Liebe kennt keine Farben

Liebe kennt keine Farben

Foto copyright by Matthias Mittenentzwei / pixelio.de

Der Wecker klingelte. Laut und unüberhörbar. Aufdringlich und entschlossen riss er mich am nächsten Morgen um 5.30 Uhr aus meinen romantischen Träumen.
Es war Montag. Eine neue Arbeitswoche wartete auf mich. Doch nicht nur das. Am nächsten Tag würde ich Dreju wieder sehen. Mit diesem wunderbaren Gedanken stand ich auf.
Ich weckte die Kinder. Unser übliches Morgen-Prozedere spulte sich ab und gemeinsam verließen wir das Haus. Jeder ging seinen Pflichten nach, Bianca und Marco gingen in die Schule, ich zur Arbeit.
Doch an Arbeit war nicht zu denken. Immer wieder schweiften meine Gedanken ab, immer wieder landeten sie bei Dreju. Bis Dienstag abend war es noch so lange! Am liebsten hätte ich ihn noch am selben Abend wieder gesehen. Doch ich musste auch an die Kinder denken. Ich konnte sie nicht jeden Abend alleine lassen. Auch wenn sie sich für mich freuten und mich gehen ließen... einerseits hatte ich ein schlechtes Gewissen ihnen gegenüber, schließlich war ich jahrelang jeden Abend bei ihnen zuhause gewesen, und nun war dieser Mann in mein Leben getreten und ich ließ sie plötzlich oft alleine. Andererseits war da Dreju. Wie sollte ich ihn besser kennen lernen? Noch war es meiner Meinung nach zu früh, die Kinder und ihn zusammen zu führen. Erst wenn ich mir sicher war, dass das etwas Festeres werden würde, dann würde ich ihn den Kindern vorstellen. Ich wollte meine Verliebtheit mit ihm ausleben, wollte - wie wohl alle Verliebten - mit ihm alleine sein, mich ganz auf ihn konzentrieren. Mit den Kindern wäre das nicht möglich.
Immer und immer wieder kreisten meine Gedanken um Dreju und die Kinder, ich konnte mich nur schwer auf meine Aufgabe als Debitorenbuchhalterin konzentrieren... eine schlechte Kombination, da waren Fehler vorprogrammiert.
Irgendwie brachte ich diesen Arbeitstag zu Ende. Abends sprach ich mit den Kindern und bat sie, mich am nächsten Abend wieder gehen zu lassen. Wieder waren sie einverstanden. Doch dieses Mal sagten sie:"Mama, wir wollen ihn auch mal kennen lernen!"
Ich versuchte, ihnen klar zu machen, dass ich ihnen Dreju bald vorstellen würde, sobald ich mir im Klaren darüber war, ob diese Beziehung auch wirklich etwas Ernstes war.
Und dann sagte ich ihnen:"Da ist nochwas. Ihr solltet wissen, dass Dreju eine schwarze Hautfarbe hat, er kommt aus Zaire, aus Afrika!"
Bianca und Marco schauten mich an. Dann, nach ein paar Sekunden, sagte Bianca:"Na und? Liebe kennt keine Farben!" und Marco nickte fleißig dazu.
Mir fiel ein großer Stein vom Herzen. Ich war so stolz auf meine Kinder. Für mich gab es seit meiner Kindheit keine Unterschiede unter uns Menschen, denn niemand kann etwas dafür, wo er geboren wurde und welche Hautfarbe er hat. Diese Einstellung konnte ich meinen Kindern vermitteln, diese Ansicht hatten sie von mir übernommen, sonst hätten sie nicht so souverän auf Dreju reagiert. Ich war sehr glücklich darüber. Ich hatte sie gelehrt, dass jeder Mensch eine Chance verdient hat, egal woher er kommt oder wie er aussieht, ob er ein Handicap hat, ob er arm oder reich ist,... und das ist gut so, denn niemand hat es verdient, auf Grund seiner Herkunft abgelehnt zu werden. Meine Kinder sind Menschen geworden, die hinter die Fassade schauen und die Persönlickeit dahinter erkennen. Nur diese Persönlichkeit ist ihnen wichtig.
Der Dienstag kam. Der Arbeitstag entwickelte sich als sehr zäh. Er wollte einfach nicht zu Ende gehen. Doch endlich, endlich, war irgendwann auch Feierabend. Ich flitzte nach Hause, bereitete das Abendbrot zu und aß mit den Kindern gemeinsam. Wie immer erzählten sie von ihrem Tag, doch ich hörte nicht richtig zu, in Gedanken war ich bereits bei Dreju.
Wieder machte ich mich hübsch. Bianca fiel das auf und sie sagte:"Mama, Du siehst toll aus!" Glücklich lachend nahm ich sie in den Arm und verabschiedete mich kurz danach von ihr und ihrem Bruder Marco.
Um 19.45 Uhr waren Dreju und ich vor dem Kino verabredet.  Wieder sah ich ihn bereits von weitem. Diesmal sah auch er mich und kam mir entgegen, nahm mich in den Arm und küsste mich zärtlich. Wir strahlten uns an und ohne große Worte gingen wir Hand in Hand ins Kino. Wir versorgten uns mit Popcorn und Sekt und setzten uns relativ weit nach hinten. Das Kino war an diesem Abend nicht so gut besucht und so hatten wir die ganze Reihe für uns alleine. Ganz ehrlich, ich weiss nicht mehr, welchen Film wir uns angesehen haben. Viel habe ich von dem Film sowieso nicht mitbekommen. Ich erinnere mich nur noch an einen Werbespot vor dem Film, da war die Golden Gate Bridge in San Francisco zu sehen. Plötzlich wurde Shetu sehr nachdenklich und sagte:"Wer weiß, wieviele Verwandte isch dort habe. Die Weißen 'aben vor langer Zeit einige meiner Vorfahren einfach wie wilde Tiere gefangen und nach Amerika gebracht. Dort wurden sie als Sklaven gehalten und mussten viel erleiden. Isch könnte in diesem Land nie leben!" Mir fehlten die Worte. Ich konnte nichts sagen. Also kuschelte ich mich einfach nur zärtlich an ihn und versuchte so, meiner Betroffenheit und meiner Solidarität ihm gegenüber Ausdruck zu verleihen.
Wir kuschelten, tauschten Zärtlichkeiten aus und unterhielten uns leise... der Film war Nebensache. Ich hätte ewig so im Dunkeln mit ihm sitzen können. Doch auch dieser Film ging zu Ende und wir verließen das Kino, um anschließend nochmals in die Gasträume der Privatbrauerei einzukehren, in der wir 2 Tage zuvor bereits waren. Es wurde wieder ein wundervoller Abend voller Gefühle, Zärtlichkeit und Komplimenten und irgendwann sagte Dreju:"Ich weiß noch nicht, ob ich Dich liebe, aber ich glaube es!" Ich nahm seine Worte als das, was sie waren: der Versuch, sich seiner Gefühle klar zu werden. Glücklich lächelte ich ihn an. Mir ging es genauso wie ihm: da waren einerseits so starke Gefühle, wie ich sie noch nie empfunden hatte und die Gewissheit, dass er derjenige war, der mich verstand und zu mir passte. Andererseits kannten wir uns gerade mal 3 Tage. Wir waren keine Teenager mehr, die sich blindlings in eine neue Liebe stürzten. Wir wollten nichts überstürzen und uns Zeit lassen.
Langsam wuchs in mir der Wunsch auf mehr mit ihm. Er hatte auch eine starke körperliche Anziehungskraft auf mich. Dreju ging es ebenso wie mir, denn seine Küsse und Zärtlichkeiten wurden langsam fordernder.
Für mich war klar, dass ich mit ihm kein schnelles Abenteuer wollte. Wenn ich mich mit allen Konsequenzen auf ihn einlassen würde, dann sollte unsere erste gemeinsame Nacht gut vorbereitet sein. Auf gar keinen Fall wollte ich abends mit ihm gehen und dann nach ein paar Stunden wieder nach Hause müssen wegen den Kindern. Nein. Diese besondere Nacht sollte nur uns gehören.
Daher plante ich, meine Kinder übers Wochenende zu meiner Mutter zu bringen, da gingen sie immer gerne hin und meine Mutter freute sich auch, wenn sie ab und zu ihre Enkelkinder um sich hatte.
So hätten wir ein ganzes Wochenende nur für uns. Je länger ich darüber nachdachte, desto besser gefiel mir die Idee. Und so lud ich Dreju für den kommenden Samstag abend zu mir nach Hause ein.



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