Life is not a Destination but a Journey

Life is not a Destination but a Journey
Life is not a Destination but a Journey

Immer wenn mich die bisherigen Themenkreise diese Blogs zu sehr frustrierten, beschloss ich mit einer neuen Rubrik „Über das Reisen“ zu beginnen, ließ es aber schließlich doch immer wieder sein, weil viele der Erlebnisse schon Jahrzehnte zurück liegen und somit von fraglicher Aktualität schienen.
Andererseits hat schon Tucholsky auf die enge Verquickung zwischen Heimat und Ferne  einerseits und Gegenwart und Vergangenheit andererseits hingewiesen:
 
Wer die Enge seiner Heimat ermessen will, reise.
Wer die Enge seiner Zeit ermessen will, studiere Geschichte.
Kurt Tucholsky 1890-1935

Keine Angst, es ist nicht beabsichtigt hier das schriftliche Pendant zur gefürchteten Einladung zu Knabbergebäck und den ersten tausend Strandfotos vom letzten Kroatienurlaub abzuliefern, und es soll auch keine bildungsbürgerliche “Universumfolge“ über „die letzten Paradiese der Erde“ werden.
Hier wird es um die persönlichen Erfahrungen auf Individualreisen durch (bislang) 67 Staaten dieser Welt gehen, teils mit Rucksack, teils mit Samsonite; manchmal  vorausgeplant, häufig improvisiert; einmal in einer Suite im Stadtpalast des Maharadschas, dann mit Brechdurchfall in einer indischen Bahnhofstoilette …
 
Widersprechen wir einfach Blaise Pascals lapidarer Erkenntnis:
 
Alles Unglück des Menschen kommt daher, dass er nicht ruhig in einem Zimmer verweilen kann.
Blaise Pascal 1623-1662
 

Für Francis Bacon schien das Reisen vorwiegend eine Beschäftigung der Jugend, was im Hinblick auf die damaligen Verkehrsmittel kaum verwundert:
 
Reisen ist in der Jugend ein Teil der Erziehung,
im Alter ein Teil der Erfahrung.
Sir Francis Bacon (1561 – 1626)
 

Für Max Frisch konnte das kaum noch gelten und die Schikanen nach 9/11 hat er sich erspart. Er wird aber hier zitiert, da er uns ebenfalls darauf aufmerksam macht, dass ein wichtiger Teil des Erkenntnisgewinns erst nach der Rückkehr abläuft:
 
Auf Reisen gleichen wir einem Film, der belichtet wird.
Entwickeln wird ihn die Erinnerung.
Max Frisch (1911 – 1991)

Auch für mich waren meine ersten Reisen hilfreich, Österreich mit anderen Augen zu sehen.
 
Wo gehn wir denn hin? – Immer nach Hause!
Novalis 1772-1801

Der Mensch bereist die Welt auf der Suche nach dem, was ihm fehlt.
Und er kehrt nach Hause zurück, um es zu finden.
George Moore (1852 – 1933)

Schön ist nur, was niemals dein.
Es ist heiter, zu reisen, und schrecklich, zu sein.
Kurt Tucholsky 1890-1935

Kant, der selbst nicht gerade als Weltreisender in die Geschichte eingegangen ist, hat diesen Erkenntnisgewinn, luzide wie immer, analysiert:
  
Das Reisen bildet sehr; es entwöhnt von allen Vorurteilen des Volkes, des Glaubens, der Familie, der Erziehung.
Es gibt den humanen duldsamen Sinn, den allgemeinen Charakter.
Wer dagegen nichts sah, was ihn in der Sphäre,
worin er lebt, umgibt, hält leicht alles für notwendig
und einzig in der Welt, weil es in seiner Heimat dafür gilt.
Immanuel Kant (1724-1804)
 

Damit kommen wir auch schon bei einem wichtigen Unterscheidungsmerkmal zwischen „Urlaub“ und „Reisen“:
 
Touristen sind Reisende, die ihren Besitz verbrauchen, um sich den Besitz anderer anzusehen.
Ernst Heimeran (1902 – 1955)

Früher zeichnete man auf Reisen, um sich erinnern zu können, wo man war.
Heute filmt man auf Reisen, um zu erfahren, wo man gewesen ist.
Albert Camus (1913-1960)
Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet
Hans Magnus Enzensberger (*1929)
 

Es ist ja nicht so, dass „Reisen“ nicht auch einen gewissen Erholungswert hat, jedoch findet dieser eher mental statt. In allen anderen Aspekten ist „Reisen“ harte Arbeit.
 
Das Reisen ist eine Passion,in dem wunderbaren Doppelsinn dieses Wortes,
der im Wort Leidenschaft vollkommen nachgeformt ist:
eine Passion, kein Vergnügen.
Erhart Kästner (1904 – 1974)

Zum Reisen gehört Geduld, Mut, guter Humor, Vergessenheit aller häuslichen Sorgen, und dass man sich durch widrige Zufälle, Schwierigkeiten, böses Wetter, schlechte Kost und der gleichen nicht niederschlagen lässt.
Adolf Freiherr v. Knigge (1752 – 1796)

Nur um richtig verstanden zu werden, hier geht es nicht um das so genannte „Abenteuer“ oder um eine Verherrlichung der Strapazen, die man „überstanden“ hat. Wer derartige Reisebeschreibungen sucht, ist bei der Fülle an einschlägiger Literatur und den allenthalben plakatierten Diavorträgen besser aufgehoben. Ich habe auch in all den Jahren unter all den Menschen, die weit aus längere und weitaus „gefährlichere“ Reisen als ich erlebt hat, niemanden gefunden, der diesen Aspekt besonders hervorgehoben hat. Ganz im Gegenteil, der „wahre Reisende“ freut sich über jeden Abend, den er bequem an einem warmen und trockenen Ort verbringen konnte, über jede Dusche die funktioniert und jede Toilette, die ihren Inhalt nicht mehr von sich gibt, weil ihm all das die Kraft gibt, die nächste Nacht, die vermutlich anders verlaufen wird, so zu überstehen, dass sein Sensorium weiterhin frei für die wesentlichen Eindrücke seiner Reise bleibt. Dafür offen zu bleiben, ist für den Reisenden unumgänglich:
 
Der wahre Reisende weiß nicht, wohin die Reise geht, der wahre Abenteurer weiß nicht, was er erleben wird. Seine Reisen führen ihn nicht eher in eine Richtung als in eine andere. Seine Neugierde ist nicht auf einen bestimmten Punkt gerichtet.
Chuang-tzu, ca. 365-286 v. Chr
.

Reisen erfordert einen radikalen Umgang mit sich selbst, auch wenn Diderots Forderungen für die meisten von uns unerfüllbar sein werden:
 
Reisen, mein Freund, ist eine schöne Sache; aber man muss seinen Vater, seine Mutter, seine Kinder und seine Freunde verloren haben, oder nie welche besessen haben, um auf dem Globus umherzuirren. Was würden Sie von dem Besitzer eines riesigen Palastes sagen, der sein Leben damit verbrächte, treppauf, treppab zu eilen, vom Keller zum Dachboden, vom Dachboden in den Keller, anstatt sich ruhig im Kreise seiner Familie niederzulassen? Das ist das Bild des Reisenden. Dieser Mensch hat keine Moral, er wird von einer Art natürlicher Unruhe geplagt, die ihn entgegen seinem Willen von Ort zu Ort treibt.
Denis Diderot 1713-1784

Bevor wir die Reise um die Welt beginnen, sollten wir die Reise um uns selbst beendigen.
Denis Diderot 1713-1784

In jedem Fall aber ist „Reisen“ untrennbar mit einem selbst verbunden:
 
Der Weg zu dir selber hört nie auf
Hinter dir geht’s abwärts
Und vor dir steil bergauf
Wolfgang Ambros (*1952)
 

Das Ergebnis ist nicht immer im Sinne der Aufklärung:
 
Die Deutschen fahren ins Ausland, um auch mal andere Vorurteile kennen zu lernen.
Richard W. B. Cormack (*1941)
 

aber es zwingt einen zur Auseinandersetzung mit sich selbst:
 
Der kürzeste Weg zu sich selbst führt um die Welt herum.
Hermann Keyserling (1880 – 1946)

Vor denen, die Sven Hedin nicht verstehen:
 
Jeder Mensch braucht dann und wann ein bisschen Wüste!
Sven Hedin (1865 – 1952)
 

sei gewarnt, denn wie schon Alexander von Humboldt erkannte:
 
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben.
Alexander von Humboldt

Am Beginn meiner Reisen stand ich vor einer kleinen südenglischen Kirche und las unter all den Sinnsprüchen, die den Gläubigen an solchen Orten mitgegeben werden:
 
“Life is not a Journey but a Destination”
und dachte sogleich:
 
“au contraire“
Was ziemlich eigenartig ist, da ich der französischen Sprache ja eigentlich nicht mächtig bin. Meinem damals ziemlich „britanophilen“ Unterbewusstsein schien es aber opportun, dieser Aussage nicht nur inhaltlich, sondern gleich in einer anderen Sprache zu widersprechen. Nicht dass ich frei jeglicher Hoffnung auf zielgerichtete Entwicklungen wäre, aber in diesem im Zusammenhang schien mir die Umkehrung dieses Satzes zutreffender; bestenfalls könnte ich  Jean Pauls zustimmen, dass Reisen und Leben ohnehin dasselbe wäre:
 
Nur Reisen ist Leben,
wie umgekehrt das Leben Reisen ist.
Jean Paul (1763 – 1825)

Auf einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden weist uns Susan Heller hin:
 
When preparing to travel,
lay out all your clothes and all your money.
Then take half the clothes and twice the money.”
Susan Heller
 

PS: Dem Amateurpsychologen wird aufgefallen sein, dass ich mich hinter ausnehmend vielen Zitaten versteckt habe, um zu verbergen, wie schwer es mir fällt etwas “Prinzipielles über das Reisen” zu formulieren, ohne das vorweg zu nehmen, was eigentlich in den folgenden Beiträgen kommen soll. Das Bild zeigt übrigens das Haus in London, das vor vielen Jahren Ausgangspunkt für meine ganz persönliche “Vermessung der Welt” war. Schau’n mir ‘mal, was da nach folgt …
 


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