Lichtschwerter gegen Live-Berichte

Lichtschwerter gegen Live-BerichteBrutale Übergriffe nicht mehr nur von Ägyptern auf Ägypter, sondern jetzt auch auf unsere deutschen Journalisten. Die Gewalt in Kairo nimmt überhand, das Chaos ist außer Kontrolle, inzwischen wird gegen Reporter bereits ähnlich aggressiv vorgegangen wie im Februar 2008 beim Länderspiel gegen Österreich in Wien gegen den deutschen Nationalmannschaftstorwart Jens Lehmann. Offenbar vom alten Regime bezahlte Geheimdienstkommandos versuchten nach Erkenntnissen des ZDF, den Reporter Dietmar Ossenberg und seinen Kameramann mitten in einer Live-Übertragung mit einem Laserpointer anzugreifen. "Während der Korrespondent live aus Ägypten für das "heute journal" berichtete, richteten Unbekannte einen Laserstrahl auf das ZDF-Team", berichtet das Zweite Deutsche Fernsehen direkt von der Hotelbalkonfront, auf die Ossenberg gerade getreten war, um den Zuschauern in Deutschland mitzuteilen, was er im Al Dschasira-Livestream über die Zustände in Kairo erfahren hatte.
"Zum Zeitpunkt der Attacke", lässt der Sender die unfassbaren Ereignisse in der "Welt" Revue passieren, "befindet sich Ossenberg auf dem Balkon seines Hotelzimmers, in das er sich aus Sicherheitsgründen einquartiert hat". Ossenberg habe der Zuschauern gerade die Lage in der ägyptischen Hauptstadt geschildert, die die noch letzte Woche favorisierten Berichte von der "Gorch Fock" in der Medienhitparade recht unverhofft abgelöst hat, als "ein Unbekannter die ZDF-Journalisten ins Visier nimmt".
Ein Live-Angriff mit Lichtschwertern, wie sie im Elektrohandel erhältlich sind, das hat es in der deutschen Fernsehgeschichte zumindest bei einem Auswärtsspiel in Ägypten noch nicht gegeben. Der erfahrene Reporter reagierte dennoch geistesgegenwärtig. Das ZDF rekapituliert: "Er ruft seinem Kameramann zu: "Jetzt machen wir das Licht aus!" Dunkelheit als Tarnkappe gegen die Lichtschützen.
Ein raffinierter Plan. "Zügig", aber ganz im Sinne des Bundesinnenministers ohne jede Panik, hätten Reporter und Kameramann dann "Balkon und Fensterfront" verlassen. Die Zuschauer sahen noch, wie die Kamera ins Hotelzimmer schwenkt, dann wird der Bildschirm dunkel.
An der Heimatfront, im Studio in Mainz, herrscht namenloses Entsetzen. Laserpointer sind bisher als Kriegswaffe noch kaum erforscht. "Die Streuung ist gering, das macht Laser so kritisch", sagt Heiko Weidling, der Laserschutzbeauftragte der Universität Stuttgart. Es sei schwierig, ein Auge im richtigen Winkel zu treffen, gelänge das aber, können "Sinneszellen dabei so stark gereizt werden, dass sie Minuten oder gar Stunden brauchen, um sich zu regenerieren."
Deutschland wäre ohne Auge und Ohr in Ägypten, das Mitbangen bei den Schlägereien zwischen "Anti-Mubarak-Gegnern" (Antonia Rados) und "Mubarak-Leuten, die offenbar vom Regime bezahlt werden" (ARD) wäre kaum noch möglich. Moderatorin Marietta Slomka, die vor einiger Zeit noch "Afrikas Schätze" entdeckt hatte, sagt denn laut "Welt"-Protokoll auch "sichtlich verstört": "Dann beenden wir die Schalte jetzt an dieser Stelle. Und Sie passen auf sich und Ihre Kollegen bitte gut auf." Herzen überall in der Republik schlagen schneller. In Gedanken ist Deutschland in Kairo.
Zur minutiösen "Spiegel"-Mitschrift des gewalttäigen Laserangriffs, noch mehr zu spät gekommene Experten im Vollrausch bei Broder.


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