Lesepotpourri August bis Oktober

Lesepotpourri August bis Oktober

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Der inzwischen eher unregelmäßige Rückblick auf meine Lektüren, diesmal „der Sommer“. Hier der Lesestoff der letzten vier Monate:

This is Going to Hurt von Adam Kay

Mediziner schauen gerne Medizinerserien, wenn sie gut gemacht sind und lesen auch mal gute Medizinerbücher, wenn sie gut geschrieben sind. Alle haben „House of God“ gelesen. Adam Kay beschreibt seinen Alltag in England als junger Gynäkologe, so weit, so üblich. Das macht er als Tagebuch, mal Blog gewesen, unterhaltsam, lustig, mit viel Kopfschütteln und viel „oh ja, so was Ähnliches habe ich auch mal erlebt.“ Das Buch war ein Riesenerfolg auf der Insel, zu Recht. Geschrieben mit viel Ehrfurcht vor dem Beruf, das macht Spaß. (5/5)

The Calculating Stars von Mary Robinette Kowal

Irgendwie überkam mich in diesem Sommer die Lust auf Science-Fiction-Literatur, um ein wenig up-to-date zu sein, orientierte ich mich an den letzten Hugo- und Nebula-Gewinnern, die wichtigsten Preise des Genres. „The calculating stars“ berichtet von den Entwicklungen in der Raumfahrtindustrie der USA – wenn alles anders gekommen wäre. Ein Meteorit zerstört den Großteil von Washington, der Präsident stirbt, der neue hat neue Ideen. Elma York war eine Kampfpilotin im Zweiten Weltkrieg und Wissenschaftlerin. Sie erstrebt, erste Astronautin im neuen Raumfahrtprogramm zu werden. Das Ergebnis ist vorhersehbar, den Weg dahin beschreibt dieses Buch. „Woman is the nigger of the World“, hat John Lennon mal gesagt, Kowal zeigt nicht nur, wie schwer es Farbige in den Sechziger Jahren hatten, sondern vor allem auch Frauen. „Mad Men“ der Raumfahrt. (3/5)

Broken Hill von Nicholas Shakespeare (übersetzt von Georg Dedderich)

Nur ein kurzer Roman, mehr eine Parabel, eine Analogie über den Rassismus und Nationalismus der heutigen Zeit. Im fernen Australien muss sich die indische Minderheit des Dorfes Broken Hill gegen die Ressentiments der Bevölkerung wehren – weit entfernt tobt der erste Weltkrieg. Es kommt zu einem der ersten islamistischen Anschläge der Zeitrechnung, das „Battle of Broken Hill“ fand wirklich statt. Gewalt erzeugt wieder Gewalt, Unterdrückung bricht sich Bahn in terroristischem Wahn. Ein Buch für den Geschichts- und Englischunterricht, brilliant geschrieben. (5/5)

The Outsider von Stephen King

Endlich mal wieder ein Stephen King mit Grusel. Detektivgeschichten hin oder her – hier geht es um das ewig Böse in Form eines Dämonen, der die Gestalt anderer Menschen annehmen kann. Er agiert im Schatten, als Outsider, und ist ein Copy Cat der modernen Räuber von digitalen oder analogen Identitäten. Unglaublich spannend, mit meisterlichen Perspektivwechseln und Entwicklung der Figuren. Wie aus dem überzeugten Cop der zweifelnde Rächer wird, gab es bisher so nicht bei Stephen King zu lesen. Dank der Figur Holly Gibney aus den „Mercedes“-Romanen ergibt sich ein toller Wiedererkennungskick – Stephen King bewegt sich ja gerne in seinem Figuren- und Orten-Universum. (5/5)

Zerrissene Erde von N.K. Jemisin (übersetzt von Susanne Gerold)

Ich habe „The Fifth Season“ auf englisch begonnen, bin aber schnell auf die deutsche Ausgabe gewechselt, so gut ist mein Englisch dann doch nicht. Die „Die grosse Stille“-Reihe entwirft eine gänzlich neue Welt, in der Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis im Wochen-, Monats-, auch Jahres-Takt ganze Gebirgszüge verändern, Siedlungen zerstören und neue Kontinente erschaffen. Die Welt wird beherrscht von eine geheimnisvollen Kaste, die Naturveränderungen können von den „Orogenen“ beeinflusst werden, „Steinfresser“ und „Wächter“ sind seltsame Gegenspieler. Der Roman wird in mehreren Erzählsträngen konstruiert, kapitelweise ändert sich die Perspektive, sogar die Erzählperson, so wird ein Strang aus der zweiten Person Singular (also „Du“) getextet, gewöhnungsbedürftig, aber szenisch faszinierend. Als Leser brauchst Du viel Durchhaltevermögen, es wird belohnt, nach einer gewissen Pause bist Du dann bereit für den zweiten und dritten Teil. Übrigens auch ein HUGO-Gewinner. (5/5)

Blau ist eine warme Farbe von Julie Maroh

Clementine lernt Emma kennen, die Frau mit den blauen Haaren, und erlebt die Wirrungen des Coming-of-Age und des eigenen Coming-Out. Eine wunderbare Graphic Novel, nach der der berühmte Film „Blue is the warmest colour“ entstand, der als erster Film nach einer Comicbuchvorlage die Golden Palme von Cannes gewann. Ja: Das Buch gab es vor dem Film. Julie Maroh hat sich später von der Verfilmung distanziert, wohl weil die Verfilmung sich zu sehr auf die lesbische Beziehung reduzierte. (5/5)

Shenzhen von Guy Delisle

Guy Delisle zeichnet gerne seine Erlebnisse in fremden Kulturen, wenn seine Frau mit der NGO im Einsatz ist und er selbst in dieser Zeit auf das Kind aufpassen muss. In „Shenzhen“ ist er noch alleine unterwegs und soll in China für seinen Verlag einen Zeichentrickfilm überwachen. Er langweilt sich sehr schnell, weil Shenzhen langweilig ist. Spannendes erlebt er nur in der Provinz oder bei einem Abstecher nach Hongkong. Ich liebe Delisles Comics, herrlich naiv und treffend gemalt mit überraschenden Sichtweisen und Erkenntnissen. Immer ein Genuß. (5/5)

Alte weiße Männer von Sophie Passmann (als Hörbuch)

Ich bin am Twittern, behaupte mich leidlich bei Instagram, als Blogger ja auch irgendwie in der Social-Media-Community. Eine der großen Player*innen ist Sophie Passmann, also mal ihr Buch „Alte weiße Männer“ gehört, von ihr selbst gelesen. Eigentlich, dachte ich, sind die alten weißen Männer, die sie in ihrem Buch interviewt, gar keine wirklichen alten weißen Männer. Für sind die awM eher Gauland oder Trump, bei Passmann müssen Christoph Amend herhalten, Robert Habeck und der eigene Vater. Unvermeidlich Sascha Lobo. Ok, auch Kai Diekmann, dem sie aber attestiert, überraschenderweise sich gerade nicht wie ein awM zu verhalten (oder wars ein anderer?). So darf jeder der Männer mitteilen, was einen awM ausmacht und warum er gerade (k)einer sei. Frau Passmann scheint selbst unsicher zu sein, was den Begriff ausmacht, vielleicht ist er inzwischen auch überholt oder zu abgegriffen. Aber alleine die Auseinandersetzung mit dem Begriff macht den awM gerade wieder nicht zu einem. Oder so. Ich bin mir nicht sicher, was ich aus dem Buch gelernt habe. (3/5)

GRM: Brainfuck von Sibylle Berg (Hörbuch gelesen von Torben Kessler und Lisa Hrdina)

Es wurde der Schweizer Buchpreis, gerade am vergangenen Wochenende, das ist doch schön. „GRM“ hört sich an wie die Kurzkolumnen, die Sibylle Berg vor der Talkschow „Schulz & Böhmermann“ über die vorgestellten Prominenten zu berichten weiß: Sehr komprimierte, analytische Sprache, mit viel Gefühl für den Wortwitz und Nuancen, kein Wörtchen darf der Leser/Hörer verpassen, sonst ist die Pointe oder der Seitenhieb verpufft. Genau das machte es aber auch so schwer, dem Buch zu folgen. Romane dürfen auch Passagen enthalten, die der Leser getrost überspringen darf, bei „GRM“ geht das nicht. Das Sujet ist dystopisch-traurig-pessimistisch, die Protagonisten, jedenfalls die Kindern, sympathisch. Aber es sind ja auch Kinder. Wenn die Welt in ein paar Jahren so ist, wie sie Sibylle Berg schildert, habe ich heute schon richtig Angst. Manche „Ideen“ sind tatsächlich zu wahrscheinlich, um sie wahr haben zu wollen. Vielleicht können wir das alles noch aufhalten. (5/5)

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(c) Bild bei Flickr/Abhi Sharma (unter Attribution 2.0 Generic (CC BY 2.0) – Lizenz)

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