LEXIKON: Neue Arbeitstättenverordnung

Von Bürokratieabbau keine Spur:  Zum 27.7.2010 trat die Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV) in Kraft. Gleichzeitig wurde eine Erweiterungen in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vorgenommen. Die neuen Regelungen erhöhen künftig den Verwaltungsaufwand für kleinere Unternehmen weiter durch die Verpflichtung einer fachkundig durchgeführten Gefährdungsbeurteilung (§ 3 Abs. 2 ArbStättV) und vor allem durch die Dokumentation der Arbeitsbedingungen im Betrieb (§ 3 Abs.1 und 3 ArbStättV). Die Verordnung im Gesetzestextwortlaut:

§ 3 Gefährdungsbeurteilung (Arbeitsstättenverordnung)

Gefährungsbeurteilung:

(1) Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können. Ist dies der Fall, hat er alle möglichen Gefährdungen der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten zu beurteilen. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen gemäß den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhangs nach dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene festzulegen. Sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.

Fachkundige Durchführung:

(2) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass die Gefährdungsbeurteilung fachkundig durchgeführt wird. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, hat er sich fachkundig beraten zu lassen.

Dokumentation:

(3) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung unabhängig von der Zahl der Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeiten zu dokumentieren. In der Dokumentation ist anzugeben, welche Gefährdungen am Arbeitsplatz auftreten können und welche Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 3 durchgeführt werden müssen.

Die Arbeitsstättenverordnung beruht auf dem Arbeitsschutzgesetz, das für alle Branchen, Betriebe, Berufsgruppen und Tätigkeitsbereiche gilt. Ausnahmen sind laut § 1 Abs. 2 ArbStättV lediglich im Reisegewerbe und Marktverkehr, in Transportmitteln, sofern diese im öffentlichen Verkehr eingesetzt werden, sowie für Felder, Wälder und sonstige Flächen, die zu einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gehören, aber außerhalb seiner bebauten Fläche liegen, vorgesehen.

Die Gefährdungsbeurteilung nach § 3 Abs. 1 ArbStättV (mit Bezug auf  § 5 ArbSchG) sind im Grunde nichts Neues, ebenso die Verpflichtung des Arbeitgebers, eine fachkundige Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sicherzustellen und – falls ihm das entsprechende Fachwissen fehlt – sich fachkundig beraten zu lassen. Neu aber ist die Dokumentationspflicht derArbStättV, die bereits ab dem ersten Arbeitnehmer gilt und damit § 6 Abs. 1 Satz 3 ArbSchG widerspricht, der die Dokumentation erst ab dem elften Arbeitnehmer vorschreibt, sofern keine anderen Vorschriften greifen, etwa die der Gefahrstoffverordnung.

§ 3 a Abs. 3 ArbStättV hält jedoch einen Ausweg bereit, der nicht einmal begrenzt auf eine bestimmte Arbeitnehmeranzahl ist. Damit sind behördlichen Auslegungen zwar Tür und Tor geöffnet, jedoch auch kleinen Unternehmen die Möglichkeiten eröffnet, eine Befreiung zu beantragen. In der Praxis dürfte die Auslegungsgrenze jedoch analog dem ArbSchG bei 10 Mitarbeitern liegen.

§ 3a Abs. 3 ArbStättV

(3) Die zuständige Behörde kann auf schriftlichen Antrag des Arbeitgebers Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhanges zulassen, wenn

1. der Arbeitgeber andere, ebenso wirksame Maßnahmen trifft oder

2. die Durchführung der Vorschrift im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte führen würde und die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist.

Bei der Beurteilung sind die Belange der kleineren Betriebe besonders zu berücksichtigen.

Der Gesetzestext macht allerdings auch deutlich, dass der Antrag gut formuliert und begründet werden muss. Es gilt also, auf die Bestimmung einzugehen und zu belegen, welche „wirksamen Maßnahmen“ getroffen wurden beziehungsweise welche „unverhältnismäßige Härte“ besteht oder eintreten könnte.


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