Liebes Rübchen...

Liebes Rübchen...

...nun sind wir angekommen im kleinen Tanzsaal, weil Du ganz unbedingt tanzen wolltest, hast Deine Turnschläppchen in die Kitatasche geräumt, deine Leggins mit den Punkten ausgesucht und angezogen und tagelang von kaum etwas anderem gesprochen. Jetzt stehst du neben mir am Rand des Saals und kannst deine Hand nicht von meiner Schulter nehmen. Du kuckst halb ängstlich, halb neugierig den anderen Mädchen zu, die ja schon wissen, was man mit den Füßen und den Armen machen soll. Ich sage, komm, mach mit, wie ein Schmetterling im Kreis fliegen kannst du doch auch, das machst du doch jeden Nachmittag zuhause. Nein, lieber noch zukucken. Ich möchte dir Mut machen, dich sanft hineinstupsen in den Kurs, weil ich weiß, dass du Spaß haben würdest und ein bisschen stolz sein würdest, weil du dich getraut hättest, zu den anderen Kindern zu gehen. Aber ich weiß auch, dass es gar nichts bringt, dich überreden zu wollen. Zwingen werde ich dich nicht. 

Also treten wir nach zwanzig Minuten den Heimweg an, wieder umgezogen in Winterstiefel und Jeans. Bist du traurig, Rübchen? Nein. Hattest du Angst? Du sagst nichts, aber ich kanns dir ansehen.

Das war unser dritter Anlauf. Ich gehe mit dir auch ein viertes, fünftes und sechstes Mal dahin, worauf du Lust hast und werde dich auch dann nicht zwingen.

Nie würdest du auf dem Spielplatz auf die Rutsche klettern, wenn da zwei andere Kinder wären. Besuchen wir jemanden, oder kommt jemand zu uns, brauchst ungefähr anderthalb Stunden, um dich warm werden zu lassen mit dem/der/den anderen. Aber dann glaube ich, dass du ein toller Kerl bist, mit dem man super spielen kann und ich glaube, dass du ein guter Freund sein kannst.

Lustigerweise warst ab Tag eins genau so. Bei/auf/neben Mama sein, dann ist die Welt okay. Beim Pekip sind alle Babys durch die Gegend gerobbt, das wäre dir im Traum nicht eingefallen. Du beobachtest alles und jeden sehr genau. Ich hab immer gesagt, dass du nicht der Actionheld bist, sondern der Dokumentarfilmer.

Und ich weiß, dass die Welt nicht unbedingt für zurückhaltende Menschen gebaut ist. Tanzkursleiterinnen, die nach fünf Minuten Kurs an meiner Hand vor allen Kindern von dir verlangt haben, etwas vorzutanzen. Turnlehrerinnen, die nicht eingreifen, wenn forsche Kinder dich nicht klettern lassen, sondern dich zur Seite drängen. Menschen, die, je mehr du dich hinter mir versteckst, umso zudringlicher werden. Ich bin zwischen Gluckenmama und Mutmachermama hin- und hergerissen. Manchmal wird mir das zwischen den Zeilen als Erziehungsfehler angekreidet, dass du nicht offen auf jeden zugehst und ich fühle mich in eine Rechtfertigungsposition gedrängt.

Weißt du was Rübchen? Das ist mir egal. Ich finde es prima, dass Du sagst, wenn Du nicht die Hand geben oder nicht reden magst.

Und weißt du noch was? Ich war genau so. Horden von anderen Kindern machten mir Angst, ich war ein absolutes Mamakind und habe mich auch eher am Rand aufgehalten bis ich mich auf sicherem Terrain gewähnt habe. Wie sagt man so schön: es hat mir nicht geschadet. Ich habe irgendwann gelernt, dass man auch mal über seinen Schatten springen muss und oft dafür belohnt wird mit tollen Freundschaften und lustigen Nachmittagen. Das wirst du auch mal erfahren, da bin ich mir sicher. Gern würde ich dir ein kleines Stückchen Mut einpflanzen, aber Mut und Selbstbewusstsein sind Dinge, die wachsen müssen. Das schaffst du schon!

Bis dahin stehe ich dir treu zu Seite - einen dicken Kuss von

Deiner Mama


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