Lebens-Lagen #7: 10. März

Der Brief und das Tagebuch sind seit jeher im Kreise eifriger Denker beliebte Mittel des Ausdrucks, der Lebensbewältigung. Erfahrungen, Ideen, Gedanken und Ahnungen – von der grossen Frage nach dem Sinn des Lebens bis zur Trivialität eines Milcheinkaufs – werden verarbeitet. Unzählige Schriftsteller, Philosophen, Politiker, Verleger, Psychologen usw. usf. haben der Menschheit eine Fülle privater Aufzeichnungen hinterlassen – die oftmals sorgfältig ediert, aufwendig entschlüsselt, aber wenig gelesen werden. Im Rahmen der Beitragsserie “Lebens-Lagen” widmen wir uns Tag für Tag diesen Noten aus den Leben der Briefeschreiber und Tagebucheinträger. Kalendertage der Veröffentlichung und des präsentierten Textbeispiels stimmen dabei jeweils überein. Wir wünschen viel Vergnügen!

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(Ungefähr)m 10. März 1834 schreibt der bedrückte, kränkelnde Georg Büchner (1813 – 1837) aus Giessen, wo er studiert, an seine Verlobte Wilhelmine Jaeglé (1810 – 1880):

“(…)Die Ferien fangen morgen in vierzehn Tagen an; verweigert man die Erlaubnis, so gehe ich heimlich, ich bin mir selbst schuldig, einem unerträglichen Zustande ein Ende zu machen. Meine geistigen Kräfte sind gänzlich zerrüttet. Arbeiten ist mir unmöglich, ein dumpfes Brüten hat sich meiner bemeistert, in dem mir kaum ein Gedanke noch hell wird. Alles verzehrt sich in mir selbst; hätte ich einen Weg für mein Inneres, aber ich habe keinen Schrei für den Schmerz, kein Jauchzen für die Freude, keine Harmonie für die Seligkeit. Dies Stummsein ist meine Verdammnis. Ich habe dir’s schon tausendmal gesagt: Lies meine Briefe nicht, – kalte, träge Worte! Könnte ich nur über dich einen vollen Ton ausgiessen; – so schleppe ich dich in meine wüsten Irrgänge. Du sitzest jetzt im dunkeln Zimmer in deinen Tränen allein, bald trete ich zu dir. Seit vierzehn Tagen steht dein Bild beständig vor mir, ich sehe dich in jedem Traum. Dein Schatten schwebt immer vor mir, wie das Lichtzittern, wenn man in die Sonne gesehen. Ich lechze nach einer seligen Empfindung, die wird mir bald, bald, bei dir.”

Aus: Georg Büchner. Werke und Briefe. dtv 1980.


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