Livigno und die Grenzen des Wachstums

Livigno und die Grenzen des Wachstums

Ich habe ein GA, aber will ich da hin? Livigno.

Das norditalienische Livigno ist mit der Schweiz durch einen wintersicheren Tunnel Richtung Ofenpass und Zernez verbunden. Ich war einmal in Livigno - und war abgestossen. Das Tal ist Zollfrei-Zone und Billig-Wintersport-Gebiet. Es wurde geschmacklos verbaut.
Letzte Woche las ich das SBB-Reisemagazin "Via". Ich erfuhr, dass man mit dem GA nach Livigno kommt. Dass man Livigno früher "Piccolo Tibet" nannte, weil es bis 1952 sechs Monate im Jahr von der Aussenwelt abgeschnitten war. Als dann in den Sechzigern der Tunnel der Engadiner Elektriztitätswerke zum Livigno-See kam, war Livigno auf einen Schlag das ganze Jahr gegen Norden offen. Die Folge: Verdoppelung der Einwohnerzahl auf heute 6000 Leute. 10 000 Ferienwohnungen. 100 Hotels. 250 Taxfree-Shops. Bis zu 28 000 Übernachtungsgäste in der winterlichen Hochsaison.
Oh Graus. Kurz darauf im "Tages-Anzeiger" die Titelzeile: "Bündnerland droht Italien mit Tunnelsperrung." Livigno zieht soviele Wintergäste an, dass sich der Verkehr durch den Tunnel in die Schweiz an schönen Wochenenden bis zu zehn Kilometer Länge staut und nach Zernez reicht. Somit ist der Ofenpass und die Zufahrt ins Münstertal blockiert - und genau deshalb überlegt sich die Bündner Regierung die Tunnelsperrung. In Livigno gibt man sich allerdings einsichtig, dass die Marketingstrategie, mit Dumping-Preis-Wochenenden vor allem Osteuropas Massen zu ködern, an ihre Grenzen stösst. Man gelobt, in Zukunft auch Skilift-Hotel-Packages zu verkaufen, die den Rest der Woche abdecken. Ob das nützt? Wir werden sehen.

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