Es gibt Dinge im Leben, die sieht man nicht und spürt sie doch – Liebe zum Beispiel oder Strom. Und dann gibt es Dinge, die sehen auf den ersten Blick völlig anders aus, als sie in Wirklichkeit sind.
Um beide Phänomene geht es in Manfred Mais neuem Kinder-Roman „Lena liest ums Leben“. Wie immer versteht es der Autor, mit Leichtigkeit und klaren Worten die wirklich wichtigen Dinge im Leben in eine wunderbare Geschichte zu verpacken.
Denn Lena liest ums Leben. Und das sprichwörtlich: ihr Vater ist krank. Zwar glauben die meisten zu wissen, was er hat und tröten das auch laut in die Welt hinaus, tatsächlich wissen nicht mal die Ärzte, um welche lebensbedrohliche Krankheit es sich handelt.
Für die muntere Elfjährige und ihre Mutter ist es schrecklich mit anzusehen, wie schwach der Mann geworden ist und hilflos müssen sie mit ansehen, wie sich sein Zustand verschlechtert. Doch Lena sträubt sich mit aller Kraft dagegen, sich an diesen „neuen“ Papa zu gewöhnen, der nur mehr im Bett liegen und kaum etwas essen kann.
„Wir machen Papa wieder gesund“, sagt sie zu ihrer Mutter, „sag Du das auch!“ Und sie hat auch einen Plan, wie das gehen soll: sie liest ihm vor. Ja, sie liest die Geschichte vom geheimnisvollen Erfinder weiter, eine Aufgabe, die bisher eigentlich immer ihr Papa vor dem Einschlafen übernommen hat.
Und sie hat eine Absprache mit dem lieben Gott: er hat ihr im Traum gesagt, dass es ein Heilmittel gibt und sie hat es tatsächlich gefunden. Jetzt muss Gott sein Versprechen einhalten und Papa gesund machen! Von ihrer Abmachung erzählt Lena niemand. Nicht einmal ihrer Mutter. Sonst – so ist sie überzeugt – ist der ganze magische Plan gefährdet.
Manchmal kann sie nur ganz kurz lesen, weil ihr Papa sehr schwach ist und nicht lange zuhören kann. Aber Lena gibt nicht auf! Und so verflechten sich zwei Erzählstränge zu einem: der geheimnisvolle Erfinder und seine Geschichte werden zum festen Teil in Lenas Beziehung zu ihrem Papa, der sich tatsächlich zu erholen scheint und eines Tages sogar seinen ganzen Teller leer isst!
Wie der geheimnisvolle Erfinder siehst sich auch Lena plötzlich miesen Vorurteilen und all zu gedankenlosen, oft sogar gemeinen Mitmenschen gegenüber und „der Hexer“ Martin Maier – so nennen ihn angstvolle Nachbarn, nur weil er ein buntes Haus und wilde Kunstobjekt im Garten hat – tut Lena alles, um an das Gute zu glauben und sich weiterhin mit aller Kraft dafür einzusetzen.
Ein kluges und feinsinniges Buch für große und kleine Kinder, mit einer spannenden Geschichte mitten aus dem Leben.
Manfred Mai „Lena liest ums Leben“, 176 Seiten, Hardcover, 14 Euro 95, Fabulus-Verlag