von John Schacher
Dem nebenstehenden Bild der Glückwunschkarte von “Reporter ohne Grenzen” können sie entnehmen, wie unabhängiger Journalismus heute definiert wird. Es ist unglaublich makaber, wenn man sich die Abertausenden Toten vor Augen ruft, die diese Manipulationen nach sich ziehen. Solche Handlungen sind gleichwertig mit den ersten Schüssen des Krieges!
Soviel zum “zivilisierten” Europa. In Libyen hingegen fängt das neue Jahr vor allem mit den Erinnerungen an das Alte an. Viele Menschen sind entwurzelt und vermissen Angehörige. Auch der Winter ist dieses Jahr ausserordentlich kalt in Libyen. Es herrscht bittere Not an allem. Das Geld ist knapp, ebenso die Nahrungsmittel, die zudem noch schlecht und teuer sind. Das größte Problem jedoch ist das Wasser: wie wir hier schon berichteten, ist es vergiftet und ungeniessbar. Viele Menschen liegen deswegen mit Vergiftungen im Krankenhaus oder sind bereits gestorben. Auch ist die Versorgung mit Wasser und Strom auf Pro-NTC-Gebiete beschränkt. Vielerorts stellt dadurch sogar die Hygiene, vor allem der Kleinkinder, ein ernstes Problem dar. Der Grüne Widerstand hat gemeldet, eine Kolonne von Technikern mit der Reparatur der Installationen des GMMR betraut zu haben. Die bisher angegebene Ursache der Vergiftung ausschliesslich durch Eintrag der NATO-Bomben überzeugt nicht, da die Probleme dann nicht erst jetzt aufgetreten wären. Es sieht eher nach bewusster Vergiftung und Manipulation aus, vielleicht um die Süsswasservorräte dem öffentlichen Zugriff entziehen zu können.
Sirte befindet sich seit einigen Tagen in einem erbarmungslosen und mörderischen Kampf gegen die Misrata-Brigaden, die schwere Waffen einsetzen, auch Panzer. Die Kämpfer in dieser unglaublich tapferen Stadt verdienen den höchsten Respekt. Ein direkter Grund für die Kämpfe ist nicht genannt worden, es geht wahrscheinlich um eine pure Erweiterung von Misratas Machtbereich. In Sabha jedenfalls wurden die Rebellen vollständig geschlagen, knapp 200 getötet und mehrere Hundert Gefangene – davon viele aus Misrata – gemacht. Misrata seinerseits hält eine Unmenge von Leuten gefangen und erhält viele Delegationen mit Bitten um Freilassung, z. B. aus Bani Walid. Über Erfolge ist nichts bekannt.
Doch auch jeder andere noch Widerstand leistende Libyer(in) ist als Held(in) zu bezeichnen. Man kann es sich gar nicht vorstellen, seinen täglichen Geschäften in einem Gewirr von Checkpoints, sich ständig ändernder Gefahren und willkürlichen Gewaltakten nachgehen zu müssen und dennoch stark und unbeugsam zu bleiben. Trotz der markerschütternden Schreie der unglücklichen Gefangenen unter der NTC-Folter, die vielfach durch die Gefängnismauern nach draussen auf die Strassen dringend gemeldet werden, trotz der zur Abschreckung veröffentlichten Folterfilme, dem höhnischen Vorzeigen von Opfern wie Hala Misrati, trotz dieser und vielen anderen tödlichen Gefahren bleiben die Grünen Kämpfer auf dem Posten und machen voran. Respekt! Leider verlieren mittlerweile nach Monaten eines als vergeblich empfundenen Kampfes auch etliche Widerständler den Mut und fliehen ins Ausland (auch infolge von Geldmangel), nur um von da an in weitere Nöte und Probleme zu schlittern: sie werden als Anhänger der Jamahirija in den Nachbarländern oder gar Eurpoa schwerlich Asyl, gutwillige Aufnahme oder gar Unterstützung erhalten und sind aufs Betteln angewiesen.
Aus Benghazi wurde der Erfrierungstod von 4 Flüchtlingskindern aus Tawergha gemeldet. So gut werden Flüchtlinge vom NTC versorgt! Während die entvölkerte Stadt Tawergha selbst seitens der Misrata-Milizen mit gelegenheitsmässig einwandernden Juden und anderen Günstlingen wieder besiedelt wird, leiden gleichzeitig die auf viele Flüchtlingscamps im Land verteilten Entwurzelten eben dieser Stadt unvorstellbare Ängste und Nöte. Keine große Menschrechtsorganisation nimmt sich des himmelschreienden Falles Tawergha an – nur Blogger kämpfen! Diese Woche kam es in Tripolis zu einer Filmaufnahme, die einen morgendlichen Überfall der Rebellen in eines der Flüchtlingslager zeigt. Schon vor Monaten gelangten Berichte an den Tag, wie die Rebellen im Tawergha-Lager im Hafenviertel von Tripolis vorgingen: die Tawergha-Männer wurden ausgesondert und verschwanden sogleich endgültig, die hübschesten Frauen wurden mitgenommen, alle anderen unterlagen der sexuellen Willkür ihrer Kerkermeister. Allabendlich seien die Rebellen gekommen und hätten organisiert schwarze Frauen vergewaltigt. Die Behandlung der Flüchtlinge scheint sich bisher nicht viel zum Besseren gewendet zu haben, wenn man den folgenden Film betrachtet und die Atmosphäre auf sich wirken lässt: