Ich bin auf den Curd gekommen. So ein Cremchen ist ja wirklich ein Gedicht – das ich erstmals am vorvergangenen Sonntag in einer spontanen frühmorgendlichen Aktion nach dem wundervollen Lemon-Ingwer-Curd-Kurt-Rezept von tomatenblütes Sybille zu Vanille-Pfannkuchen zubereitete. Wir waren restlos angetan. Seither presse ich Zitronen und rühre semi-kochende Eimasse, dass mein Schneebesen bald den Geist aufgeben wird, und auch meine Eltern waren von dem Mitbringsel begeistert.
Nun kann man zu Curd nicht immerzu Pfannkuchen essen – eine Brioche schien mir die passende French Connection für die anglophile Creme. Bei Aurélie von Aux délices d’Aurélie wurde ich fündig. Sie hat das wirklich tolle Rezept für ihre Brioche de Clément von ihrem Schwieger-Papa. Ich habe es als Brioche à la farine complète nachgebaut, was sich ja weit eleganter anhört als die deutsche Bezeichnung Vollkorn-Backwerk. Franzosen und Italiener haben es da einfach besser: Was bei uns immer ein bisschen nach dem missvergnügten Arbeitstitel einer Ökotrophologen-Konferenz klingt, rollt ihnen mit Esprit von der Zunge. Dieser schöne Gedanke stammt leider nicht von mir, sondern von Antje mit ihrem tollen Blog lifestyle in grün. Dort hat sie nämlich kürzlich zum Thema Mangiare integrale leidenschaftlich angeregt, dass das Wort mitisst.
Ich esse zwar nicht immer, aber oft und gern feine Vollkorn-Nudeln und -Brot. Also, gekauft. Beim Selbermachen bin ich in beiden Fächern jedoch immer noch Anfängerin und habe zudem das perfekte Vollkornmehl noch nicht gefunden. Ich hatte also schon etwas Bange, ob Selbermachen + Vollkorn ausgerechnet bei einer Brioche von Glück begleitet sein würde. Mein Ofen war zwar mal wieder ein bisschen übellaunig und hält in solchen Zuständen nichts von Temperaturen unter 170 °C, was eigentlich zu heiß ist für eine Brioche. Deswegen ist sie ein Tickchen zu trocken geworden. Aber sie war dennoch wirklich köstlich. Wer sich jetzt eine Brioche aus blé complèt gar nicht vorstellen kann, dem beschreibe ich sie hier mal kurz: leicht nussig im Aroma, etwas kompakter als mit Weißmehl, dadurch auch ohne meinen Ofen einen Ticken weniger feucht, aber von sehr angenehm weicher Konsistenz, wie eine Brioche halt sein soll. Aber Muskelkater macht die Brioche, denn man muss den Teig 20 Minuten (!) kneten. Ich habe geschummelt und nur 10 Minuten durchgehalten – das Ergebnis ist trotzdem sehr fein. Liebe Aurélie, ich danke Dir und Monsieur Clément für das schöne Rezept!
Zurück zum Curd: Es sind dreierlei geworden: Lemon, Salz-Karamell und Zitrone-Olivenöl-Rosmarin. Das Rezept für den grandiosen Lemon-Curd stammt wie gesagt und oben verlinkt von Sybille. Zu der Salz-Karamell-Variante hat mich kochpoetin Eva mit ihrer großartigen Greek Caramel and Pecan Tarte inspiriert. Der leckere Kuchen ist ebenfalls anglophon, und so war es ein um so Leichteres, mir den Guss anzueignen und köstlich zweckzuentfremden. Die mediterrane Variante hat sich ergeben, weil mir die Butter bei alledem ausgegangen ist, noch Oliven-Öl da war und ich nach ein bisschen Stöbern in Heikes regenbogenkombüse mit tollen vegetarisch-veganen Mittelmeer-Rezepten in allerbester Südfrankreich-Laune war. Mädels: Ich danke Euch sehr für Rezepte und Inspirationen!
Zutaten und Zubereitungen
Für den Lemon-Curd:
200 g Zucker
100 g Butter
3 unbehandelte Zitronen
2 Eier
Von einer gewaschenen Zitrone die Schale in breiten, dünnen Streifen abschälen. Alle Zitronen auspressen, das sollte 125 ml Saft ergeben. Saft mit Zucker und Butter in einen Topf geben, vorsichtig erwärmen und dabei mit dem Schneebesen verschlagen, bis sich alles aufgelöst hat. Sybille fügt der Masse noch geriebenen Ingwer zu, was ich weggelassen habe, da mein Liebster nicht so gern Ingwer isst.
Die Eier in einem Rührbecher verquirlen, dabei in dünnem Strahl die lauwarme Zuckerlösung zugeben. Alles zurück in den Topf geben, Zitronenschalen zugeben und bei mittlerer Wärme kräftig mit dem Schneebesen rühren. Die Masse wird dabei langsam dick und hell. Wenn sie irgendwie semi-kocht, um sein Leben rühren, sonst flockt es. Sybille gibt hier 10 Sekunden an, da ich aber nicht so richtig unterscheiden konnte, wann es noch blubbert, weil ich so sehr rühre, und wann es schon blubbert, weil es so heiß ist, sind es bei mir bestimmt 30 Sekunden geworden. Durch ein feines Sieb in Gläser füllen (damit Fruchtfleisch und Schale zurückbleiben) und diese sofort verschließen. Schmeckt noch warm, schon kalt, morgens, abends, zu allem und jedem, immerzu.
Für den Salz-Karamell-Curd:
300g Puderzucker
80g Wasser
150 g Sahne
150 g Butter
1/2 TL Meersalz
2 Eier
Puderzucker und Wasser gut mischen, aufkochen, leise köcheln lassen. Dabei tut sich eine Weile erst mal nix, bis sich irgendwann die blubbernde Flüssigkeit leicht gelblich zu färben beginnt und dezent karamellig riecht. Am besten jetzt sofort ausschalten, denn sowohl Färbung in Richtung braun und Karamellisierungs-Grad verstärken sich auch danach noch.
150 g Sahne und 150 g Butter mit 1/2 TL Meersalz erwärmen. Eva nimmt hier 200 g Sahne und 100 g Crème Fraîche und ihre Vorlage wiederum 300 g „Thick Cream (womit wahrscheinlich Crème double gemeint ist). Da ich ja keinen Kuchenguss, sondern einen Curd mache, habe ich mit Butter abgewandelt. Die aufgelöste Butter-Mischung gibt man unter Einsatz all seiner Kräfte rührend in den flüssigen, heißen Karamell. Nun muss man von der Masse 425 g abwiegen – auf die Menge bin ich gekommen, weil das bei Sybilles Lemon-Curd die Menge an Butter, Zucker und Zitronensaft ist, die auf 2 Eier kommt. Die „überschüssigen“ Menge in einem Schraubglas für den anderweitigen Gebrauch aufbewahrt.
Eier mit dem Mixer aufschlagen, die Karamell-Masse langsam einrühren. Alles in einen sauberen Topf geben, bei zuerst geringer und dann mittlerer Hitze unter ständigem Rühren erhitzen. Nun dieselbe Prozedur wie beim Lemon-Curd: Wenn es so halb kocht, zwischen 10 und 30 Sekunden wildest rühren und danach sofort in Gläser füllen und verschließen. Das Sieb kann man sich hier sparen, denn es gibt nichts, was ausgesiebt werden müsste. Lecker, lecker, lecker.
Für den mediterranen Curd:
200 g Zucker
75 g Olivenöl
25 g Butter
3 unbehandelte Zitronen
2 Eier
1 Zweig Rosmarin
Rosmarin-Nadeln waschen, trocknen und fein hacken. Zitronen auspressen, 125 ml Saft abmessen, mit dem Zucker, dem Olivenöl, der Butter und dem Rosmarin erwärmen und dabei mit dem Schneebesen rühren, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Die Zutaten emulgieren zu diesem Zeitpunkt noch nicht miteinander, aber das macht nichts.
Eier mit dem Mixer aufschlagen und die Mischung in dünnem Strahl nach und nach zugeben. Alles in einen Topf füllen, erwärmen und derselben Prozedur wie bei den anderen Curds folgen. Durch ein Sieb sofort in Gläser geben und verschließen. Dieser Curd schmeckt ein bisschen wie süße Aioli ohne Knoblauch und ist auch etwas weicher als die beiden anderen Curds. Das klingt eventuell komisch, schmeckt aber sehr gut und passt sehr gut auf ein Crostini zu Suppe. Hat sich aber auch zur Brioche und einem Stückchen Ziegenkäse sehr gut gemacht.
Für die Brioche:
450 g Vollkornmehl (wer kein Vollkorn benutzt: 500 g)
60 g Zucker
60 g Butter
1 Ei
250 ml lauwarme Milch
1/2 Tl Salz
1 Pck Trockenhefe
1 Eigelb oder 1 EL Sahne
etwas Hagelzucker oder normaler Zucker
Butter in kleine Stücken schneiden, Milch lauwarm erwärmen. Mehl einmal durchsieben, so dass die groben Spelzen zurückbleiben. Mehl, Zucker, Salz und Trockenhefe mischen. Erst die Milch und das Ei langsam unter Rühren zugeben, dann die Butterstückchen zufügen. 10 bis 20 Minuten lang kneten – das lange Kneten in Kombination mit dem Aussieben der allzu dicken Spelzen bekommt dem Aroma sehr gut. Den Teig nun abgedeckt an einem warmen Ort eine Stunde gehen lassen.
Eine Kastenform buttern und mit den ausgesiebten Spelzen ausstreuen. Den Teig nochmal drei Minuten kneten und in die Form geben – meine mit 1,4 L Fassungsvermögen war dafür etwas zu klein, so dass der Teig beim Backen über die Ränder geklettert ist, 1,8 L wäre wahrscheinlich perfekt. Nochmals abgedeckt 1 Stunde gehen lassen, mit Eigelb oder etwas Sahne bestreichen und mit Hagelzucker bestreuen (ich hatte keinen im Haus und habe normalen genommen). Backzeit: Aurélie gibt 35-40 Minuten bei 150 °C an. Ich habe bei 170 °C 30 Minuten gebacken. Danach etwas auskühlen lassen, stürzen, in Scheiben schneiden, mit Curd bestreichen – fantastisch.
Kategorie : Brunch & Buffet, Kuchen, Süßes Tags : Bistro, cremig, Eingemachtes, Frankreich, fruchtig, rustikal, säuerlich, Vollkorn