Vor einer Weile zeigte mir ein ägyptischer Freund in Berlin den wunderbaren Film „Tracks of Cairo“.
Der Film stellt verschiedene Musiker und Bands aus Cairo vor und zeigt sie bei der Arbeit und bei Live-Auftritten. Gemeinsam suchten wir sämtliche Tracks und Songs aus dem Film zusammen. Nur einen Song konnten wir nicht finden; weder auf der Tracklist des Films noch bei intensivsten Internetrecherchen. Es war ein elektronisches Stück mit einer wunderschönen, fern-abwesenden, intensiven Frauenstimme, die immerzu flüsterte „Anta al Hawa“ (Du bist der Wind). Irgendwann haben wir aufgegeben und mein ägyptischer Freund schnitt das Stück einfach als Soundfile aus dem Film heraus für mich.
Vor ein paar Tagen habe ich durch Zufall endlich die Sängerin dieses tollen Songs gefunden. Yasmine Hamdan heißt sie, und kommt aus Beirut. Und am Freitag hatte ich das große Glück, sie im wunderschönen Hamburger Nochtspeicher live erleben zu können.
Dem breiteren Publikum ist Yasmine Hamdan seit Kurzem vielleicht bekannt aus ihrem kleinen Cameo-Auftritt in Jim Jarmuschs letztem Film Only Lovers Left Alive (großartiger Film, übrigens!). Tatsächlich macht sie aber schon seit über zehn Jahren Musik. Mit Indie-Projekten wie Y.A.S. und Soapkills ist sie in den arabischen Ländern schon lange erfolgreich.
Ich war unsicher, was oder wen ich im Nochtspeicher zu erwarten hatte. Arabische Musik, die nicht unbedingt in die grauenvolle Kategorie „Weltmusik“ fällt, ist ja nun nicht unbedingt ein Publikumsmagnet in Deutschland. Umso überraschter war ich, dass das Hamburger Konzert ausverkauft war. Das Publikum rangierte von Hipstern und jungen Menschen meines Alters bis hin zum (seltsam…) klassischen Bildungsbürger spätmittleren Semesters in Tweed und Stöckelschuh. Man trank Wein und Aperol Spritz, alles etwas schräg.
Yasmine Hamdan schien das nicht so richtig zu interessieren. Klein, zierlich und unfassbar sexy kommt eine schöne Frau zusammen mit ihren 3 Musikern auf die Bühne und liefert von der ersten Sekunde an ein energiegeladenes Rock n Roll-Feuerwerk der Extraklasse ab. Dass die meisten Leute zwar sichtlich angetan, aber eben typisch deutsch nur vor der Bühne stehen, wohlwollend mit dem Kopf wippen und brav am Ende der Songs applaudieren, anstatt zu tanzen und sich von der großartigen Musik mitreißen zu lassen, irritiert die Band scheinbar nicht. Mich stört’s schon ein bisschen, wie immer, aber wir lassen uns den Spaß nicht verderben und tanzen, jubeln und feiern einfach für uns und mit Yasmine.
Die Stücke, die ich mir inzwischen auch auf der aktuellen CD Ya Nass angehört habe, sind für den Auftritt neu arrangiert und instrumentiert. Während das Album recht ruhig und melancholisch daher kommt, steigern sich die Songs live in wahre Klangorgien. Yasmine flirtet, meditiert, leidet und feiert jede Silbe, die sie singt und transportiert in ihrer Sinnlichkeit und dank ihrer rauen, tiefen Stimme eine Energie, die man bei Konzerten nur ganz selten erlebt.
Mich persönlich berühren die Songs derart, dass mir mehrmals die Tränen kommen. Meiner Begeleiterin, die übrigens kein Arabisch spricht, ging es genauso, was ja nur heißen kann, dass Yasmine Hamdan sich auch so verständlich macht, durch ihre Aura, durch ihre Musik und ihre Präsenz.
Eins der besten Konzerte, das ich seit Langem erlebt habe – ich bin verliebt!
Und ich hoffe, mein ägyptischer Freund liest das jetzt – Hey Amin, ich hab den Song gefunden!!