebenfalls Meinungsfreiheit, zu sagen, dass es grotesker Quatsch ist und Verhetzung und rassistisch, auch das ist Meinungsfreiheit. Ich finde es gut, dass Merkel nicht ihren üblichen Anwandlungen erlegen ist und sich der "Mehrheitsmeinung" oder der BILD zu Füßen geworfen hat. Ich glaube das ist das erste Mal, dass sie gegen BILD Stellung bezieht und die Kampagne dezidiert nicht mitmacht. Sie hat sich von Anfang an klar gegen Sarrazin ausgesprochen, klarer noch als die SPD selbst und damit Kritik aus den eigenen Reihen und der eigenen Wählerschaft auf sich gezogen.
Wenn sie solches  Verhalten auch sonst zeigen würde, könnte sie tatsächlich eine gute Kanzlerin sein. Aber wo war das Rückgrat, das sie so überraschend im Fall Sarrazin gefunden hat, die letzten fünf Jahre? Wo war es, als Schäuble das Grundgesetz demontierte? Wo war es, als die Atomindustrie zeigte, dass ihr der Staat eigentlich gehört? Wo war es, als das Scheitern der ISAF-Mission offenkundig wurde? Wo war es, als gegen Hartz-IV-Empfänger gehetzt wurde, als ob es kein Morgen gebe? Wo wird es morgen sein? Wird es wieder fünf Jahre dauern, bevor es sich für einen Moment zeigt?
Links: Westergaard und die Brandstifter (Zeit)Die Meinung ist frei (FR)

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